25 Jahre Zukunftsfonds: Musik, Literatur und Kabarett im fahrenden Zug

#JízdaFahrt25

Prag, Dresden, Berlin und zurück: Der Kulturzug des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds ist am Samstag zwar eine reguläre Strecke abgefahren, das war aber das einzig Normale an der Fahrt. Auf dem Weg nach Berlin waren in den Waggons parallel Jaroslav Rudiš, das Kabarett Das Thema / To téma, sowie die Sängerin Žofie von Mydy zu sehen und zu hören.

25 Jahre alt wird der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds in diesem Jahr. Gefeiert wurde dieses Jubiläum am Wochenende in Berlin auf dem Bürgerfest des Bundespräsidenten. Um von Prag aus dorthin und wieder zurück zu kommen, hat der Fonds einen Sonderzug organisiert. Zu Gast waren nicht nur alle, die sich rechtzeitig Karten gesichert hatten, sondern auch der Schriftsteller Jaroslav Rudiš, die Schauspieler vom Kabarett Das Thema / To téma und die Musikerin Žofie von der Band Mydy. Sie alle traten in vier Blöcken auf der Fahrt nach Berlin auf.

Jaroslav Rudiš vor der Fahrt | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International

Von Prag aus fuhr der Zug um 8.18 Uhr ab. Der tschechische Autor Jaroslav Rudiš war vor allem an Bord, um aus seiner „Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen“ zu lesen.

Der humoristische Ratgeber über das Reisen auf der Schiene ist Rudišs zuletzt veröffentlichtes Buch, seit 2021 ist es im Handel erhältlich. Dennoch war diese Lesung eine Premiere, die passenderweise während einer Zugfahrt geschah, schilderte der Eisenbahnfan im Interview für Radio Prag International:

„Das passt wunderbar. Uns war schnell klar, dass ich aus dem Buch lesen werde und zwar aus der deutschen Originalfassung und der tschechischen Übersetzung. Da diese aber erst in drei Wochen erscheint, war es in der Tat die erste Lesung. Die große Premiere der tschechischen Übersetzung wird am 5. Oktober am Prager Hauptbahnhof stattfinden.“

Jaroslav Rudiš war aber nicht der einzige Kulturschaffende, der auf der Fahrt nach Berlin live und hautnah zu erleben war. Während das Programm des Schriftstellers im ersten Wagen hinter der Lokomotive stattfand, in dem eine langen Tafel aufgebaut war, waren die Darsteller des Kabaretts „Das Thema / To téma“ direkt im Wagen dahinter zu finden. Am Ende des Zuges, nach dem Speise- und den Personenwagen, war ein Waggon ohne Bestuhlung gereiht, in dem die Musikerin Žofie Dařbujánová von der Band Mydy auftrat. Tanzen oder Mitwippen war dabei erwünscht. Die Sängerin schildert ihre Erfahrung, in einem fahrenden Zug aufzutreten:

Žofie Dařbujánová von der Band Mydy mit Gitarrist | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International

„Das war auf verschiedene Arten etwas ganz Neues für mich. Eine Performance im Zug hat Mydy noch nie gegeben, zudem gab es noch nie ein Konzert in so einer abgespeckten Version nur mit Gitarre und Gesang. Normalerweise sind wir mit unserer großen elektronischen Band unterwegs. Wir haben uns für diese minimalistische akustische Performance entschieden, weil der Rest der Gruppe bereits in Berlin ist und den Soundcheck machen muss. Wir dachten uns, dass der Gitarrist und ich dort nicht unbedingt gebraucht werden und haben also versucht, einen akustischen Auftritt auf die Beine zu stellen. Das war eine große Herausforderung, aber wir haben es geschafft.“

„Man muss auch Opfer bringen für die deutsch-tschechische Freundschaft“

Seit mehreren Jahren tritt die Kabarettgruppe „Das Thema – To téma“ auf. In einem fahrenden Zug zu spielen, war aber auch für die tschechisch-deutschsprachigen Komiker eine Herausforderung. Dennoch haben sie die Unannehmlichkeiten gerne in Kauf genommen, erzählt Markéta Richter, eine von drei Kabarettisten im Zug…

Markéta Richter,  Sven Ofner und Philipp Schenker | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International

„Wir haben sofort zugesagt, weil wir den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds lieben. Wir arbeiten oft und gern mit dem Fonds zusammen und werden auch von ihm unterstützt. Die Leute dort sind toll, wir verstehen uns sehr gut mit ihnen, und sobald eine Kooperation möglich ist, sagen wir immer zu.“

Beim dem Zug ging es aber nicht nur um unterhaltsame Kulturveranstaltungen, sondern auch um nichts Geringeres als die Völkerverständigung. Und für die lohne es sich auch, zu drastischen Mitteln zu greifen, so Jaroslav Rudiš:

Jaroslav Rudiš liest aus seinem Buch | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International

„Ich war schon gestern in Berlin. In der Nacht bin ich also mit dem Auto nach Prag gedüst, um heute mit dem Zug wieder nach Berlin zu fahren. Das ist natürlich schon etwas irre, aber man muss auch Opfer bringen für die deutsch-tschechische Freundschaft. Und das habe ich gerne getan, auch wenn ich kaum geschlafen habe.“

