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Abschaffung des Lustrationsgesetzes entzweit die Koalition
Die Kommunistische Partei (KSCM) hat am Mittwoch vorgeschlagen, das so genannte Lustrationsgesetz aufzuheben, das Funktionsträger des kommunistischen Regimes von Tätigkeiten in der Staatsverwaltung ausschließen soll. Premierminister Jiri Paroubek (CSSD) sprach sich für den Vorschlag aus. Das Gesetz habe seine Aufgabe erfüllt und in den ersten Jahren der Demokratisierung die Staatsverwaltung vor dem Einfluss ehemaliger Geheimdienst-Mitarbeiter geschützt, sagte Paroubek. Heute sei es aber bereits überflüssig.
Die Koalitionspartner zeigten sich empört über Paroubeks Äußerungen. Die Sozialdemokraten müssten sich entscheiden, ob sie mit den Christdemokraten oder mit kommunistischen Geheimdienstlern zusammen arbeiten wollten, sagte der Parteichef der KDU-CSL, Miroslav Kalousek. Der Vorsitzende des kleinsten Koalitionspartners, der Freiheitsunion (US-DEU), Justizminister Pavel Nemec, nannte die Äußerungen einige Tage nach dem Jahrestag der Samtenen Revolution eine Verhöhnung für das Streben nach einem demokratischen Staat.
Das Lustrationsgesetz gilt seit dem Jahre 1991, die Geltungsdauer war zunächst beschränkt, wurde im Jahr 2000 aber auf unbefristete Zeit verlängert. Die Kommunisten hatten sich zuletzt im Sommer 2003 um die Aufhebung des Gesetzes bemüht.
Haushaltsberatungen und weitere Entscheidungen des Abgeordnetenhauses
Im Abgeordnetenhaus stand am Mittwoch die zweite Lesung des Haushaltsentwurfes für das kommende Jahr an. Nach mehr als vierstündiger Sitzung wurden mehrere hundert Änderungsanträge eingereicht. Die Abgeordneten konnten dabei aber nur noch die Verschiebung einzelner Positionen untereinander beantragen. Der Rahmenentwurf steht bereits fest und veranschlagt bei einem Ausgabenvolumen von 958,8 Milliarden Kronen (knapp 32 Mrd. Euro) ein Defizit von 74,4 Mrd. Kronen (2,5 Mrd. Euro). Die abschließende Abstimmung über das Staatsbudget ist für den 2. Dezember vorgesehen.
In ihrer Sitzung haben die Abgeordneten am Mittwoch außerdem den Weg zur Einsetzung einer Sonderkommission frei gemacht, die das Finanzgebaren der größten tschechischen Krankenversicherung VZP untersuchen soll. Daneben wurde die Einführung von Reisepässen mit biometrischen Daten gebilligt. Bis 2008 sollen in den Pässen sowohl eine digitale Fotografie als auch ein digitaler Fingerabdruck enthalten sein.
EU-Parlamentarier Cabrnoch droht mit Klage gegen Gesundheitsminister Rath
Der tschechische ODS-Europaabgeordnete Milan Cabrnoch droht mit einer Klage gegen Gesundheitsminister David Rath, wenn dieser nicht bis Montag öffentlich seine Äußerungen über angebliche Verbindungen zwischen der ODS und der Allgemeinen Krankenversicherung VZP zurücknimmt. Rath bezog sich dabei auf das Millionenprojekt des Internet-Gesundheitspasses, das von der VZP ohne Ausschreibung vergeben worden war. An der Entstehung des Systems war auch Cabrnoch beteiligt. Wegen weiterer umstrittener Äußerungen haben auch andere ODS-Politiker und unabhängige Experten bereits mit gerichtlichen Klagen gegen Rath gedroht.
Privatfernsehen: Millionenstrafen wegen Reality-Shows
Der tschechische Rundfunk- und Fernsehrat hat am Mittwoch gegen die Privatfernsehsender Nova und Prima Bußgelder in Höhe von insgesamt 13 bzw. 13,5 Millionen Kronen verhängt, das sind jeweils etwa 430.000 Euro. Mit den Strafen soll die Ausstrahlung von jugendgefährdenden Inhalten im Rahmen der Reality-Shows der beiden Sender während des Tagesprogrammes geahndet werden. Insgesamt waren gegen beide Sender 14 Verfahren anhängig. Prima-Sprecherin Jana Malikova sagte, dass der Sender für eine genauere Stellungnahme auf die schriftliche Zustellung der Entscheidung warten wolle, stellte jedoch bereits einen gerichtlichen Einspruch in Aussicht.
