Eva Samková: In Montafon ist ihr Medaillentraum von Olympia geplatzt

Eva Samková (links)

In knapp acht Wochen beginnen in Peking die Olympischen Winterspiele 2022. In einer losen Serie haben wir Ihnen bereits einige Medaillenkandidaten aus Tschechien vorgestellt. Heute ist eine Athletin an der Reihe, die sogar Gold gewinnen könnte: Eva Samková. Doch im Sport können Träume im Nu platzen, sollte man sich schwer verletzen. Dieser Fall ist bei der Olympiasiegerin von 2014 im Snowboardcross nun leider eingetreten.

Samkovás Erfolgsweg beginnt 2014 bei den Spielen in Sotschi

Eva Samková in Sotschi 2014 | Foto: YouTube

Zu den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi brachte Tschechien in allen fünf Snowboard-Disziplinen drei junge Damen an den Start, denen man großes Talent bescheinigte. Zwei von ihnen sagte man eine erfolgversprechende Zukunft voraus: Ester Ledecká und Eva Samková. Letztere wurde auf Anhieb Olympiasiegerin im Snowboardcross.

Seitdem gehört Samková zur absoluten Weltspitze in ihrer Sportart. Vier Jahre darauf, bei den Spielen in Pyeongchang, gewann sie die Bronzemedaille. 2019 wurde sie Weltmeisterin, zwei Jahre später WM-Dritte. Und in den fünf Wintern von 2016 bis 2021 holte sie dreimal den Gesamt-Weltcup. Ihren 18. und vorerst letzten Triumph bei einem Weltcuprennen feierte die 28-Jährige vor zwei Wochen im chinesischen Secret Garden.

Eva Samková feierte ihren Triumph beim Weltcuprennen im chinesischen Secret Garden | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Im Zielraum ließ Eva Samková ihrer Freude freien Lauf. Sie hatte sich gegen alle ihre Konkurrentinnen souverän durchgesetzt, auch wenn sie dazu im abschließenden Cross-Rennen hart kämpfen musste:

„Im Finale bin ich kurz nach dem Start leicht ins Straucheln gekommen, zum Glück aber habe ich mich schnell gefangen. Ich lag in Führung und wollte das Rennen wieder von vorn nach Hause bringen. Meine Kontrahentinnen aber ließen sich zunächst nicht abschütteln, und dann hat mich die Britin auch überholt. Ich ging sofort zum Gegenangriff über, das war der einzige Weg zum Erfolg. Ich bin froh, dass ich die Attacke nicht vermasselt habe.“

Eva Adamczyková  (früher Samková) | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Samkovás Freude war auch deshalb so groß, weil der diesjährige Weltcup-Auftakt in Secret Garden gleichzeitig die olympische Generalprobe war. Im Gegensatz zu den meisten anderen Olympioniken, denen aufgrund der Corona-Pandemie ein Wettkampf auf den neuen Sportstätten der Spiele in Peking verwehrt wurde, durften die Snowboarder ihre Strecke schon im Vorfeld kennenlernen. Nach dem ersten Training beschrieb die Tschechin ihre Eindrücke wie folgt:

„Es ist eine schöne Strecke, sie ist völlig neu. Allerdings weht hier ein starker Wind, und zwar im oberen Teil bis hinunter zu drei Vierteln der Piste. Und wir erreichen auf ihr nicht die Geschwindigkeiten, die wir gewohnt sind. Doch wir werden sehen, ob die Strecke nicht noch schneller gemacht wird.“

Eva Samková  (links) | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Vermutlich haben mehrere Sportlerinnen und Sportler beklagt, auf der Olympiastrecke nicht so richtig in Fahrt zu kommen. Denn am Ende des Saisonauftakts sickerte dann folgende Meldung durch. Noch einmal Samková:

„Wir haben die Information bekommen, dass die Strecke bis zu den Spielen noch völlig verändert wird. Ich finde das gut, denn jetzt haben sich alle mit ihr vertraut gemacht, die Vorteile für den Einzelnen aber sind geringer geworden. Ich bin gespannt, was man sich noch ausdenkt.“

Eva Samková | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Für Eva Samková war das erste Weltcup-Wochenende der noch jungen Saison also ein voller Erfolg. Entsprechend gut fiel auch ihr Fazit aus:

„Es waren lange und anstrengende Tage hier, das Ergebnis für mich ist jedoch super. Vor dem Halbfinale habe ich mich zwar ziemlich müde gefühlt, aber zu einem Lauf kann man sich immer aufraffen. Von daher hat alles wunderbar gepasst, auch heute im Finale. Ich bin sehr zufrieden.“

Sturz in Montafon begräbt Samkovás Ambitionen für Spiele in Peking

Eva Samková | Foto: Tschechisches Fernsehen

Eva Samková tritt zu ihren Wettkämpfen häufig mit einem Schnurrbart an, den sie sich vor den Rennen ins Gesicht malt. Der internationale Erfolg der in Vrchlabí / Hohenelbe am Riesengebirge geborenen Sportlerin beruht jedoch nicht auf diesem kleinen Mode-Accessoire. Schon im Alter von zwei Jahren stand sie auf Ski, mit sieben Jahren stieg sie auf das Snowboard um. Seit ihrem zehnten Lebensjahr nimmt sie an Wettkämpfen teil. Sie begann im Freestyle, nach einem bösen Sturz mit Brüchen an Armen und Beinen wechselte sie dann 2008 zum Snowboardcross. Und in dieser Disziplin startete sie schnell durch: Von 2010 bis 2013 wurde sie dreimal Junioren-Weltmeisterin, ihren ersten Weltcupsieg feierte sie 2013 im kanadischen Blue Mountain. Anfang Januar 2011 konnte sie sich zudem bei den offenen deutschen Meisterschaften in Grasgehren durchsetzen.

