Jazzman mit Polka im Blut
Spätestens mit dem Welthit "Skoda lasky", im deutschen Sprachraum besser bekannt als Rosamunde, wurde die Familie Vejvoda aus Zbraslav in der Nähe von Prag zur berühmten Musikdynastie. Josef Vejvoda pflegt die musikalische Tradition der Familie weiter. Bara Prochazkova hat mit ihm gesprochen:
Überall auf der Welt kann man hören: "Das Lied gehört uns, es hat unser Landsmann komponiert." Gerade dieses Lied gehört zu denjenigen Musikwerken, die so populär geworden sind, dass sich jede Nation das Autorendasein sich selber zuschreibt. Die einzige Nation, die es aber mit Recht tut, ist die tschechische. Denn "Rosamunde" wurde im Jahr 1927 vom tschechischen Kapellmeister Jaromir Vejvoda komponiert. Die Melodie ist um die ganze Welt geflogen, nur wenige wussten, dass Jaromir Vejvoda kein studierter Musiker war. Wie ist dies zu erklären? Er hatte einfach Polka-Rhytmen im Blut, es scheint ein Familienschicksal zu sein. Das erklärt Josef Vejvoda, einer von den drei Söhnen vom berühmten Rosamunde-Komponisten:
"Das gibt es nicht so oft, dass in einer Familie fünf Generationen Musik machen. Die ersten beiden waren nur Kapellmeister, die dritte Generation war mein Vater. Der erste Titel, den er geschrieben hat, war Rosamunde. Die vierte Generation bin ich. Da aber mein Vater sein Orchester 1948 aufgelöst hat, konnte ich sein Orchester nicht übernehmen. Weiter ist es interessant, dass meine Tochter eine Dirigentin und eine Komponistin ist. Jetzt zurzeit dirigiert sie zwei Kinder, also hat nicht mehr so viel Zeit für Musik."
Einer der drei Söhne von Jaromir Vejvoda wurde Baumeister, einer Elektrikfachmann und der dritte Komponist, Dirigent und Schlagzeugspieler. Alle drei versuchen gemeinsam das Musikerbe von ihrem Vater am Leben zu halten. In Zbraslav, einem Vorort von Prag, wo Jaromir Vejvoda geboren wurde, haben die drei Vejvoda-Söhne eine Gasstätte mit dem Namen "Skoda lasky" - also der tschechischen Entsprechung des Titels Rosamunde - eröffnet. In Erinnerung an ihren verstorbenen Vater haben sie auch ein internationales Blasmusikfestival "Vejvodova Zbraslav" ins Leben gerufen. Ende September findet das Festival bereits zum zehnten Mal statt. Und eine Besonderheit dieses Musikfest verrät jetzt Josef Vejvoda:"Normalerweise spielen die Kapellen bei Festivals das, was sie wollen. Bei uns gibt es schon seit zehn Jahren einen Wettbewerb, bei dem man immer ein Pflichtstück von meinem Vater spielen muss. Und die Titel von meinem Vater sind nicht einfach zu spielen. Gerade Polka ist am Anfang sehr kompliziert und nicht einfach zu spielen. Es ist interessant, wie die ausländischen Kapellen damit umgehen, bis jetzt haben es aber alle geschafft."
Dieses Jahr werden Blasmusikensembles aus Tschechien, Deutschland, aus den Niederlanden und aus der Schweiz ihre Kräfte beim Spielen der Vejvoda-Stücke messen. Aber nicht immer war der Sohn Josef für die Blasmusik begeistert. Zu den Lebenszeiten seines Vaters hat er ausschließlich Jazz gespielt. So hört sich sein Jazz-Trio an:
Erst nach dem Tod des Vaters hat Josef Vejvoda die Blasmusik lieben gelernt. Heute verbindet er beide Richtungen, was man als einzigartig bezeichnen kann:
"Ich habe es ungefähr halbe-halbe. Viele Leute fragen mich, wie ich Jazz und Blasmusik verbinden kann, wie geht es zusammen. Für mich ist Musik nur eine Sache, ich unterscheide sie nicht in Richtungen. Am liebsten mache ich Musik als Interpret oder als Komponist."
