Sparta Prag: Entlassung von Hrebik beendete Experiment, das keines war
Der tschechische Fußball steht in den kommenden Tagen vor ziemlich wichtigen Entscheidungen: Am 21. Oktober soll im dritten Anlauf endlich ein neuer Präsident an die Spitze des Böhmisch-Mährischen Fußballverbandes (CMFS) gewählt werden, in den verbleibenden WM-Qualifikationsspielen gegen die Niederlande und Finnland will das tschechische Auswahlteam seine Chancen auf die Teilnahme an der WM-Endrunde 2006 in Deutschland wahren. Doch all diese bevorstehenden Ereignisse wurden in den zurückliegenden Tagen überlagert durch die rasante Talfahrt des nationalen Rekordmeisters Sparta Prag, die auf den zu lange übertünchten Zerwürfnissen zwischen Trainer Jaroslav Hrebik und den Führungsspielern der Mannschaft beruhte. Nach der Entlassung des Trainers am Montag soll nun wieder Ruhe einkehren im Prager Renommierclub.
Am 16. Dezember vorigen Jahres sollte beim AC Sparta Prag eine neue Ära beginnen - mit der Inthronisierung eines Trainers, der perspektivisch denkt und arbeitet, und der ein langfristiges Konzept auch durchsetzen kann. In Jaroslav Hrebik, einem fundierten Kenner der Fußball-Theorie, glaubte ihn Spartas Clubchef Daniel Kretinsky gefunden zu haben. Zumal der gleiche Hrebik drei Jahre zuvor das Prager Team mit einer No-Name-Truppe bis ins Achtelfinale der Champions League geführt hatte. Diesmal aber standen im Sparta-Kader gestandene Auswahlakteure wie Rekord-Nationalspieler Karel Poborsky oder Torhüter Jaromir Blazek. Kicker, die sich dank ihrer Leistungen einen Namen, und darüber hinaus ihre eigene Philosophie von der Art des Fußballs, den sie spielen wollen, gemacht haben. An ihnen ist Hrebik nunmehr gescheitert. Oder besser gesagt: An seinem pädagogischen Unvermögen, auch die Stars von seinem Konzept überzeugen zu können. Deshalb konnte Clubboss Kretinsky, der lange Zeit seine schützende Hand über Hrebik gehalten hatte, nach einer nun schon Wochen andauernden Serie der Erfolglosigkeit nicht mehr anders, als die Trennung vom Trainer bekannt zu geben:
"Die ausbleibenden Ergebnisse haben dazu geführt, dass die sportlichen Ziele, die wir uns für diese Saison gesteckt haben, in Gefahr geraten sind. In einer gemeinsamen Analyse sind wir zu dem Schluss gekommen, dass der Abgang des Trainers ein im momentanen Interesse des Clubs liegender Schritt ist, der dazu führen könnte, dass unsere Ergebnisse besser werden."Das Experiment, beim führenden tschechischen Fußballclub einen Trainer zu installieren, unter dessen Federführung man sich dank konzeptioneller Arbeit allmählich der europäischen Spitze nähert, ist (vorerst) gescheitert. Bis Ende der Woche will Kretinsky jedoch einen neuen Mann präsentieren, mit dem er den zweiten Versuchsballon in diese Richtung starten wird. Doch auch das wird ein schwieriges Unterfangen werden. Denn wie die tschechische Tageszeitung "Sport" am Dienstag schrieb, ist es mehr als schwer, im Umfeld des hiesigen Fußballs, das von Absprachen, Intrigen und Korruptionsvorwürfen nur so überschwemmt ist, ein wahrhaft gedeihliches Pflänzchen namens "profihaft" am Leben zu erhalten. Im derzeit laufenden Prozess gegen drei Funktionäre des ehemaligen 1. FC Synot sowie sieben Referees, die der Korruption beschuldigt werden, wird es gerade wieder deutlich: Bisher hat kein Zeuge weder etwas gehört noch gesehen, was den Tatbestand der Bestechung erhärten würde. Und auch bei der bevorstehenden Wahl des neuen Verbandspräsidenten sprechen alle Anzeichen dafür, dass sich jene Funktionäre, die den nationalen Korruptionsskandal stillschweigend verwaltet haben, wieder gegenseitig ins Amt hieven werden. Fehlt nur noch, dass die derzeit von Verletzungen geplagte Nationalmannschaft ihr schon fest im Griff geglaubtes WM-Ticket im Schlussspurt der Qualifikation noch aus den Händen gibt. Dann hätte sich der tschechische Fußball für einige Zeit aus dem internationalen Fokus verabschiedet.