Jahn legt Strategiepapier für mehr Wirtschaftswachstum in Tschechien vor

Martin Jahn (Foto: CTK)
0:00
/
0:00

Die Tschechen müssen in Zukunft für ein Hochschulstudium Schulgeld zahlen, Gebühren beim Arzt entrichten, für ihr Rentnerdasein selbst Vorsorge tragen und ohne regulierte Mieten auskommen. Dafür dürfen sie mit niedrigeren Steuern und weniger Bürokratie rechnen. Das sieht ein staatliches Strategiepapier vor, anhand dessen der tschechischen Ökonomie ein anhaltendes Wirtschaftswachstum bis zum Jahr 2013 gesichert werden soll. Dieses Strategiepapier, das am Donnerstag in Prag publik gemacht wurde, ist durch ein Team von Wirtschaftsexperten unter Leitung des Vizepremiers für Ökonomie Martin Jahn ausgearbeitet worden und hat sofort für Polemik gesorgt. Lothar Martin macht Sie mit den wichtigsten Eckpunkten des Papiers bekannt.

Martin Jahn  (Foto: CTK)
Die Senkung der Lohnnebenkosten, der Einkommenssteuern für Personen und Firmen, die unverzügliche und vollständige Deregulierung der Mieten sowie die strengere Handhabung bei der Zuteilung von Arbeitslosengeld - das sind die wohl markantesten Maßnahmen, mit denen der Vizepremier das Wirtschaftswachstum des Landes weiter vorantreiben und folgendes Ziel erreichen will:

"Das Ziel dieser Strategie ist es, dass wir bis zum Jahr 2013 den Durchschnittswert der Europäischen Union beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung erreicht haben werden."

Wirtschaftsexperten bezeichneten das Strategiepapier als ein fachlich ausgezeichnetes Dokument, auf dessen Grundlage dieses ambitionierte Ziel durchaus auch erreicht werden könnte. Doch sie warfen ein, dass es sich unter den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen so nicht realisieren lasse. Jahn sei nicht besonders diplomatisch vorgegangen, bemerkte David Marek von der Gesellschaft Patria Online, und wie andere Ökonomen verwies er darauf, dass zum Beispiel die Forderung nach einer sofortigen Deregulierung der Mieten ohne Anspruch auf Mietzuschuss wie auch andere Vorschläge unnötig radikale Maßnahmen seien, die das ganze Dokument bereits von vornherein zum Misserfolg verdammen. Das findet erst recht die Böhmisch-Mährische Konföderation der Gewerkschaftsverbände, deren Vorsitzender Milan Stech sich zu dem Papier wie folgt äußerte:

"Das wäre eine Strategie der Polarisierung der Gesellschaft, die zu einer größeren Anzahl von armen Leuten in unserem Lande führen würde. Das Papier stellt noch keinen Regierungsvorschlag dar, sondern es beinhaltet die Gedanken und Vorstellungen von Herrn Jahn. Daher haben wir mit großer Aufmerksamkeit das Versprechen des Premierministers zur Kenntnis genommen, dass dieser Strategieentwurf noch überarbeitet wird."

Das wiederum wünschen sich die Unternehmer im Lande nicht unbedingt, da sie dieses Papier für ein wirklich strategisches Konzept der tschechischen Wirtschaft halten. Nur fehlt ihnen dank vergangener Erfahrungen der Glaube daran, dass sich das Dokument in der Mehrzahl seiner Vorschläge durchsetzen lasse, wie der Präsident des Verbandes für Industrie und Verkehr, Jaroslav Mil, zum Ausdruck brachte:

"Meiner Meinung nach überwiegen bei dieser Strategie die positiven gegenüber den negativen Vorschlägen. Es ist jedoch erforderlich, das Papier noch mit unserer Forderung zu ergänzen, wonach eine sachliche Verantwortlichkeit für die einzelnen Aufgaben sowie ein zeitlicher Rahmen für deren Erfüllung sichergestellt sein müssten. Ansonsten ist das Ganze nur ein Papier, das niemand respektieren wird."

Inwieweit die tschechische Regierung das Papier zur Vorlage ihrer künftigen Wirtschafts- und Sozialpolitik machen wird, das werden wohl erst die nächsten Kabinettssitzungen vor und nach der Sommerpause zeigen.