Olympia: Tschechin Ledecká sorgt für faustdicke Sensation im Super-G
Der 17. Februar 2018 wird auf ewig in die olympische Sportgeschichte eingehen. Denn in einem Wettbewerb des alpinen Skisports, dem Super-G der Frauen, setzte sich eine Athletin durch, die vorrangig in einem anderen Metier startet: Snowboard-Weltmeisterin Ester Ledecká aus Tschechien.
„Ich will eigentlich immer gewinnen, doch diesmal ist es mir wirklich gelungen. Das hat mich selbst überrascht, aber ich denke, alle anderen auch“, sagte die Olympiasiegerin mit einigem Abstand zum Rennen gegenüber dem Tschechischen Rundfunk.
Unmittelbar nach ihrer Zieldurchfahrt war sie aber noch völlig paff. Sekundenlang stand sie im Zielraum und wollte gar nicht glauben, was da auf der Anzeigetafel stand. Dem Kameramann der Live-Übertragung, der ihr sagte, sie sei Olympiasiegerin, entgegnete sie nur ein ungläubiges „No“. Und auf spätere Fragen der Journalisten, warum sie nicht sofort gejubelt habe, erwiderte die Tschechin, sie hätte gedacht, dies sei ein Fehler der Zeitmessung gewesen.Während die Sensationssiegerin im Superriesenslalom ihr Glück auch später immer noch nicht fassen konnte, freuten sich ihr nahe stehende Personen umso mehr. Vor allem Esters Vater, der Musiker Janek Ledecký, rang mit sich selbst und seinen Freudentränen:
„Das ist eine ungemeine Genugtuung. Ester hat sich das wirklich verdient, denn was sie alles für ihren Sport opfert und tut, kann sich kaum jemand vorstellen.“Janek Ledecký verwies damit indirekt auf die Leidensgeschichte, die seine Tochter vier Jahre zuvor durchlebt hatte. Denn zu den beiden Snowboard-Wettbewerben bei den Olympischen Spielen in Sotschi trat Ledecká mit Schmerzen in der Bandscheibe an. Nur einen Monat später bekam sie vom renommierten Prager Physiotherapeuten Pavel Kolář sogar die niederschmetternde Nachricht, dass ihre Karriere wegen des Bandscheibenvorfalls wohl beendet sei. Er habe zwar ein Reha-Programm entwickelt, doch das sei noch nicht ausgereift, und die Chancen auf eine Genesung lägen nur bei 15 Prozent, zitiert Ledecký noch heute die Aussagen des medizinischen Fachmanns. Seine Tochter aber habe dies nicht abschrecken können: Sie sei fünfmal die Woche für je anderthalb Stunden zur Rehabilitation gegangen und habe bestimmte Übungen zudem täglich noch drei Stunden lang zu Hause ausgeführt, schilderte Ledecký in einem Zeitungsinterview.
Aber nicht nur deswegen war und ist der Olympiasieg von Ester Ledecká im Super-G eine Sensation. Die Sportwelt kannte sie bisher vor allem als ausgezeichnete Snowboardfahrerin. Sie ist Weltmeisterin in beiden Parallel-Wettbewerben, dem Slalom und dem Riesenslalom. Deshalb rechneten selbst die tschechischen Fans nicht damit, dass sie in einer alpinen Konkurrenz etwas gewinnen würde. Alan, ein Fan aus Ostrava / Ostrau, besuchte mit Freunden daher auch das zeitgleich laufende Eishockeyspiel zwischen Tschechien und Kanada. Im Tschechischen Haus, in dem später kräftig gefeiert wurde, bestätigte er:„Wir waren beim Eishockey und wollten es gar nicht glauben, als wir auf unsere Handys schauten. Und unsere Eishockeyspieler dachten nur, sie hat im Snowboardrennen gewonnen, und nicht im Super-G.“
Ester Ledecká aber hat allen gezeigt, dass sie auch auf Skiern sehr gut unterwegs ist. Am Donnerstag will sie nun den Grundstein für eine weitere Medaille im Snowboardfahren legen. Dann startet sie in der Qualifikation des Parallel-Riesenslaloms.