Nur vom Teufel erobert: Wasserburg Švihov / Schwihau (II)
Wenn man aus Pilsen nach Klatovy / Klattau fährt, kann man sie nicht übersehen: die Wasserburg Švihov / Schwihau. Vor allem in der Sommersaison kann sich die nie eroberte Burg über Mangel an Besuchern nicht beklagen. In der letzten Ausgabe des „Reiselands Tschechiens“ haben wir ihnen die Burg vorgestellt und versprochen, die Führung fortzusetzen.
In Švihov erfahren die Besucher, wie man auf einer Burg in der Zeit des Übergangs vom Mittelalter zur Renaissance gelebt hat. Liebhaber der Ritterzeit können dabei unter zwei Rundgängen wählen, erzählt der heutige Burgherr, Kastellan Lukáš Bojčuk:
„Der erste Rundgang konzentriert sich auf das Leben der Adeligen. Dabei werden die Repräsentationsräume gezeigt. Der zweite Rundgang ergänzt die Führung durch die Burg um die Besichtigung der Kellerräume, der Waffenkammer, der schwarzen Küche und einiger weiteren Räumlichkeiten.“Der Bau der Wasserburg ist mit Půta Švihovský z Rýzmberka und seinen Söhnen verbunden. Später kaufte die Adeligenfamilie Kavka von Říčany die Burg und seit dem Ende des 16. Jahrhunderts gehörte sie den Czernins von Chudenice. Die Czernins nutzten die Burg jedoch Jahrhunderte lang nur als Wirtschaftsgebäude und Speicher. Aus diesem Grund mussten die Dächer ständig instand gehalten werden und dank dessen kann man bis heute die einzigartigen Wandgemälde in der Burg bewundern.
Mit der Führung durch die Burg haben wir in der vergangenen Ausgabe des „Reiselandes“ begonnen und zwar wie fast alle Besucher in der Roten Bastei. Aus der Bastei geht es weiter in die erste Etage. Im Eingangssaal kann man eine Kopie des Grabmals von Půta Švihovský z Rýzmberka besichtigen. Der einstige Burgherr ist in der Klosterkirche der nahen Stadt Horažďovice bestattet. Aus dem Eingangssaal der Burg geht es steil die Treppen nach oben. Der Kastellan führt die Besucher hinauf und öffnet mit einem riesigen Schlüssel eine schwere Tür:„Wir befinden uns in der Burgkapelle – der Maria-Himmelfahrtskapelle. Sie ist der am besten erhaltene spätgotische Raum der Burg. Das Wandgemälde stellt die Legende des heiligen Georgs dar. Auf dem Gemälde ist die Burg abgebildet – so wie sie um das Jahr 1520 ausgesehen hat.“
Weiterhin werden Gottesdienste in der gotischen Kapelle abgehalten, allerdings nur zu feierlichen Anlässen. Einige Mal im Jahr finden hier auch Kammerkonzerte statt, genauso wie im großen Tanzsaal. Der Tanzsaal wird oft auch als Trauungssaal genutzt, erzählt der Kastellan:„Hier möchte ich daran erinnern, dass die Burg eine Zeit lang als Speicher gedient hat. In diesem Saal hat man die Speicherfenster aufrechterhalten, um zu zeigen, wie es hier zu dieser Zeit ausgesehen hat. Die Kassettendecke aus der Renaissancezeit stammt nicht von der hiesigen Burg. Sie wurde erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in Švihov installiert. Die gemalte prunkvolle Holzdecke stammt aus dem Schloss in Dobrovice bei Mladá Boleslav, die vor etwa 60 Jahren in eine Zuckerfabrik umgewandelt wurde. Die Renaissancedecke war sehr groß, und man wusste nicht, wohin mit ihr. Da sie ungefähr der Fläche dieses Tanzsaals entsprach, wurde sie schließlich nach Švihov übertragen.“
Im nächsten Saal sind die Tische gedeckt, und man stellt sich vor, das Festessen muss in jeder Sekunde beginnen. Interessant sind nicht nur die Schüsseln und Gläser, die aber natürlich leer sind:„In diesem Saal sind einige Wandgemälde erhalten geblieben, die jünger als die Wandmalereien in der Kapelle sind. Sie stammen aus der Renaissancezeit. Die Möbel, die hier zu sehen sind, wurden aus anderen Burgen und Schlössern nach Švihov gebracht. Da hier Jahrhunderte lang niemand mehr gewohnt hat und der Raum als Lagerraum genutzt wurde, ist von de ursprünglichen Ausstattung nichts erhalten geblieben.“
Neben den einstigen Repräsentationsräumen ist aber auch die so genannte schwarze Küche interessant.
„Die Burgküche war früher einem anderen Bau angeschlossen, der heute nicht mehr steht. Hier in der Mitte hat man auf offenem Feuer gekocht. Zu einem Brand ist es hier nicht gekommen, soviel ich weiß. Aber die Stadt Švihov ist einige Mal abgebrannt. Durch einen Brand wurde sie beispielsweise in der Zeit stark beschädigt, als man begann, die Burg abzureißen. Die Steine wurden dann für den Bau neuer Häuser benutzt. Damit ist Švihov eine der ersten Städte in der Region, die auf dem Marktplatz Häuser aus Stein hatte.“Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel die Burg dem Staat zu. 1947 wurde beschlossen, die gotische Wasserburg für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Jahrzehnte lang wurden die alten Gemäuer restauriert. Die Arbeiten werden praktisch bis heute fortgesetzt. Die Innenräume sind inzwischen restauriert worden. Im Augenblick wird der Außenputz erneuert. Auch wenn es erstaunlich klingen mag, wird auf dem Burggelände immer noch gebaut. Ein Teil der Befestigung, die nach dem Dreißigjährigen Krieg auf Befehl des Kaisers abgerissen werden musste, wurde 2007 wieder aufgebaut.
Im Übrigen war Švihov stark von der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2002 betroffen. In der Stadt mussten einige Häuser sogar abgerissen werden. Nach der Flutkatastrophe dachte man daran, einen Hochwasserschutzwall hinter der Burg zu errichten. Der Kastellan dazu:„Anstelle dessen wurde aufgrund des ursprünglichen Grundrisses der Burg ein Teil der Befestigungsmauer aufgebaut. Diese ist etwa zwei Meter hoch.“
Der Kastellan hält es jedoch kaum für möglich, dass die Befestigungsmauer in ihrer ursprünglichen Form wieder komplett aufgebaut werden könnte. Was wünscht sich der Burgherr sonst?
„Ich wünsche mir, dass uns die Leute treu bleiben, und dass sie kommen, sich die Burg anzuschauen. Zudem wäre ich froh, wenn sie mit der Burg anständig umgehen, denn der Ort verdient es. Was die Bau- und Restaurierungsarbeiten betrifft, wünsche ich mir, dass der Wille aufrechterhalten wird, die zerstörten Teile der Burg zu retten.“
Die Burg Švihov ist täglich außer Montag geöffnet. Für die Abenteuerlustigen abschließend noch ein Tipp: Am 4. und 5. Juli können Sie an dem Versuch zur Eroberung der nie eroberten Burg teilnehmen.
Fotos: Autorin