Palais Waldstein wurde für die Öffentlichkeit geöffnet

Herzlich willkommen, verehrte Hörerinnen und Hörer, zum heutigen Spaziergang durch Prag. Am Mikrofon begrüßt Sie Martina Schneibergova. Den Generalissimus Albrecht von Waldstein würde vielleicht die Tatsache erfreuen, dass sein Palast auf der Prager Kleinseite nach Jahrhunderten zum Sitz des Oberhauses des tschechischen Parlaments geworden ist. Ob jedoch der Herzog von Friedland von der neugierigen Menschenmenge begeistert wäre, die am vergangenen Wochenende durch die Räumlichkeiten seiner Residenz marschierte, ist kaum einzuschätzen. Denn seit März ist das Palais Waldstein auch für die Öffentlichkeit geöffnet.

Die Prager Kleinseite, die man Palais- und Residenzstadt genannt hat, war 1621 Zeuge eines einzigartigen Ereignisses. Albrecht von Waldstein, der spätere Herzog von Friedland, kaufte dort 26 Häuser auf, die er danach abreißen ließ. Drei Jahre später begannen Andrea Spezza und Nicolo Sebregondi unter der Leitung des Architekten Giovanni Pierroni auf der freigewordenen Fläche einen monumentalen Barockpalast zu bauen. Das Palais, das zur Zeit des Dreißigjährigen Krieg erbaut wurde, war der erste monumentale, profane Barockbau Prags. Es nimmt das Terrain von 26 Häusern und drei Gärten ein, außerdem ging der Renaissance-Palast der Herren Trcka z Lipy in Waldsteins Nachfolgebau auf.

Der Rohbau des Palastes wurde überraschend schnell beendet. 1627 waren auch schon die herrliche Salla terrena und der italienische Garten fertig, für den der holländische Bildhauer Adrian de Vries eine Serie von Bronzeplastiken schuf, die mythologische Gestalten darstellten. Diese Plastiken haben die Schweden 1648 mit nach Hause genommen und im Schloss Drottningholm untergebracht. Im Waldstein-Garten wurden die Plastiken durch originaltreue Kopien ersetzt.

Ungefähr 1630 wurden auch die Arbeiten an der inneren Ausschmückung des Palastes beendet, deren Dominante das Deckengemälde von Baccio Bianco war, das Albrecht von Waldstein selbst als Mars auf einem Kriegswagen darstellte. Die Herrlichkeit seiner Prager Residenz konnte Waldstein jedoch nur vier Jahre lang genießen. Wie hinlänglich bekannt wurde er 1634 in Cheb/Eger ermordet. Sein Besitztum wurde konfisziert, Waldsteins Witwe durfte jedoch den Palast noch nutzen. Später wurde er Albrechts Neffen, Maxmilian von Waldstein, verkauft. Familie Waldstein besaß den Palast bis 1945, als er zum zweitenmal konfisziert wurde. Es blieb in den böhmischen Ländern allerdings ein Ausnahmefall, dass eine einzige Adelsfamilie ein historisches Objekt so lange besaß.

Diese Tatsache trug zweifelsohne dazu bei, dass der Gebäudekomplex nur wenig beschädigt war. Die Familie Waldstein hatte in der Vergangenheit sogar versucht, den gesamten Baukomplex in seinen Originalzustand zu versetzen. Im 18. Jahrhundert ließen die Waldstein beispielsweise Kopien der 1648 von den schwedischen Söldnern geraubten Plastiken im Palastgarten ausstellen. Während des kommunistischen Regimes war der Palast Sitz verschiedener Ministerien - u.a. des Kultusministeriums. Dieses sorgte für die notwendigste Instandhaltung des Gebäudekomplexes, der einem Schlossareal sehr ähnlich ist. Den Bürokraten gefiel es jedoch in den Räumlichkeiten so gut, dass sie es lange Zeit hartnäckig abgelehnt hatten, den wertvollen Palast zugänglich zu machen.

Wie anfangs erwähnt wurde, ist das Waldstein-Palais inzwischen zum Sitz des Senats des tschechischen Parlaments geworden. Nach fünf Jahren wurde die anspruchvolle Rekonstruktion in diesem Jahr beendet. Die Kosten für die Renovierungsarbeiten erreichten eine Milliarde Kronen, die aus dem Senatsbudget bezahlt wurde. Vor der Rekonstruktion war das Palais in einem schlechten Zustand, wobei die Statik des Gebäudes das größte Problem darstellte. Während der Rekonstruktion wurden interessante Entdeckungen gemacht - man fand dort beispielsweise alte Kellerräumlichkeiten, ursprüngliche Wandgemälde und Originalpflaster.

Nicht alle Funde werden jedoch der Öffentlichkeit präsentiert. Wichtig war beispielsweise der Fund der Überreste des sogenannten Trcka-Hauses aus der Renaissancezeit, über dessen genaue Lage sich die Historiker gestritten haben. Bestandteil des Areals ist der Waldstein-Garten. Die erste Etappe seiner Rekonstruktion, die ca. 27. Mio. Kronen kostete, wurde beendet. In diesem Jahr wird die zweite Etappe der Renovierungsarbeiten verwirklicht.

Das Hauptgebäude des Waldstein-Palastes ist ein großer zweistöckiger Frühbarockbau, der neben zahlreichen Sälen und kleineren Räumlichkeiten auch sieben Treppenhäuser, eine Kapelle und die bereits erwähnte Sala terrena enthält. Bis heute wurde zwar das Palais als ein außerordentliches architektonisches Kleinod wahrgenommen, das jedoch unzugänglich war. Die Besucher können nun die aus künstlerischer Sicht wertvollste erste Etage besichtigten. Betreten kann man auch einige Räumlichkeiten der zweiten Etage.

In dem sogenannten Mythologischen Gang mussten die Malereien von Baccio Bianco renoviert werden. Auch in Waldsteins Arbeitszimmer wurde die ursprüngliche Ausschmückung des Zimmers aus der Barockzeit rekonstruiert. Eine besondere Aufmerksamkeit wurde der Beleuchtung geschenkt. Zum Teil wurden die erhalten gebliebenen Kronleuchter wieder benutzt. Der Großteil der Beleuchtung wurde nach historischen Vorlagen, jedoch individuell für jeden Saal neu hergestellt.

Die Besucher können eine Ausstellung über die Zeit von Albrecht von Waldstein besichtigen. Sie betreten den Palast durch die Eingangshalle, über eine Barocktreppe kommen sie in den Hauptsaal, dem der Rittersaal folgt. Des weiteren kann man zur Zeit den Audienzsaal und den Ovidius-Gang besichtigen.

Das Palais Waldstein ist vorläufig jeden Samstag und Sonntag von 10 bis 16 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. Der Gedanke, Eintrittsgeld für die Besichtigung des Palastes zu verlangen, wurde nämlich von einem Teil der Senatoren kritisiert. Der Kanzler des Oberhauses, Pavel Pelant, ist jedoch der Meinung, dass man künftig für eine Führung durch den Waldstein-Palast doch einen Obolus zahlen sollte. Das Eintrittsgeld könnte dann - so Pelant - für die Verwaltung der Kunstsammlungen im Palast benutzt werden.