Tage im Keller - die Brünnerin Vlasta Miksikova erinnert sich an das Kriegsende

Vlasta Miksikova (Foto: Autor)

Neun Jahre alt war Vlasta Miksikova im April 1945. Mit ihren Eltern wohnte sie im südmährischen Brno / Brünn, im Stadtteil Ponava, unweit vom historischen Augarten-Park. Eine ruhige Gegend in einer ruhigen Stadt. Der Krieg ist aber auch hier nicht spurlos vorüber gezogen. An den Tag, an dem erstmals sowjetische Truppen vor dem Elternhaus standen, erinnert sich die 69-jährige pensionierte Lehrerin bis heute.

Vlasta Miksikova  (Foto: Autor)
Die Front ist von Süden her immer näher gerückt, und wir haben schon den Artilleriedonner gehört. Also sind wir in den Keller umgezogen und haben da geschlafen. Und an einem Morgen - ich weiß noch, es war ein wunderbarer Frühlingstag - gab es auf einmal einen fürchterlichen Schlag, einen ungeheuren Krach. Die Kellertüren sind herausgeflogen und die Fensterscheiben, überall war Staub, und meine Mutter hat gerufen: Wir sind verschüttet! Da hat sie sich meine Schwester und mich gegriffen, und darüber haben wir dann später gelacht: denn sie hat uns ins Bett gesteckt und mit dem Federbett zugedeckt!

Wir haben also gedacht, dass wir wohl verschüttet sind. Als sich alles wieder beruhigt hatte, ist mein Vater dann herausgeklettert, und wir hatten das Glück, dass wir doch nicht verschüttet waren. Aber vor dem Haus auf der Straße hatten deutsche Soldaten irgendwelche Munition transportiert, und irgendwie ist die explodiert - die Soldaten lagen alle tot auf dem Bürgersteig. Das war also die Explosion, die bei uns alle Fenster herausgeschlagen hat. Das war morgens, ungefähr gegen halb acht. Wir allen waren natürlich sehr angespannt, und meine Mutter hat uns nicht herausgelassen, wir mussten also im Keller bleiben. Es war so gegen halb zehn, da waren auf einmal oben im Haus Geräusche. Mein Vater ist aus dem Versteck gekommen, und dann habe ich zum ersten Mal Russisch gehört:

"Tschechi oder Germani?" Mein Vater hat geantwortet: "Tschechi! Germani bei uns njet!" Der russische Soldat hat dann gerufen: "Idi, idi sjuda - komm her!" Also sind wir alle nach oben gegangen, und dann haben wir schon gesehen, dass bei uns die ganze Straße voller Soldaten ist.

Vor unserem Haus lag von den deutschen Soldaten noch ein Gewehr. Einer von den Russen hat das genommen und auf die Uhr von der gegenüber liegenden Schule geschossen, auf die Zeiger, und ich weiß nicht wie das geht, aber er hat wirklich genau getroffen.