Blasmusik und Jazz, dies ist jedoch längst nicht das Ende der Aufzählung. Der studierte Schlagzeugspieler Josef Vejvoda hat auch ein Konzert für Geige und Symphonieorchester komponiert. Am 12. Oktober fährt er gemeinsam mit dem berühmten tschechischen Violinisten Pavel Sporcl sowie mit dem Symphonieorchester aus Teplice / Teplitz auf eine Konzerttournee. Josef Vejvoda erzählt, was auf dem Programm steht:
"Erstmal ist es ein Geigenkonzert Novelty concerto. Dann habe ich eine Suite geschrieben, die ´Brazilian Pearl Jubilee´, die habe ich meiner Frau zum 30. Hochzeitstag gewidmet. Der dritte Teil ist das Stück ´Celebration´, eine Komposition, die von der Geburt eines Menschen bis zum Alter reicht."
Jetzt nun ein Auszug aus dem Novelty concerto, einer Komposition für Geige und Symphonieorchester:
Die Frage nach dem Komponisten des berühmten Rosamunde-Liedes begleitet Josef Vejvoda auf seinen musikalischen Wegen. Sogar der ehemalige amerikanische Präsidenten George Bush senior hat dem Musiker einen persönlichen Brief geschrieben. Auch in Deutschland sind viele Leute überrascht, wenn sie erfahren, dass die bekannten Töne aus einer tschechischen Autorenfeder stammen. Dazu Josef Vejvoda:
"Viele kennen Rosamunde, aber nur weniger wissen, dass es ein tschechisches Lied ist und dass es mein Vater komponiert hat. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten, die es nicht gewusst haben, gehört Hans Dietrich Genscher."
In der Familie Vejvoda muss man keine Musik studieren, man kriegt die musikalische Begabung einfach in die Wiege gelegt, beschreibt Josef Vejvoda:
"Mit meinem Vater war es ähnlich, mein Vater hat nie eine Musikschule besucht. Zuerst hat er Bücher gelesen, die zu Hause waren, dann hat ihm sein Onkel auch Unterricht gegeben. Dazu eine interessante Anekdote: Seine Eltern, also meine Großeltern, haben gesagt, `Jaromir, Du sollst keine Musik machen. Es ist ein unsicherer Beruf. Du kannst alles mögliche machen, bloß keine Musik`.
Wenn Jaromir Vejvoda damals den Ratschlag seiner Eltern verfolgen würde, wäre die Welt um die Rosamunde-Melodie ärmer. Jaromir Vejvoda gab jedoch auch Ratschläge an seine Kinder weiter: Sie konnten zwar Musik machen, aber es sollte dann auch gute Musik sein, erinnert sich Josef Vejvoda:
"Er gab mir einen Ratschlag, den ich gut im Kopf behalten habe: Wenn Du in der Zukunft eine Polka oder einen Walzer schreibst, dann musst Du am Anfang eine gute Melodie schreiben und dann auf die Dynamik und den Rhythmus aufpassen. Jede Polka sollte zumindest am Anfang rhythmisch interessant sein. Dies habe ich bis heute im Kopf und versuche es umzusetzen in die Richtung, die mein Vater geschrieben hat."In den Spuren seines Vaters zu gehen, ist aber auch nicht leicht, denn eine weltberühmte Melodie erblickt nicht jede Woche das Licht der Welt. Wie fühlt sich Josef Vejvoda als Nachfolger der Musikerfamilie?
"Für mich war der Anfang sehr schwer. Mittlerweile weiß ich, dass ich auch ganz gute Titel geschrieben habe, die nicht nur bei uns sondern auch in Deutschland oder Amerika gespielt werden."
Gerade in Amerika hat Josef Vejvoda zum 100. Geburtstag von seinem Vater am 21. März 2002 direkt in der Carnegie Hall ein Orchester dirigiert, das die Rosamunde-Komposition gespielt hat. Dazu erinnert er sich:
"Das größte Erlebnis für mich war Das größte Erlebnis für mich war wohl die Feier anlässlich des 100. Geburtstags meines Vaters in der Carnegie Hall in New York. Dorthin zu kommen, dort zu musizieren oder sogar einmal dirigieren zu dürfen, das ist der Traum eines jeden Musikers. Und für mich ging dieser Traum in Erfüllung."
Die Tradition geht also weiter, mit fünf Generationen sollte die musikalische Begabung nicht zu Ende sein. Ende September wird auch ein Buch über die Vejvoda-Dynastie herauskommen, dort findet man alle Einzelheiten zum Beispiel zu der Entstehung des Welthits Rosamunde. Josef Vejvoda, der Jazzman mit Polka-Rhytmen im Blut, fasst sein Verhältnis zur Musik zusammen:
"Es ist eine Droge. Ohne Musik wäre es für mich sehr schwer zu leben."