Trotz einiger weiterer Schneefälle - der Frühling naht, und mit ihm rücken in Tschechien auch die Wahlen zum Abgeordnetenhaus immer mehr in den Blickpunkt. Denn diese finden schon am Ende des Frühjahrs, am 2. und 3. Juni statt. Da bleibt es nicht aus, dass die ständigen Umfragen zur Wählergunst an Bedeutung zunehmen und mithin ein nachhaltiges Echo auslösen. So wie eine der jüngsten Umfragen, die Premierminister Jiri Paroubek mächtig verstimmte. Lothar Martin mit den Einzelheiten.
Nach einer Umfrage, die von der Agentur SC&C durchgeführt und am Montag veröffentlicht wurde, liegt die Demokratische Bürgerpartei (ODS) weiter in der Wählergunst vorn, und zwar mit 26,3 Prozent der Stimmen aller Befragten. Die Sozialdemokraten (CSSD) liegen mit 23,8 Prozent auf dem zweiten Platz, gefolgt von den Kommunisten (KSCM) mit 14,6 Prozent, den Christdemokraten (KDU-CSL) mit 6,8 Prozent und den Grünen (Zeleni) mit 5,8 Prozent. Von der Reihenfolge her eigentlich nichts Neues, könnte man meinen, doch zwei entscheidende Merkmale stechen ins Auge: Anstatt der Freiheitsunion-Demokratische Union (US-DEU), die derzeit die kleinste Regierungspartei stellt, stehen jetzt die Grünen bei über fünf Prozent; und zum zweiten: Der Abstand zwischen ODS und CSSD ist größer geworden! Und gerade dieser Fakt ist es, der Premier Paroubek auf den Magen geschlagen hat, sah es doch noch zu Jahresbeginn so aus, als könnten die Sozialdemokraten den Vorsprung der Bürgerdemokraten Schritt für Schritt verkleinern, um kurz vor den Wahlen an ihnen vorbeizuziehen.
Premierminister Jiri Paroubek
In einem Interview für die Tageszeitung "Pravo" nannte Paroubek nun insbesondere drei Gründe, die für den Verlust des Wählerzuspruchs verantwortlich seien: die unpopulären Maßnahmen im Gesundheitswesen, die noch farblos und ohne Thema vor sich hin plätschernde sozialdemokratische Wahlkampagne und die Passivität der regionalen Parteispitzen. Paroubek kritisierte in diesem Zusammenhang vor allem Gesundheitsminister David Rath und Wahlkampfleiter Jaroslav Tvrdik, räumte aber auch eigene Versäumnisse ein. Zum Beispiel jenes, die Situation um den ehemaligen stellvertretenden Justizminister Jiri Vyvadil nicht schnell genug und ausreichend erklärt zu haben. Diesbezüglich warf Paroubek einigen Medien vor, das Bild einer schlechten Atmosphäre zu beschreiben, in der die Sozialdemokraten "von einer Affäre in die nächste" stolpern würden. Aber auch die aufstrebenden Grünen wurden von Paroubeks Rundumschlag nicht verschont. Eine Aussage des neuen Grünen-Chefs, Ex-Umweltminister Martin Bursik, der die Unterstützung einer möglichen CSSD-Minderheitsregierung ablehnte, veranlasste den Ministerpräsidenten zu der Behauptung, dass jede Wählerstimme für die Grünen auch eine Stimme für die ODS sei. Der sozialdemokratische Arbeits- und Sozialminister Zdenek Skromach sieht den Aufwärtstrend der Grünen hingegen viel undramatischer:
"Man kann nur schwerlich etwas von dieser Partei erwarten, in der auf den Spitzenplätzen Leute stehen, die sowohl zu den Ultrarechten als auch den Ultralinken gehören. Also die Frage bleibt: Wie wird sich diese Partei nach den Wahlen verhalten?"
Wie sich aber Premierminister Jiri Paroubek und seine Sozialdemokraten noch vor den Wahlen verhalten werden, das bleibt die spannende Frage im sicher immer härter werdenden Wahlkampf.