Rentengipfel bringt keine Einigung
Bei Gesprächen über die geplante Rentenreform zwischen Premierminister Jiri Paroubek und den Vorsitzenden der im Parlament vertretenen Parteien konnte am Mittwoch keine Einigung in der strittigen Frage erzielt werden, ab wann das erhöhte Rentenalter von 65 Jahren gelten soll. Während die Koalitionsparteien und die ODS die Altersgrenze ab dem Jahr 2031 heraufsetzen wollen, bestehen die Kommunisten auf einer um fünf Jahre längeren Übergangsfrist. Bereits bei der letzten Rentenrunde im Oktober waren die Gespräche an dem gleichen Punkt gescheitert.
Gewerkschaften planen für Samstag Großkundgebung in Prag
Bis zu 25.000 Gewerkschafter werden am Samstag in Prag zu einer Demonstration für das neue Arbeitsgesetzbuch erwartet. Mit der Kundgebung wollen die Gewerkschaften Änderungen an dem Kodex verhindern, der vor einigen Wochen in der ersten Lesung vom Abgeordnetenhaus gebilligt worden war. Der Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes CMKOS Milan Stech kündigte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz an, dass neben hunderten von Autobussen auch ein Sonderzug die Demonstrationsteilnehmer in die Hauptstadt bringen soll. Die Gewerkschaften wenden sich mit der Kundgebung gegen Pläne, in dem Arbeitsgesetz unter anderem die Möglichkeit zu unbegründeten Kündigungen und dem wiederholten Abschluss von befristeten Verträgen festzuschreiben.
Paroubek gratuliert Merkel: "Weiter am Projekt Europa arbeiten"
Nach der Wahl von Angela Merkel zu deutschen Bundeskanzlerin hat der tschechische Ministerpräsident Jiri Paroubek seine Glückwünsche an die neue Amtskollegin mit der Hoffnung verbunden, dass die künftige Bundesregierung weiter zur Entwicklung des europäischen Integrationsprozesses beitragen wird. Das "Projekt Europa" sei der entscheidende Rahmen für die Entwicklung in der sich globalisierenden Welt, so Paroubek. Darüber hinaus sei er sicher, dass die deutsch-tschechischen Beziehungen gut und zukunftsorientiert bleiben würden, unterstrich Paroubek.
Die studierte Physikerin Merkel wurde auch von ihrem ehemaligen Ausbildungsleiter an der Prager Akademie der Wissenschaften, Rudolf Zahradnik, gewürdigt. Merkel sei ein "Mensch mit Format", sagte Zahradnik gegenüber der Zeitung Lidove noviny und lobte ihre menschliche Integrität. Als damalige Gast-Physikerin aus der DDR hatte Angela Merkel in den 1980er Jahren mehrere Fach-Praktika in der Tschechoslowakei absolviert.
Drei neue Gedenktage in Tschechien
Die tschechischen Abgeordneten möchten den Kalender der Feier- und Gedenktage um drei Einträge erweitern. Als so genannte "bedeutende Tage" sollen der Tag der Bildung, der Gedenktag für Lidice und der Tag der Familie in den Kalender aufgenommen werden. Das sieht eine Gesetzesnovelle vor, die das Abgeordnetenhaus am Mittwoch verabschiedet hat. Der Tag der Bildung soll am 7. April an die Gründung der Karlsuniversität durch Karl IV. im Jahre 1348 erinnern. Dem Gedenken an die Vernichtung des Ortes Lidice durch die nationalsozialistischen Besatzungstruppen im Jahre 1942 ist der 10. Juni bestimmt; den Tag der Familie hatten die Vereinten Nationen bereits 1994 für den 15. Mai ausgerufen. Die so genannten "bedeutenden Tage" werden im Kalender ausgewiesen, sind aber nicht arbeitsfrei.
Polizei sprengt Autoersatzteil-Diebesbande
Die Polizei in Mlada Boleslav hat Untersuchungen gegen 15 Personen aufgenommen, denen vorgeworfen wird, in großem Umfang Skoda-Autoersatzteile gestohlen zu haben. Wie ein Polizeisprecher bekannt gab, seien in verschiedenen Lagern Autoteile im Wert von mehr als 50 Millionen Kronen gefunden worden, das sind knapp 1,7 Mio. Euro. Die Teile seien bei der Herstellung in den Zuliefererbetrieben aber auch direkt in den Skoda-Werken entwendet worden. Drei Verdächtige wurden in Haft genommen.
Fußball: Tschechien Weltranglisten-Zweiter
Das tschechische Fußball-Nationalteam hat sich nach der erfolgreichen WM- Qualifikation in der Weltrangliste des Weltverbandes FIFA auf den zweiten Platz vorgeschoben. WM-Gastgeber Deutschland verlor in dem am Mittwoch veröffentlichten Ranking dagegen einen Rang und liegt nur noch auf Platz 16. Unangefochtener Spitzenreiter ist weiterhin Brasilien.