Sportreport

Wildwasser-Kanusport:Michaela Strnadova, Foto:CTK

Immer noch hält uns "König Fußball" in seinem Bann, denn die Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea geht erst an diesem Sonntag mit dem Finale in Yokohama zu Ende. Tschechien war leider schon zum dritten Male hintereinander nur Zaungast des nur aller vier Jahre stattfindenden Gipfels der westbesten Balltreter, da die Nedved, Rosický & Co. in den Relegationsspielen der europäischen Qualifikation an Belgien, aber noch mehr an den eigenen Nerven gescheitert waren. Dennoch verfolgt auch der fußballinteressierte Tscheche das Championat in Asien sehr aufmerksam im Fernsehen, zumal ihm - anders als in Deutschland - alle 64 WM-Partien live im Free-TV serviert werden. Aber neben den Fußball-Übertragungen wird auch noch anderer guter Sport geboten, und nicht selten gleich vor der eigenen Haustür. In Tschechien gab es jedenfalls in der letzten Woche zumindest gleich drei sportliche Leckerbissen zu genießen - die Europameisterschaft im Modernen Fünfkampf in Ústí nad Labem/Aussig, das Weltcup-Finale der Wildwasserkanuten in Karlovy Vary/Karlsbad und das Tschechische Derby im Pferderennsport. Von allen drei Ereignissen möchten wir in den nächsten Minuten berichten und somit auch einmal anderen, ansonsten weniger beachteten Sportarten unsere Reverenz erweisen. Ich hoffe, Sie sind dabei!

Beginnen wollen wir mit dem Modernen Fünfkampf. In dieser attraktiven, aber leider wenig populären Sportart wurden vom 17. bis 23. Juni im nordböhmischen Ústí nad Labem/Aussig die 11. Europameisterschaften ausgetragen. Dabei muss sich der Moderne Fünfkämpfer gleich in mehreren Sätteln zurecht finden: sprichwörtlich im Pferdesattel beim Parcoursreiten, aber ebenso mit ruhiger bzw. schneller Hand beim Schießen und Fechten, mit guter Technik beim Schwimmen und mit Ausdauer und Kraft beim Geländelauf. Wer all diese fünf Sportarten in der Addition am besten beherrscht, darf sich nach dem Wettkampf als einer der besten Vielseitigkeitssportler in der Welt betrachten. So wie der Tscheche Libor Capalini, der in Aussig mit 5804 Punkten die Einzelkonkurrenz der Herren gewann und dabei Titelverteidiger Andrejus Zadneprovskis aus Litauen und Weltmeister Gabor Balogh aus Ungarn auf die nächsten Plätze verwies. Dabei gelang dem Athleten von Dukla Prag ein nahezu optimaler Wertkampf entsprechend seiner Möglichkeiten, so dass er mit großem Vorsprung in den abschließenden 3-km-Geländelauf ging, den er wie folgt beschrieb:

"Dort war ich mir ziemlich sicher, dass es kein Problem werden würde, den Vorsprung zu halten, solange ich nicht zu Fall komme oder mir ein anderes Malheur passiert."

Verständlich groß war danach die Freude bei dem 29-jährigen, zumal es ihm als erstem Tschechen gelang, Europameister zu werden. Zuvor hatten er 1998 und Petr Blazek 1993 bereits EM-Silber gewonnen, ebenso die Männerstaffeln 1993 und 1995. Doch diesmal konnten sowohl die Herren als auch die Damen in den Staffeln nichts reißen. Sie belegten jeweils den 7. Rang. In diesen Disziplinen triumphierten die Litauer und die Italienerinnen mit EM-Einzelsiegerin Claudia Corsini, die somit mit 2x Gold zur erfolgreichsten Athletin des Championats von Aussig avancierte. Doch auch die Veranstalter aus der nordböhmischen Elbestadt durften sich am Ende freuen, die zum ersten Male in Tschechien stattgefundene EM im Modernen Fünfkampf erfolgreich durchgeführt zu haben.


