Schloss Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger

Der Nordwesten Böhmens bietet verschiedene Ausflugsziele. Die Region ist unter anderem durch die Porzellanproduktion bekannt geworden. Die zweitälteste Porzellanmanufaktur Böhmens wurde in Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger gegründet. In das dortige Schloss, in dem eine einzigartige Porzellansammlung zu sehen ist, laden Sie Martina Schneibergova und Gerald Schubert im folgenden "Reiseland Tschechien" ein.

Die Stadt Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger entstand am linken Ufer der Eger am Fuße des Erzgebirges und nahe dem Duppauer Gebirge. Der Name der Stadt geht auf eine alttschechische Verkleinerungsform der Bezeichnung für ein Kloster zurück. Im 12. Jahrhundert haben am Ort der heutigen Stadt die Benediktiner aus Postoloprty / Postelberg ein kleines Kloster gegründet - lateinisch claustrellum, deutsch hieß es damals Klosterlin. Der tschechische Name Klasterec taucht 1407 zum ersten Mal auf. Die Mönche erbauten dort eine kleine Pfarrkirche, an deren Stelle später ein Spital für Arme errichtet wurde.

Mitte des 13. Jahrhunderts ging das Gut an die Adeligenfamilie von Schönburg, die auch die unweit gelegenen Burgen Egerberg und Pürstein / Perstejn verwaltete. Die weiteren Besitzer waren die Adeligengeschlechter von Ilburg und danach die Fictums. Die aus Sachsen stammenden Fictums hatten zuerst auf der Neu Schönburg ihren Sitz, erzählt der Direktor des Schlosses Klasterec nad Ohri, Vaclav Zajic:

Foto: Autorin
"Nach 1514 ließen sie hier auf einem über dem Fluss herausragenden Felsen ein Herrenhaus bauen. Dieses wurde allmählich in ein Gebäude mit vier Flügeln erweitert. Die Chronisten schrieben damals, Klasterec sei das schönste Schloss im damaligen Saazer Bezirk gewesen. Der typische Renaissancebau wurde in den folgenden Jahrhunderten mehrmals umgebaut, zuletzt 1860 im Stil der englischen Neogotik. Trotz den zahlreichen äußeren architektonischen Änderungen behielt das Schloss im Inneren das Aussehen eines Renaissancegebäudes. Der Umbau war nie so tief greifend, dass er den Charakter des Schlosses geändert hätte."

Der letzte Besitzer war die Adeligenfamilie Thun, die das Schloss nach der Schlacht auf dem Weißen Berg kaufte, nachdem es als Eigentum einer protestantischen Familie konfisziert worden war. Den Thuns, die sich 1794 um die Gründung der berühmten Porzellanmanufaktur verdient machten, gehörte Klasterec bis 1945. Aufgrund der Benes-Dekrete wurde das Eigentum der Familie Thun-Hohenstein nach dem Zweiten Weltkrieg vom Staat beschlagnahmt. In den ersten Nachkriegsjahren hatten der Nationalausschuss und die Polizei im Schloss ihren Sitz. Die geräumigen Renaissancesäle wurden damals sogar als Turnsaal benutzt. Seit 1953 wird das böhmische Porzellan aus den Sammlungen des Prager Kunstgewerbemuseums im Schloss aufbewahrt.

Schloss in Klasterec nad Ohri  (Foto: Autorin)
Seit 1993 gehört das Schloss mit dem ganzen Areal der Stadt Klasterec nad Ohri. Die prunkvolle Porzellansammlung wird in den Schlossräumlichkeiten bis heute gezeigt, sagt Direktor Zajic:

"In der ersten Etage des Schlosses kann man in 21 Sälen das böhmische Porzellan besichtigen. Es wird hier die böhmische Porzellanproduktion von Anfang an bis in die Gegenwart dargestellt. Angefangen hat man mit der Porzellanherstellung in Böhmen am Ende des 18. Jahrhunderts. Wir haben hier Beispiele aus der Produktion verschiedener Hersteller und aus verschiedenen Zeitepochen, die durch einen bestimmten Stil charakterisiert sind. Darin ist unsere Ausstellung einzigartig, etwas Ähnliches kann man nirgendwo anders in Tschechien sehen."

Foto: Autorin
Die Porzellanausstellung wurde vom Prager Kunstgewerbemuseum Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts installiert. An der Entstehung der Sammlung beteiligten sich bedeutend namhafte tschechische Kunsthistoriker - wie beispielsweise Dr. Emanuel Poche, der langjährige Leiter des Kunstgewerbemuseums. Die Exponate werden in einem der Zeit ihrer Entstehung entsprechenden Milieu gezeigt. Die ersten Räumlichkeiten sind im Stil des Klassizismus und im Empire eingerichtet. Es folgen Biedermeierzimmer, Zimmer im Stil des zweiten Rokoko sowie Zimmer, die beispielsweise im Neorenaissancestil gestaltet wurden. Nach dem Jugendstil folgen der Kubismus und weitere Stilrichtungen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten. Die Ausstellung in der ersten Etage endet mit Porzellanprodukten aus der Gegenwart.

Neben der Ausstellung, in der die Entwicklung der böhmischen Porzellanherstellung dargestellt wird, kann man im Erdgeschoss des Schlosses Porzellan aus dem Orient bewundern. Der Schlossdirektor dazu:

"Im großen Saal ist chinesisches Porzellan zu sehen. In zwei weiteren Sälen sind Porzellansachen aus Japan ausgestellt. Außerdem werden hier die Anfänge der Porzellanproduktion in Europa beschrieben: Es gibt hier Porzellan aus Meißen, aus Wien sowie aus weiteren Städten. Wir haben hier nicht das älteste chinesische oder japanische Porzellan, meistens sind es Erzeugnisse aus dem 17.- 19. Jahrhundert, als das Porzellan von den ostindischen Gesellschaften nach Europa importiert wurde. Auch diese Exponate sind in einem entsprechenden Milieu ausgestellt. In den Renaissanceräumlichkeiten im Erdgeschoss sind Originalstukkaturen aus dem 17. Jahrhundert erhalten geblieben. Dieser Schlossteil wurde um das Jahr 1600 erbaut, aus dieser Zeit stammen auch die Stuckverzierungen, die von höchster Qualität sind."

Da der Träger des Schlosses die Stadt Klasterec nad Ohri ist, bemühen sich die Mitarbeiter, nicht nur Führungen für die Touristen, sondern auch verschiedene Kulturveranstaltungen im Schlossareal zu organisieren. Vaclav Zajic erzählt:

"Wir bereiten zahlreiche Ausstellungen vor. Es handelt sich um Ausstellungen aus dem Schaffen der Künstler, die in unserer Region leben. Diese kleineren Ausstellungen finden in der Galerie Thun statt. Im großen Renaissancesaal organisieren wir größere Ausstellungen, die eher einen bildenden Charakter haben: Bereits zum zwölften Mal wird es dieses Jahr eine Ausstellung über die Edelsteine des Erzgebirges geben. Außerdem werden hier beispielsweise Präsentationen aus dem Schaffen namhafter Porzellandesigner veranstaltet. In der Porzellanfabrik in Klasterec arbeiteten vor allem in den sechziger Jahren einige namhafte tschechische Porzellandesigner. Wir bemühen uns das Schaffen dieser Persönlichkeiten hier zu zeigen."

Unsere Führung durch Klasterec nad Ohri werden wir in der nächsten Ausgabe dieser Sendereihe fortsetzen.

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