Stadt der Billboards: Reklametafeln in Prag verstoßen oft gegen Vorschriften

Reklametafeln

Etwa 1300 große Reklametafeln, sogenannte Billboards, im Prager Stadtgebiet haben keine Genehmigung oder stehen im Denkmalschutzgebiet. Dies hat eine Studie des Magistrats ergeben.

Wer mit dem Auto nach Prag hineinfährt, weiß manchmal gar nicht, wo er zuerst hin- oder auch wegschauen soll. Die Stadtautobahn wird von riesigen Werbetafeln gesäumt. Allein auf dem knapp zehn Kilometer langen Abschnitt zwischen Spořilov und Těšnov lassen sich 53 Billboards zählen. Kristýna Drápalová steht unter einem solchen Objekt:

„Billboards sollten zu allererst nicht im Park stehen, was bei diesem aber der Fall ist. Und außerdem befindet es sich im Denkmalschutzgebiet.“

Kristýna Drápalová | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Drápalová sitzt für Praha Sobě in der Stadtverordnetenversammlung. Sie ist eine der Autorinnen einer neuen Studie zu Reklametafeln entlang der Hauptstraßen und Autobahnen in Prag. Darin wird festgestellt, dass 1270 der mehr als 1500 Objekte – also knapp 85 Prozent – gegen die Bauvorschriften verstoßen.

„Worum es dabei am häufigsten geht, ist die Vorgabe, dass die einzelnen Billboards mindestens 100 Meter voneinander entfernt sein müssen. Wenn man aber eine Ausfallstraße entlangfährt, ist deutlich zu sehen, dass dies nicht eingehalten wird.“

Der Großteil aller Tafeln habe zudem keine gültige Baugenehmigung, ergänzt Drápalová. Die Eigentümer ließen die Billboards aber so lange stehen, bis das zuständige Bauamt eingreife, bemängelt sie. Die Ämter könnten Kontrollen aber nur nach einem Hinweis aus der Bevölkerung durchführen, sagt Martin Šalek, Sprecher des achten Stadtbezirks:

„Das Bauamt von Prag 8 hat zu illegalen Billboards den gleichen Standpunkt wie zu anderen nicht genehmigten Bauten. Das heißt, dass im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten und der geltenden Gesetze die nötigen Rechtsschritte unternommen werden.“

Tomáš Neřold | Foto: Jana Myslivečková,  Tschechischer Rundfunk

Die unerwünschte Wirkung der Reklametafeln am Straßenrand beschreibt Tomáš Neřold, Leiter des Koordinierungszentrums für Straßensicherheit (BESIP) beim tschechischen Verkehrsministerium:

„Untersuchungen zufolge wird die Werbung im Schnitt etwa eine dreiviertel Sekunde lang wahrgenommen und die Aufmerksamkeit des Autofahrers abgelenkt. Dadurch kann es schon zum Zusammenstoß und auch zu Verletzungen bei den Autoinsassen kommen.“

Die Vereinigung der Betreibenden von Außenwerbung (SPVR) will den Erkenntnissen der Magistratsstudie nicht zustimmen. Ihr Vorsitzender Marek Pavlas hat dem Tschechischen Rundfunk eine schriftliche Stellungnahme zukommen lassen. Darin heißt es, dass die Analyse auf fehlerhaften Daten beruhe und die Schlussfolgerungen für die aktuelle Lage irrelevant seien. Den Autoren habe die Vereinigung darum ihre Anmerkungen mitgeteilt, und man sei bereit für weitere Unterredungen, so Pavlas weiter.

Im Prager Magistrat ist vergangene Woche eine neue Koalition gebildet worden, zu der Praha Sobě nun nicht mehr gehört. Wie die neue Stadtregierung mit dem Problem der Billboards umgehen wird, bleibt abzuwarten. Die Studie liegt Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda (Bürgerdemokraten) und seinen Stadträten aber vor.

Autoren: Daniela Honigmann , Tomáš Maleček
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