Pferdestall in Cesov

Pferdestall in Cesov

Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, zu einer weiteren Ausgabe von Regionaljournal. Heute werden sie mit Dagmar Keberlova einen Ort besuchen, in dem sich, auch wenn es sich nur um einige Hektar Land handelt, die Geschichte des Landes sehr gut verfolgen lässt. Ein Pferdestall im ostböhmischen Cesov bei Jicin birgt einige Überraschungen, die zu entdecken sich lohnt. Hierzu laden sie jetzt meine Kollegen ein.

Pferdestall in Cesov
Jetzt denken Sie sich liebe Freunde, dass sie in einem spanischen Strandort angelangt sind. Dieses Gefühls konnte ich mich eine Zeit lang ebenfalls nicht erwehren als ich inmitten der böhmischen Ebene, in einem fast möchte man sagen Gott verlassenem Ort, diese Musik hörte. Der graue Himmel, der in diesen Breiten fast den ganzen Winter ohne Sonne auskommen muss, schien plötzlich aufzureißen und die spanische Sonne kam zumindest gefühlsmäßig etwas heraus. Wie hängt dies alles mit dem Pferdestall in Cesov zusammen? Die Erklärung liegt in dem Namen der Pferderasse, die dort von Frau Jana Valova gezüchtet wird, Andalusier nämlich. Dieses Gestüt ist eines von zweien, die sich in Tschechien der Zucht dieser Pferderasse widmen. Der in Cesov zeichnet sich durch eine einmalige Atmosphäre aus. Warum die Pferde während des Trainings spanische Musik zu hören bekämen, fragte ich ganz erstaunt Frau Valova. Sie sagte mir, dass diese Pferde ein bisschen wie die Spanier selbst sind: Sie haben ein warmes Herz, brauchen einen warmherzigen Menschen als Trainer und eben auch Musik. Sobald sie diese hören, seien sie viel fröhlicher und auch das Trainieren mache ihnen mehr Spaß. Und was sie kurz nach unserer Ankunft vorführen, ist tatsächlich wunderschön - diese barocken Pferde sind zur Schau bestimmt und sie freuen sich offensichtlich, dass sie heute beim Training ein Publikum haben. Ihr Trainer meinte sogar, in unserer Anwesenheit würden sie mehr machen als wenn er alleine im Stall ist. Wir schauen ganz entzückt dem Training aller sechs Pferde zu, das bei angenehmen Rhythmen und mit viel Licht im Stall statt findet, denn es soll ein Ersatz für die spanische Sonne sein, die den Pferden fehlen könnte, sagt Jana Valova. Wenn das Training zu Ende ist, begleiten wir die Pferde in den Stall zu ihrer Siesta, die sie wie jeder Spanier auch machen. Jedes Pferd hat einen spanischen Namen und bei jeder Box steht auf spanisch geschrieben: pura raza espanola, rein spanische Rasse. Endlich sind die Pferde zugedeckt und bevor sich der Trainer verabschiedet, erklärt er sich für ein kurzes Interview bereit. Roman Kminek trainiert die andalusischen Pferde seit Dezember letzen Jahres. Wie diese im Vergleich zu anderen Pferderassen seien, erklärte er uns wie folgt:

"Ich spezialisiere mich vor allem aufs Springen, so habe ich viele verschiedene Rassen kennen gelernt, russische, deutsche, englische, aber man kann sie nicht vergleichen. Die andalusischen Pferde sind viel gescheiter, so lernen sie viel schneller, die guten und aber auch die schlechten Dinge. Sie begreifen alles sehr schnell und man kann mit ihnen große Fortschritte machen. Da sie aber zu gescheit sind, darf man sie nicht überlasten. Ein Training von zwei Stunden kommt bei ihnen nicht in Frage, sie könnten sich ärgern und aufhören, mitzumachen."

Zweimal pro Woche kommt Roman Kminek nach Cesov, um seine Spanier zu trainieren. Die Musik dazu sei eine angenehme Begleitung:

"Ja, es ist ein Zusatz. Erstens sieht es besser aus, zweitens nehmen die Pferde die Musik wirklich wahr und arbeiten besser mit den Füßen. Sie hören der Musik zu und reagieren besser. Dazu sind es Pferde, die sich gerne aufführen, und wenn sie die Musik hören, machen sie es noch lieber."

Mit einer anderen Musik wären sie nicht so erfolgreich, die schnelle spanische wäre einfach die beste. Roman Kminek trainiert Pferde in verschiedenen Ställen professionell, er hat es aber in keiner Schule gelernt, sondern ist damit aufgewachsen. Früher war es noch für breiteres Publikum zugänglich, sagt er, heute sei es sehr stark mit Geld verbunden. Die spanischen Pferde nehmen aber an keinen Wettbewerben in Tschechien teil, weil man hier nicht weiß, wie man sie bewerten sollte. Trotzdem trainiert er sie aufgrund ihres Temperaments sehr gern, sie seien zum Schauen und für Paradeauftritte bestimmt.

