Tschechische Polit-Mode: Anonyme Ironie von Plakatwänden

Premierminister Jiri Paroubek

Dass in Tschechien das Wahljahr und damit auch der Wahlkampf begonnen hat, das ist anhand der politischen Debatten, die langsam immer nervöser werden, bereits spürbar. In der Auseinandersetzung spielen auch Plakate eine Rolle. An sich nichts Ungewöhnliches, könnte man meinen. Nur: Die Aussage mancher Billboards ist rein ironischen Charakters, die Auftraggeber sind oft unbekannt.

Premierminister Jiri Paroubek | Foto: Zdeněk Vališ,  Radio Prague International
"DJ Paroubek spielt falsch" war im Sommer auf Plakaten entlang der tschechischen Autobahn D1 zu lesen. Eine Anspielung auf den sozialdemokratischen Premierminister Jiri Paroubek, der eine illegale Technoparty auf einer westböhmischen Wiese von der Polizei auflösen ließ. Hinter den anonymen Billboards stand damals vermutlich die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei (ODS). Anonyme Ironie gibt es nun auch für die ODS selbst: Derzeit kann man auf riesigen Plakatflächen lesen, dass sie die klügsten und charaktervollsten Politiker hat. Und auch der Chef der Christdemokraten wurde nicht verschont: Er ist, so will es der Text neben seinem Konterfei, der ehrlichste Politiker im Lande.

Über die Urheber der jüngsten Plakataktionen ist derzeit nichts bekannt, sagt Politikwissenschaftler Lukas Vales:

"Entweder handelt es sich um eine gezielte Kampagne einer Partei, um den politischen Gegner zu diskreditieren. Dafür würde die beachtliche Verbreitung dieser Plakate sprechen. Denn es ist sicher keine billige Angelegenheit, die grafisch recht anspruchsvoll gestalteten Billboards überall im Land aufhängen zu lassen. Die andere Möglichkeit ist, dass es hier eine Gruppe von Privatpersonen gibt, die sich diese Aktion leisten können und auf diese Art als Bürger dieses Landes ihre Meinung sagen wollen."

Die betroffenen Politiker zeigen sich einstweilen gelassen. Und selbst wenn man wüsste, wer hinter den Billboards steht - rechtliche Schritte einzuleiten wäre wohl ohnehin nicht der richtige Weg, meint Daniel Köppl, Chefredakteur der Fachzeitschrift "Marketing & Media":

"Wer hier Anklage erhebt, der erzielt damit eigentlich nur einen einzigen Effekt: Nämlich den, dass man über diese Kampagne noch einmal spricht. Das heißt, dass man damit auch Leute mit der Kampagne vertraut macht, die sie vorher gar nicht bemerkt haben. Außerdem ist eine solche Situation ganz allgemein nicht gerade leicht. Denn wer sich gegen einen Witz oder gegen Ironie wehrt, der muss in der Regel mit noch mehr Widerstand rechnen und setzt sich noch größerem Gelächter aus. Deshalb glaube ich, dass jeder Widerstand gegen solche Formen der Kommunikation überflüssig und vor allem zwecklos ist."

Und noch ein Grund würde dafür sprechen, die anonymen Plakate nicht allzu lautstark zu verurteilen, meint Köppl: Nämlich den, dass die feine Ironie bei vielen Menschen wohl ohnehin nicht ankommt. Also kann es letztlich für eine Partei auch ganz vorteilhaft sein, angeblich die "klügsten und charaktervollsten" oder die "ehrlichsten" Politiker zu haben.