Geschichte der böhmischen Porzellanproduktion im Schloss Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger (II. Teil)
Zu den berühmten Ausflugszielen im Nordwesten Böhmens gehört die Stadt Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger, die vor allem durch die zweitälteste Porzellanmanufaktur Böhmens berühmt geworden ist. In der vergangenen Ausgabe der Sendereihe "Reiseland Tschechien" haben wir Sie, liebe Hörerinnen und Hörer in die ständige Ausstellung über die Geschichte der Porzellanproduktion geführt, die im Schloss Klasterec nad Ohri zu sehen ist. Martina Schneibergova lädt Sie im folgenden "Reiseland Tschechien" noch einmal in dieses Schloss ein.
Die Exponate der Ausstellung, die im Schloss Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger die Entwicklung der Porzellanproduktion in Böhmen dokumentiert, stammen aus den Sammlungen des Prager Kunstgewerbemuseums. Mit der Mitarbeiterin der Schlossverwaltung, Irena Havrankova, haben wir vor zwei Wochen den ersten Teil der Porzellanausstellung besichtigt. Sie wird uns auch durch die weiteren der insgesamt 21 Säle führen. Nur wenige Bewohner Prags wissen heute noch, dass Porzellan einst auch in der tschechischen Hauptstadt hergestellt wurde, wie Irena Havrankova während der Besichtigung der Ausstellung bestätigt:
"Die Porzellanmanufaktur in Prag wurde 1793 als Porzellanfabrik für Steingut gegründet, und im Jahr 1837 wurde hier schon das Porzellan produziert. Für diese Manufaktur hat Arnost Popp viele Figuren entworfen.
In dem weiteren Schlossraum befinden sich Erzeugnisse aus kleineren Porzellanmanufakturen, die vor allem praktische Sachen hergestellt haben: Z. B. die Dame im Rosakleid ist eine Zuckerdose. Auf dem Tisch liegt eine sehr praktische Schüssel, die für Obst bestimmt war. Sie besteht aus vier Teilen, wobei die beiden großen Teile für das Obst und die beiden kleineren Teile für den Abfall benutzt wurden.Produkte aus der Manufaktur in Klasterec findet man im nächsten Raum. Bei uns wurden vor allem Speiseservice hergestellt. Zu sehen sind hier Speiseservice aus dm 19. Jahrhundert: Ein Kaiserservice, ein Jägerservice und ein Service für die englische Königin. Das schönste Service sieht man auf dem Tisch. Es war ein Geschenk von Josef Oswald Thun für seinen Vater Josef Matthias Thun zum 60. Geburtstag, es ist ein Service für 60 Personen, aber im Schloss ist nur ein Teil davon ausgestellt. Das Service wurde mit insgesamt 2,5 Kilogramm Gold geschmückt.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts handelt es sich in Böhmen schon um eine industrielle Porzellanproduktion, bei der Maschinen eingesetzt werden. Interessant sind hier in der Schau die so genannten ´Litofanien´, die von einer Seite plastisch, und von der anderen Seit glatt sind. Sie müssen dünn sein, um durchsichtig zu bleiben. Es wurde wie eine Art Fernsehen benutzt. Die Leute stellten sie vor den Kamin, und das Bild sah aus, als ob sich die Gestalten bewegen würden.
Für den Jugendstil sind Blumen- und Obstmotive typisch. Dies kann man am ausgestellten Porzellan sowie an den Möbeln gut sehen. Das beste Porzellan, das wir hier haben, liegt hier auf dem Tisch, es stammt aus Rybare / Fischern bei Karlsbad und ist sehr dünn und durchsichtig und hat wenig Dekor. Ein typisches Erzeugnis aus der Zeit des Jugendstils ist auch das Mosaik, das man hier bewundern kann.
Im nächsten Raum sind drei neue Stile vertreten - der Kubismus, Neuempire und Art Decco. Aus der frühkubistischen Zeit stammen die einigen Möbelstücke sowie der Kerzenständer. Für das Neuempire sind die Tiermotive typisch.
Für die zwanziger Jahre sind immer noch die Tiermotive typisch, die man sowohl am Porzellan, als auch an den Möbeln sehen kann. Interessant ist die Kanne, die aus drei Teilen besteht: Ganz unten war es für den Kaffee oder Tee, in der Mitte für die Milch, und ganz oben für Zucker bestimmt. Man hatte dadurch mehr Platz auf dem Tisch.
Das Porzellan aus den dreißiger und vierziger Jahren ist sehr einfach, es ist nur mit einigen Streifen verziert und hat nur eine oder zwei Farben. Das ausgestellte Service wurde für die Ausstellung in Strassburg hergestellt, es ist ein Werk von Ladislav Suttnar.
In den fünfziger Jahren hat bei uns Jaroslav Jezek gearbeitet, er schuf diese Drei tanzenden Pferde für die EXPO in Brüssel 1958. Er hat die Goldmedaille gewonnen.
Das Porzellan aus den sechziger und siebziger Jahren ist schon sehr modern, es stammt von verschiedenen Künstlern und Kunstschulen aus der Umgebung. Man kann hier auch das Porzellan aus den achtziger Jahren besichtigen."