Jana Valova
La casa de alegria - "Das Haus der Freude" heißt der Stall der Frau Valova und dieser Name passt perfekt. Diese Freude strahlt Frau Valova unermüdlich aus und ihre Begeisterung, Freundlichkeit und gute Laune macht sie hier genauso besonders wie die Sonne im Winter. Frau Valova hat wahrscheinlich ihre Freude aus den 30 Jahren in Australien geschöpft, die sie dort als Emigrantin verbrachte. Warum gerade dort?

"Ich bin im Jahre 1969 emigriert. Es war eine schwierige Entscheidung, aber ich bin am Ende emigriert, weil ich große Schwierigkeiten hatte. Australien deshalb, weil ich mir gedacht habe, dass wenn ich so weit vom Kommunismus sein werde, er mich nicht mehr erreichen könne."

Sie sah dort auch große Zukunft für ihre Kinder. Die Anfänge waren alles andere als leicht, da sie kein Englisch konnte. In ihrer Arbeit im Bereich der Biologie hat sie sich unter anderem auch deshalb gut verteidigen können, weil sie Hennen töten konnte - dies lernte sie auf dem Gut zu Hause - übrigens auf dem selben, wo wir heute zu Besuch sind, bevor dieses die Kommunisten beschlagnahmt hatten - noch in der damaligen Tschechoslowakei. Zurück ins Land kam sie erst nach dem Jahre 1989. Die Rückkehr sei sehr schwierig gewesen, aber jetzt ist sie seit 10 Jahren hier. Warum, wenn sie sich mehr in Australien als in Tschechien zu Hause fühlt? Das Gut und die Pferde halten sie fest in Cesov, sie wollte das Gut nicht vollkommen verfallen lassen und dachte sich, wenn es ihr eines Tages in Tschechien nicht mehr gefällt, kann sie immer auch mit den Pferden nach Australien zurückkehren. Sie ist lieber gar nicht zurückgefahren, im vergangenen Jahr war sie zum ersten mal wieder in Australien. Wie und wann hat Frau Valova eigentlich dien spanischen Pferde kennen gelernt?

"Vom Erzählen kannte ich sie seit Jahren, aber zum ersten mal sah ich sie erst in Australien. Ich fuhr dort an ihnen jeden Tag in die Arbeit. Dort standen sie immer wie Prinzen. Da ich auch Gemüse angepflanzt habe, habe ich es dort immer verkauft und diese Pferde bewundert. Seitdem wollte ich sie immer haben und ich dachte mir, wenn die Kinder mit dem Studium fertig sind, werde ich sie mir kaufen. Das war aber gerade zu der Zeit, als der Eiserne Vorhang gefallen ist und so habe ich sie erst hier gekauft."

Jana Valova fuhr dann nach Spanien und hat sie dort in der Nähe von Barcelona gekauft. Warum gerade diese Pferde? Weil sie einfach anders sind, weil sie dem Menschen etwas vom Herzen geben wollen, sagt Frau Valova lachend und gibt zu, dass sie glaube, dass dies auch viele Spanier hätten. Sie hat sehr viel Energie, die man wahrscheinlich unbedingt braucht, wenn man als alleinstehende Frau ein Gut mit sechs Pferden aufrechterhalten will. Sechs Pferde kann sie gerade noch gut finanziell schaffen, mehr ginge nicht. Die Pferde würden auch die Männer erschrecken, wenn sie kommen und Jana Valova sagt: "Das sind meine sechs leeren Mägen", drehen sich die Männer gleich um und verschwinden wieder. Nicht nur einen Mann zu finden sei schwierig, sondern vor allem auch einen Trainer für ihre Pferde denn:

"Das spanische Pferd braucht Herz und einen warmherzigen Menschen und er muss sie spüren können. Wenn er das nicht kann, gibt es keine "performance".

Sie hätte 20 Menschen angesehen, bis sie ihren aktuellen Trainer, mit dem sie sehr zufrieden ist, gefunden hatte. Die Pferde selbst seien in Tschechien nicht sehr bekannt. Eines ihrer Pferde, die Garbarita, sei der erste andalusische Pferd, der in Tschechien geboren wurde. Dieses Pferd sei auch das einzige, das fremde Menschen auf seinem Rücken vertrage, alle andere seien nur auf ihren Trainer gewöhnt. Zu Pferdefiestas fahre Frau Valova nicht, sie hat aber etwas besseres ausgedacht:

"Das ist auch ein historischer Moment. Jeder hat mir immer gesagt, warum gehe ich mit den Pferden nirgends hin. Ich kann aber mir einem oder zwei Pferden fahren und alle darf ich nicht mitnehmen. Alle haben aber das Recht mitzukommen, dass einer zu Hause bleibt, kommt nicht in Frage. Deshalb entschied ich mich, die Schau zu Hause zu machen. Am Ende kamen 160 Leute und es war ein großes Fest."

Als wir uns die Aufnahmen von der Schau angesehen haben, haben wir angefangen, uns auf die nächste Schau im August zu freuen, zu der wir hoffen, eingeladen zu werden.