Inspiration Podcast: Prager Studenten und ihre Wünsche an den Tschechischen Rundfunk
Am Donnerstag vergangener Woche hat der Tschechische Rundfunk seinen 100. Geburtstag gefeiert. Studenten der Karlsuniversität und anderer Hochschulen haben gratuliert – und einige Wünsche geäußert, wie das öffentlich-rechtliche Radio noch besser und moderner gestaltet werden könnte.
Über die Zukunft des Radios haben sich die Prager Studenten beim Workshop „Rozhlas v době podcastové“ (Der Rundfunk in der Zeit der Podcasts) Gedanken gemacht. Ein vielfach geäußerter Wunsch war dabei, dass die Radiomacher sich mehr zu erkennen geben. Junge Hörer würden mit ihnen mehr in Kontakt treten wollen, etwa durch Online-Chats oder mittels der sozialen Netzwerke, so eines der Ergebnisse der insgesamt fünf Arbeitsgruppen.
Vorbild dafür könnten populäre Podcaster sein. Diese hätten den Radiomoderatoren Einiges an Authentizität voraus, hieß es. In Sachen Professionalität und Qualität herrscht aber offenbar noch ein großes Vertrauen in traditionelle Medien. Der Tschechische Rundfunk wurde jedenfalls vor allem für seine Berichterstattung gelobt. Dennoch würden junge Menschen ihre Informationen überwiegend aus anderen Quellen, vor allem aus Videos beziehen, sagt der Student Benjamin Horák:
„Viele Menschen nutzen die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien, weil dort eine gesetzliche Garantie besteht. Dazu wurden beim Workshop die Stichworte ‚öffentlich-rechtlicher Standard‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘ und ‚Wahrheitsgehalt‘ genannt. Sobald es aber weniger um das eher strikte Nachrichtenformat geht und man die authentischeren, aber nicht unbedingt nur Lifestyle-Inhalte betrachtet, dann funktionieren die beim Rundfunk überhaupt nicht.“
Der Vorteil des Radios sei eine aktuelle und schnelle Berichterstattung, fanden die Studenten. Zeit würde bei ihnen eine wichtige Rolle spielen. Sie seien es gewohnt, sich in sehr kurzen Zeitfenstern über alles Aktuelle zu informieren, schildert etwa Natálie Ulrychová:
„Unsere Generation ist daran gewöhnt, dass alles immer zugänglich ist. Ein Minus des Tschechischen Rundfunks sehen wir deshalb darin, dass einige Inhalte zeitlich sehr eingeschränkt sind. Uns gefällt etwa eine Telefon-App namens ‚Minuta‘, in der Nachrichten Minute für Minute gepostet werden. Wenn wir etwa an einer Haltestelle stehen und eine Minute Zeit haben, dann schauen wir darauf. Warum kann es so etwas nicht auch als Audio geben?“
Beim Tempo solle aber die Qualität nicht leiden, so eine weitere Forderung. In den Diskussionsrunden des Workshops waren immer wieder die Begriffe „Respekt“, „Renommee“ oder „Glaubwürdigkeit“ zu hören. An den Tschechischen Rundfunk gewandt formulierten die Studenten zudem den Appell, bei gesellschaftlichen Themen wie etwa Generationskonflikten immer beide Seiten eines Problems verständlich darzustellen und nicht zu polarisieren. Und Teilnehmerin Dominika Benešová hat einen weiteren Tipp:
„Nachrichten sollten auf eine Weise gesendet werden, dass sie einen nicht erdrücken, aber trotzdem relevant sind. Es sollte nicht nur um schreckliche Katastrophen oder depressive Themen gehen. In der aktuellen Krisenzeit ist es schwer, Nachrichten zu hören, denn es gibt so viele negative Meldungen. Besser wäre es, sie ausgewogener und auch so zu präsentieren, als ob sie mir von einem Freund mitgeteilt würden. Dies war eine konkrete Formulierung, die in der Diskussion auftauchte.“
Den Wunsch nach positiven Meldungen nimmt Edita Kudláčová auch bei jungen Menschen in anderen Ländern war. Die Leiterin der Radiosektion bei der Europäischen Rundfunkunion (EBU) berichtete beim Workshop über neueste Trends und die Vorlieben eines jungen Publikums. An erster Stelle stünden dabei Themen, die dem Hörer persönlich Spaß machen, wie etwa Sport oder Kultur. Und weiter sagt Kudláčová:
„Bei Podcasts laufen Berichte zur Persönlichkeitsentwicklung sehr gut, und auch Beziehungsthemen sind perfekt. Nachrichtenpodcasts stehen nicht unbedingt an erster Stelle. Aber schön ist, dass sie junge Menschen animieren, sich überhaupt wieder für das aktuelle Geschehen zu interessieren.“
Allerdings hat auch der Austausch auf den kürzlich in Prag stattgefundenen Radiodays Europe den Trend bestätigt: Klassische Nachrichtensendungen sind bei einem jungen Publikum eher unbeliebt. Edita Kudláčová sieht dies aber nicht allzu pessimistisch:
„Wenn ein Nachrichtenpodcast gut gemacht und etwas Interessantes passiert ist, dann hört sich dies auch ein junger Mensch an. Vermutlich wird er sich keine Nachrichtensendung im TV anschauen oder nähere Information bei Facebook suchen. Aber öffentlich-rechtliche Radios sind allgemein und über eine lange Zeit das vertrauenswürdigste Medium. Psychologisch ist dies unter anderem damit zu erklären, dass die Nachrichten von einem Menschem präsentiert werden, vielleicht sogar von einem bekannten Journalisten – einer Person also, von dem sich die Leute einen Bericht gezielt anhören und ihm auch glauben.“
ZUM THEMA
Die Nachrichtenformate im Rundfunk hätten sich gerade bei den Ereignissen der letzten Jahre bewährt – also bei Themen wie Corona, Ukraine-Krieg oder die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, fügt die Expertin hinzu. Entsprechende Audio-Meldungen oder Podcasts würden dann auch ein breites Publikum, ganz unabhängig vom Alter erreichen, sagt Edita Kudláčová.