Michaela Strnadova,  Foto:CTK
Soeben haben wir über den Erfolg von Libor Capalini im Modernen Fünfkampf berichtet. Doch es gibt noch andere Sportarten, in denen Tschechen echt Spitze sind. Zum Beispiel im Wildwasser-Kanusport. Hier stellt das Herzland Europas mit Michaela Strnadová eine mehrfache Weltmeisterin, die sich erst unlängst wieder in beiden Kajakkonkurrenzen der Damen mit der diesjährigen WM-Krone schmücken konnte. Da wollte sie natürlich auch zu Hause, beim Weltcup-Finale am vergangenen Wochenende im westböhmischen Karlovy Vary/Karlsbad, brillieren. Bis kurz vor den Rennen über die 500-Meter- und die 5000-Meter-Distanz war jedoch nicht klar, ob die 22-jährige wird an den Start gehen können, denn sie wurde von einer starken Erkältung geplagt. Aber vor heimischem Publikum wollte sie unbedingt starten und gewinnen, zumal es der einzige Wettbewerb des Jahres war, wo man auch eine finanzielle Prämie kassieren konnte. Über die kurze 500-m-Strecke hatte sie dann auch keine größeren Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. Aber auf der zum Saisonabschluss am Sonntag auf dem Programm stehenden 5-km-Distanz sah es lange Zeit nicht nach einem Sieg von ihr aus. Das Rennen selbst beschrieb Michaela so:

"Bei mir lief es zunächst nicht gut. Gleich am Start spürte ich, dass es nicht läuft, ich hatte überhaupt keine Kraft. Auch bei den Zwischenzeiten lag ich zurück. Doch als der Kurs durch die Stadt führte, haben mich immer mehr Menschen angefeuert, so dass ich mich noch einmal angespornt habe für die vielleicht letzten acht Minuten des Rennens. Und das ist mir dann auch gut gelungen, ich hatte im Ziel rund vier Sekunden Vorsprung auf die Zweitplatzierte."

Michaela Strnadová gewann also auch das abschließende Rennen der Saison und verteidigte damit ohne eine einzige Niederlage mit der Maximalpunktzahl 200 ihren Weltcupsieg aus dem Vorjahr. Das erfolgreiche Wochenende der tschechischen Kanuten rundete ihr Trainer Robert Knebel mit seinem Sieg über die lange Kajakstrecke der Männer ab. Ein gutes Omen für die Wildwasserspezialisten aus Böhmen und Mähren, denn im kommenden Jahr wird in der Karlsbader Wasserrinne die Europameisterschaft ausgetragen.


Vom Wasser zum Abschluss der Sendung noch einmal auf den grünen Rasen. Aber nicht auf das WM-Grün in Seoul und Yokohama, sondern auf das gut gepflegte Geläuf der Pferderennbahn im Prager Stadtteil Velká Chuchle. Dort fand am zurückliegenden Sonntag das 10. Tschechische Derby der dreijährigen Galopper statt. Also eine rein tschechische Angelegenheit, könnte man meinen. Doch dem ist nicht so. Auch im Sport hat die Globalisierung immer mehr Einzug gehalten, und so verpflichtete der Rennstall Galaxie des Ehepaares Pavla und Josef Vána eigens für das Tschechische Derby den britischen Jockey Philip Robinson, damit dieser den Hengst Poderoso optimal über die 2400 Meter lange Rennstrecke führe. Wie das Rennen dann ausging, dazu Radioreporter Karel Vojír:

"Der Schützling von Pavla Vánová bestätigte seine Favoritenrolle und gewann den größten Teil des auf 2,4 Millionen Kronen dotierten Preisgeldes. Über seinen Sieg entschied der dreijährige braune Hengst am Beginn der Zielgeraden, als er sich an die Spitze des Feldes setzte und seine Position mit Übersicht bis ins Ziel verteidigte. Hinter Poderoso lief der Fuchshengst College Classic mit der erst 21-jährigen Reiterin Helena Blazková als überraschender Zweiter ein."

Der 41-jährige Robinson errang den Derbysieg im bereits dritten Land. Vor dem Prager Rennen hatte er auch die gleichen Konkurrenzen in Frankreich und Italien gewonnen. Und wie zu hören war, hat der Besitzer von Poderoso, Milan Holecek aus Marianské Lázne/Marienbad, sein Pferd nebst Jockey Robinson auch schon für das Slowakische Derby angemeldet.

Man sieht also, der absolute Spitzensport wird immer internationaler. Wie bei der Fußball-WM, wo sich bisher wenig erfolgreiche Nationen wie die Türkei, der Senegal, Südkorea und die USA in den Vordergrund geschoben haben. Aber das ist schon wieder ein ganz anderes Thema.