In den zurückliegenden Tagen wollte Samková nun im österreichischen Montafon ihren Erfolgsweg fortsetzen. Auf dem Programm standen das zweite von insgesamt neun Weltcuprennen bei den Männern und Frauen sowie der erste Wettbewerb der Saison im Snowboardcross Team Mixed.

Marek Jelínek  (links) und Eva Samková  (Mitte) | Foto: Filip Jandourek,  Tschechischer Rundfunk

Die Strecke in Vorarlberg stufte ihr Trainer Marek Jelínek als extrem leicht ein. Deshalb könne Eva hier ihre Vorzüge nicht so gut zur Geltung bringen, wie auf schwierigen Pisten, so Jelínek. Und so war es dann auch. Samková kam nicht so richtig auf Touren, in den Vorläufen hatte sie nur die neuntbeste Zeit erzielt. In den K.o.-Runden steigerte sie sich zwar, doch im Halbfinale erwischte sie keine gute Linie und verpasste so den Endlauf um die Podestplätze. Im kleinen Finale, in dem die Plätze fünf bis acht ausgefahren werden, hielt sie sich dann schadlos. Trotzdem fiel ihr Resümee diesmal etwas kritischer aus:

„Ich muss noch an meinem Vortrieb arbeiten. Ich habe mein Brett zwar etwas mehr nach vorn geschoben, aber es war wohl nicht genug. Im Semifinale habe ich ein paar Fehler gemacht, dafür habe ich mich mit dem Sieg im kleinen Finale etwas revanchiert. Es ist halt eine einfache Strecke, auf der ich meine technischen Stärken kaum ausspielen kann. Aber am Ende war es nochmal ein gutes Rennen, zumal es bei mir im Training überhaupt nicht lief.“

Eva Samková und Jan Kubičík | Foto: Tschechisches Fernsehen

Umso mehr wollte Samková dann noch mit ihrem tschechischen Partner Jan Kubičík im Team Mixed erreichen. Bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Winter im schwedischen Idre hatte das Duo das Finale nur knapp verpasst und in der Endabrechnung den fünften Platz belegt. In dieser Saison aber seien die Ziele etwas höher, sagte Kubičík vor dem Rennen:

„Unsere Ambitionen sind gewiss nicht niedrig. Als Erfolg sehen wir einen Podestplatz an. In diese Richtung gehen wir es an.“

Eva Samková  (2. von links) hat sich die Knöchel beider Beine gebrochen | Foto: Tschechisches Fernsehen

Die Richtung stimmte dann auch, denn in einem packenden Finish schob sich Eva Samková noch auf den zweiten Platz nach vorn. Als sie kurz vor dem Ziel all ihre Energie hineinwarf, um mit ihrem Snowboard vor der Konkurrenz die Linie zu überqueren, verkantete sie jedoch im Schnee und verletzte sich schwer. Die Olympiasiegerin wurde umgehend mit dem Hubschrauber in ein nahes Krankenhaus geflogen. Von dort meldete sich später ihr Trainer, allerdings hatte Marek Jelínek keine guten Nachrichten.

„Eva ist beim Zieleinlauf gestürzt und hat sich die Knöchel beider Beine gebrochen. Sie wird sich einer Operation bei einem Spezialisten aus Österreich unterziehen. Der Heilungsprozess wird eine ganze Weile dauern. Hoffen wir, dass es Eva nach der OP gut geht und dass sie die Folgen des Sturzes so schnell wie möglich mental verarbeitet. Denn jetzt ist sie natürlich untröstlich.“

Eva Samková  (ganz links) hat sich die Knöchel beider Beine gebrochen | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Stunden darauf kam die Kunde, dass die OP erfolgreich verlaufen sei. Nichtsdestotrotz muss Samková noch lange warten, bis die Brüche wieder ganz verheilt sind. Dem tschechischem Facharzt Jiří Váchal zufolge dauert der Heilungsprozess mindestens zwei Monate. Deshalb dürfe sich die Patientin keinen allzu großen Illusionen hingeben, was die Teilnahme bei Olympia anbelangt:

„Wir alle würden ihr von Herzen wünschen, dass sie in Peking dabei ist. Doch ich bin da sehr skeptisch, meiner Meinung nach müsste schon ein Wunder geschehen. Wünschen tue ich ihr es, denn Wunder gibt es immer wieder. Meinen Erfahrungen nach aber ist die Zeit zu kurz, dass sie schon Anfang Februar voll in Form ist.“

Mit anderen Worten: Die Teilnahme von Eva Samková an den Winterspielen in Peking ist nicht nur in weite Ferne gerückt, sondern sie ist praktisch ausgeschlossen.

Autoren: Lothar Martin , Jakub Marek
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