Einzigartige Sammlung der gotischen Kunst in Prag
Nach einem Erfolg in New York öffnete die Ausstellung "Karel IV. - Kaiser von Gottes Gnaden" auch in Prag ihre Pforten für Kunstliebhaber. Gotische Platten, Handschriften, Holz- und Steinskulpturen sowie Juwelier- und Textilwaren, rund 200 gotische Kunstschätze sind auf der Prager Burg zu sehen. Bara Prochazkova verrät mehr.
"Es sind wirklich Momente, in denen sich Prag geöffnet hat und zum internationalen Zentrum wurde. Die schöpferische Atmosphäre in Prag hatte zu der Zeit einen internationalen Charakter."
In der Ausstellung sollen die Luxemburger und ihr Verhältnis zur Kunst dargestellt werden, denn sie haben sich bewusst durch Kunst und Kultur dargestellt und damit ihre Macht gefestigt, erklärt Kurator Jiri Fajt:
"Wir wollten uns nicht nur auf einen Herrscher konzentrieren, genauso wie wir uns nicht auf eine zeitliche Etappe konzentrieren wollten. Wir wollten tatsächlich eine Geschichte vorstellen. Eine Geschichte ermöglicht uns, die unterschiedlichen Zugänge zur bildenden Kunst zu erkennen. Alle drei Generationen der Luxemburger haben eins gemeinsam, und zwar die Liebe zur Kunst und einen Anspruch, sich mit der bildenden Kunst zu präsentieren. Des Weiteren haben die Luxemburger die bildende Kunst in den Diensten der Politik inszeniert."
Die Ausstellung auf der Prager Burg soll Werke vorstellen, die vor allem im gotischen Böhmen in der Zeit der Herrschaft der letzten drei Generationen der Luxemburger entstanden sind. Gleichzeitig sollen damit auch die Vorurteile überwunden werden, die mit diesen Herrschern verbunden sind. Johann von Luxemburg wurde immer als ein ausländischer Herrscher präsentiert. Dieses Bild stamme nach den Worten des Historikers Jiri Fajt aus den Chronikbüchern, die von Petr Zitavsky im 14. Jahrhundert verfasst wurden. Wenige wissen jedoch, dass Petr Zitavsky ein Freund von Eliska Premyslovna war, die die Ehefrau von Johann von Luxemburg war. Die Ehepartner hatten jedoch mehr Streitigkeiten als Gemeinsamkeiten. Karl IV. werde in den tschechischen Augen meist glorifiziert, er war jedoch ein pragmatischer Herrscher, der öfters andere Leute für das Erreichen seiner Ziele genutzt hat, meint Jiri Fajt:
"Dazu zählt eine gewisse machiavellische Art. Denn Karl IV. ist mit denjenigen Leuten, die um ihn herum waren, sehr zielstrebig umgegangen. Er hat diese Leute dazu benutzt, um seine Ziele zu erreichen. Es haben dort zweifellos die bekannten Prinzipien funktioniert: Falls in ihrer Nähe jemand ist, der beginnt besser als sie zu sein, dann schicken sie ihn so weit wie möglich weg. Und gleichzeitig wecken sie bei ihm den Eindruck, dass sie ihm eine bessere Position angeboten haben. Diese Art hat Karl IV. sehr gut beherrscht. Er hat auf dem Gebiet des ganzen Heiligen Römischen Reiches ein Netz von persönlichen Verknüpfungen geschaffen. Er hat Leute auf unterschiedliche Bistümer und Erzbistümer von Schwerin und Baltikum bis nach Aquillei sowie von Brandenburg bis zum Rhein delegiert. Mit Hilfe von diesem Netz seiner Anhänger hat er das Reich gut unter Kontrolle haben können."
Wenzel IV., ein Sohn von Karl IV., steht vor allem in der deutschen Geschichte für einen faulen Verschwender. Zu unrecht aber werde Wenzel IV. als erfolgloser Herrscher bezeichnet, denn er habe das Reich von seinem Vater in einem unerfreulichen Zustand geerbt, erklärt Jiri Fajt:
"Nach dem Tod Karls IV. wurden zwei Päpste aufgestellt, es beginnt also eine Zeit des Papstschismas. In den böhmischen Ländern und vor allem an der Karlsuniversität gipfeln gerade die Reformationsstreitgespräche. Auch ein begabter Herrscher hätte mit dieser Situation Probleme. Die Frage bleibt, ob Karl IV. eine solche Situation hätte lösen können. Sein Sohn Wenzel hatte ein intimeres Naturell, er war kein Diplomat und Politiker."
Und schließlich der zweite Sohn von Karl IV., Sigismund von Luxemburg. In den tschechischen Schulbüchern und in den Filmen aus den 50er Jahren wird er als ein Fuchs dargestellt, als eine Verkörperung des Bösen. Der Historiker Jiri Fajt bezeichnet jedoch Sigismund als einen schlauen und zielstrebigen Herrscher, der das Papstschisma gelöst hat. Er starb jedoch im Jahre 1437 und mit seinem Tod endet auch die Ära der Luxemburger, gleichzeitig ergriffen die Habsburger den Thron. Alle genannten Herrscher hatten eins gemeinsam - die Liebe zur Kunst und den Anspruch, sich mit Kunst zu präsentieren.
Mit der Ausstellung der gotischen Kunst wurde ein einzigartiges Projekt gestartet, an der Zusammenstellung waren die tschechische Präsidentenkanzlei, die Prager Verwaltung, das Kulturministerium, die katholische Kirche, sowie viele kulturelle Institution der tschechischen Hauptstadt, aber vor allem ausländische Kulturinstitutionen beteiligt, sagt die Kommissarin der Ausstellung, Duna Panenkova:
"Es handelt sich um Prestige-Institutionen in den Vereinigten Staaten, vor allem das Metropolitan-Museum in New York, das Kunstmuseum in Boston, aber auch um Museen in Washington und Baltimore. Fast jede bedeutende Galerie in Europa arbeitet mit uns zusammen, zum Beispiel der Louvre, das Kunsthistorische Museum in Wien, eine Reihe von Klöstern und Bibliotheken. Insgesamt beteiligen sich an dieser Ausstellung 97 Institutionen aus elf Staaten der Welt."
Zu der Ausstellung gibt es eine Reihe von Begleitveranstaltungen über Karl IV., zum Beispiel über Symbole der mittelalterlichen Kunst. Es stehen auch viele Konzerte der gotischen Musik auf dem Programm. Im Mai geht in Prag ein Wissenschaftssymposium über die Bühne, bei dem Mittelalter-Experten zusammenkommen werden. Katerina Hornickova aus der Kulturabteilung der Prager Burg fasst zusammen:
"Wir eröffnen in diesem Moment die Kulturveranstaltung der Saison. Die Ausstellung über die bedeutendste Epoche unserer Geschichte gehört gerade auf die Prager Burg, denn das ist der Ort, wo die politische und kulturelle Tätigkeit von Karl IV. die markantesten Spuren hinterlassen hat."
Einer der wertvollsten Exemplare ist der so genannte "Böhmische Protest", den das Universitätsarchiv in Edinburgh bisher noch nie für Ausstellungen ausgeliehen hat, betont Kunsthistorikerin Duna Panenkova:
"Es handelt sich um eine wirklich einzigartige Urkunde, mit der mehrere Dutzend böhmische Adlige gegen die Verurteilung des Kirchenreformators Meister Johannes Hus protestiert haben."
Bis zum 21. Mai ist nicht nur diese Schrift in der Gemäldegalerie aus der Prager Burg zu sehen.