Wie der Schriftsteller sind auch Markéta Richter und ihre zweisprachigen Kollegen bereits am Freitagabend auf dem Bürgerfest in Berlin aufgetreten, dann in der Nacht zu Samstag nach Prag gefahren, um dann wieder während der Fahrt zu performen. Das Kabarett-Trio, das sonst zu viert ist, spielte dabei eine Auswahl ihrer bekanntesten Stücken, die sie auf etwa eine halbe Stunde heruntergekürzt haben. Dabei wurde auch auf die tschechische Geschichte eingegangen. Die Schauspieler boten eine Einführung in die tschechische Historie und stellten diese anhand einiger Jahreszahlen dar, welche für wichtige Ereignisse stehen. So etwa auch das Jahr 1998:

„1998? Was war da? 98? Ihr wisst nicht was 98 war? Olympiasieger! Und das nächste wichtige Ereignis ist 2023: 25 Jahre Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds. Als letzte Jahreszahl haben wir 2038, da wird auch etwas ganz Wichtiges passieren, wir wissen aber noch nicht, was.“

Kabarett Das Thema - To téma | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International

Wie beim Kabarett üblich springen die Darsteller von Genre zu Genre: Schauspiel wechselt sich mit Gesang ab, und all das wird mit Improvisation verbunden. Genau dies mache das Zeitmanagement so schwierig, erzählt Markéta Richter weiter. Eigentlich sollen ihre vier Auftritte im Zug nur jeweils 20 Minuten dauern, daran würden sie sie sich aber nicht verlässlich halten können. Zum Improvisieren sei der Zug aber eine ausgezeichnete Bühne, schildert sie:

Kabarett Das Thema - To téma | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International

„Dieses Unerwartete passt sehr gut zu uns. Wir haben auch Programme und Vorstellungen, bei denen wir von vorn herein ein festes Szenario haben. Bei denen ist dann schon sehr Vieles gegeben. Dennoch bleibt immer Raum für Improvisation. Wenn wir das tun, wissen wir auch nie genau, wer was übersetzt. Es kommt immer wieder zu Situationen und Witzen, die wir vorher nicht geplant haben. Situationskomik entsteht so immer wieder.“

Auch die Frontfrau und der Gitarrist der Band Mydy mussten umdenken, um die komplexen Pop-Songs mit Elektro-Beats in eine Form zu bekommen, die sie auch im Zug spielen können, erläutert Žofie:

„Das einzige, worüber wir uns Gedanken gemacht haben, war der Soundcheck in Berlin, weil wir nicht vor Ort sein können. Das ist etwas sehr Ungewöhnliches für uns Musiker, aber der Rest der Band meinte, es wäre okay. Die Fahrt und die Auftritte hier sind eine nette Herausforderung, die wir gern angenommen haben. Wir hatten richtig Spaß, hier zu spielen, und ich glaube, wir werden auch bei den weiteren Auftritten Spaß haben“, sagte die Sängerin.

Žofie Dařbujánová von der Band Mydy mit Gitarrist | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International

„Ein Zug ist das Beste zur Völkerverständigung“

Žofie zeigte sich als großer Fan der Idee eines Kulturzuges, der die Völkerfreundschaft feiert und wünscht sich mehr derartige Veranstaltungen, verriet sie im Interview:

„Ich mag das Konzept und die Idee dahinter sehr gerne. Ich würde mir wünschen, dass das so etwa nochmal stattfindet und das keine einmalige Sache ist. Das wäre toll.“

Rudiš' Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International

Ein Zug ist aber nicht nur eine gute Bühne für Kunst, meint Jaroslav Rudiš. Seit seinen Kindesjahren fährt der Schriftsteller aus einer Eisenbahnfamilie regelmäßig mit dem Zug. Für ihn sei er nicht nur das ideale Verkehrsmittel für Reisen, sondern auch perfekt dafür geeignet, das Jubiläum des Zukunftsfonds zu feiern und Völkerverständigung zu betreiben, so Rudiš:

„So wie sich der Fonds zwischen Tschechien und Deutschland bewegt, tue ich das auch. Ich war bereits an mehreren Projekten des Zukunftsfonds beteiligt. Ich finde ihre Arbeit großartig, denn sie trägt sehr viel dazu bei, dass sich Tschechen und Deutsche besser verstehen. Die Eisenbahn ist für diesen Anlass das perfekte Verkehrsmittel, weil auf dieser Strecke im Speisewagen immer wieder Deutsche und Tschechen zusammentreffen.“

Dass sich Menschen aus beiden Ländern auch weiterhin begegnen, nicht nur in den Speisewägen, dafür wird der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds auch in Zukunft sorgen. Ein Ende der Zusammenarbeit ist noch lange nicht in Sicht, vor Allem nicht, wenn die Beziehungen zwischen den zwei Ländern so gut sind wie jetzt gerade.

Der Zug des Zukunftsfonds in besonderer Lackierung | Foto: Daniel Grabowski,  Radio Prague International