Nur vom Teufel erobert: Wasserburg Švihov / Schwihau

Zu sehen ist sie schon aus der Ferne: die stolze Wasserburg Švihov / Schwihau, die in Westeböhmen unweit von Klatovy liegt. Es lohnt sich jedoch, sich das spätgotische Bauwerk auch einmal näher anzuschauen, denn einige der Räumlichkeiten sind gut erhalten geblieben. Falls Ihnen die Burganlage bekannt vorkommt, ist es kein Wunder, denn einige Szenen für den Film „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ wurden in Švihov gedreht.

Die einstigen Burgherren von Švihov stammten aus dem Drslavic-Geschlecht, das sich in dieser Region im Mittelalter niederließ. Švihov wird zum ersten Mal im 12. Jahrhundert erwähnt, sagt der heutige Burgherr, Kastellan Lukáš Bojčuk.

Lukáš Bojčuk
„Damals befanden sich auf dem Hügel oberhalb der heutigen Stadt Švihov eine Festung und ein kleines Stadtchen. Während des 13. und 14. Jahrhunderts wurde eine Festung im Tal am Fluß Úhlava erbaut. Durch das Tal führte damals ein Handelsweg, der über Železná Ruda / Markt Eisenstein bis nach Bayern führte. Zur selben Zeit, als die Festung erbaut wurde, wurde auch die Gemeinde Namens Švihov gegründet. Mit der Zeit ist sie zur Stadt gewachsen.“

Die Festung wurde von den Hussiten erobert. Die Wasserburg, die bis heute erhalten geblieben ist, wurde um die Wende des 15. und 16. Jahrhunderts erbaut. Die Burg wurde dem Kastellan zufolge nicht direkt von Půta Švihovský errichtet, wie es oft in den Touristenführern heißt. Půta ließ die ursprüngliche kleinere Burg umbauen. Der Umbau begann 1480 und wurde erst von Půtas Söhnen beendet. Půta Švihovský z Rýzmberka konnte sich den teueren Bau dank seiner Stellung leisten.

„Půta Švihovský war der oberste Richter im Königtum Böhmen, also ein reicher Herr mit viel Macht und Einfluss. Für die damalige Zeit war er hoch gebildet, er beherrschte einige Sprachen. Zudem reiste er sehr viel. Von seinen Reisen soll er einen Affen nach Švihov mitgebracht haben. Für die Europäer war das damals ein exotisches Tier. Und die Leute haben ihn oft mit dem Teufel verwechselt. In der unweit gelegenen Burg Rabí gibt es eine Sage darüber, wie ein Teufel in den Wald geflohen ist und die Dorfbewohner ihn gefangen und getötet haben. Půta hat die Leute dann für ihre Dummheit bestraft, weil sie den Affen für einen Teufel hielten.“

Půta Švihovský gelang es, das innere Burgareal fertig zu bauen, das heißt die Paläste, die Burgmauern sowie die Kapelle. Dort findet man die Jahreszahl 1489. Švihov habe Švihovský viel Geld gekostet, sagt der Kastellan:

Wasserburg Švihov / Schwihau  (Foto: Autorin)
„Man sagt, dass er die Steuern rasant erhöhte und streng gegenüber seinen Untertanen war. Dies ist der reale Grund für die vielen Sagen, die später entstanden sind, und Půta nicht gerade positiv darstellen. Es wird behauptet, dass ihn für seine bösen Taten der Teufel geholt habe. Denn Půta starb plötzlich während eines Gewitters im Jahre 1504.“

Půtas Söhne haben den Bau der Burg beendet. Sie sollen auch den bekannten Baumeister Benedikt Rieth aus Piesting eingeladen haben, der beispielsweise die St. Barbara-Kirche in Kutná Hora baute. Auf der Burg gibt es einige architektonische Elemente, die für seinen Stil typisch waren.

Mitte des 16. Jahrhunderts kaufte die Familie Kavka von Říčany die Burg und ließ das Interieur im Renaissancestil neu gestalten. Ende des 16. Jahrhunderts kauften die Czernins von Chudenice die Burg. Nach dem Dreißigjährigen Krieg sollte Švihov ähnlich wie einige weitere Burgen auf Befehl von Kaiser Ferdinand III. abgerissen werden, um zu verhindern, dass die strategisch wichtigen Festungsanlagen von Gegnern genutzt werden. Der Kastellan:

„Mit dem Abriss wurde begonnen, die Wassergräben wurden verschüttet und ein Teil der Befestigungsmauern wurde niedergerissen. Die Familie Czernin war jedoch einflussreich und es gelang ihr, die Abbrucharbeiten zu stoppen. Daher ist die Burg bis heute erhalten geblieben. Die Czernins nutzten danach die Burg Jahrhunderte lang nur als Wirtschaftsgebäude und Speicher. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel die Burg an den Staat. Bereits im Jahr 1947 wurde beschlossen, die einzigartige Sehenswürdigkeit für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Jahrzehnte lang wurde die Burg dann restauriert, und die Restaurierungsarbeiten dauern bis heute. Nachdem die Innenräume fertig waren, begann man vor kurzem mit der Fassadenrenovierung.“

Die Burg wurde im Unterschied zur mittelalterlichen Festung, die von den Hussiten stark beschädigt wurde, nie erobert. Sie lag auf einer künstlich geschaffenen Insel und verfügte über ein gutes Befestigungssystem, erzählt Lukáš Bojčuk:

„Bestandteil des Wassergrabensystems waren Teiche, die bei Gefahr abgelassen werden konnten. Dadurch verwandelten sich die Wiesen in der Umgebung der Burg in einen Sumpf. Darin bestand das Prinzip des Verteidigungssystems. Den eventuellen Eroberern gelang es nicht, mit der schweren Technik näher zur Burg zu gelangen. Niemand versuchte, die Burg zu erobern, bis auf die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs. Damals ist das schwedische Heer zweimal durch die Region gezogen. Zum ersten Mal haben die Schweden das Städtchen niedergebrannt. Beim zweiten Mal war die Burg deren Ziel. Aus der Burg hat damals jemand mit dem Gewehr auf die Soldaten geschossen. Die Schweden gaben daraufhin ihr Vorhaben auf. Denn sie wollten nicht umsonst die Kräfte verschwenden. Wie sie gesehen hatten, hatte es keinen Sinn, die Eroberung der Burg zu versuchen.“

Der Rundgang durch die Burg beginnt üblicherweise in der roten Bastei, einer der Verteidigungsbasteien. In diesem Raum sind einzigartige Wandgemälde erhalten geblieben, die Ritterturniere darstellen. Sie entstanden um das Jahr 1520. In der Roten Bastei kann man sich eine Vorstellung davon machen, wie die Burg im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts - also in ihrer Blütezeit – aussah. In dem spätgotischen Raum ist auch ein Modell der Burg platziert.

„Das Modell wurde aufgrund der archäologischen Ausgrabungen gebaut, die hier in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts durchgeführt wurden. Beim Bau des Modells ging man zudem von einer einzigartigen historischen Darstellung aus: In der Burgkapelle ist ein Wandgemälde erhalten geblieben, auf dem die Burg zu so sehen ist, wie sie 1520 aussah.“

Damit sind wir für heute schon am Ende unseres Ausflugs zur Burg Švihov angelangt. Den Rundgang durch die Wasserburg auf den Spuren von Herrn Půta Švihovský, den angeblich der Teufel geholt hatte, werden wir in der nächsten Ausgabe des Reiselands fortsetzen.

Fotos: Autorin

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