Neuer Trendsport: Hobby Horsing erobert Tschechien im Galopp
Das Hobby Horsing ist ein durchaus ungewöhnlicher Trendsport. Mit Steckenpferden aus Holz und Plüsch bestreiten meistens Kinder etwa Turniere im Parcours oder Springreiten. In der tschechischen Gesellschaft werden die Sportler aber häufig belächelt.
Quidditch, Kin-Ball oder Unterwasserhockey – außergewöhnliche Sportarten gibt es so einige. Gerade auch in Tschechien immer beliebter ist das sogenannte Hobby Horsing. Der Name kommt vom „hobby horse“, also einem Steckenpferd, das heißt: einer Pferdeattrappe aus Plüsch, die sich an einem Holzstock befindet. Dass ein solches Steckenpferd nicht nur dem Spiel, sondern auch dem Sport dienen kann, zeigt das Hobby Horsing. Barbora Fialová ist die Vorsitzende des neuen Tschechischen Hobby-Horsing-Verbandes (CHHA). Im Interview mit Radio Prag International sagt sie:
„Die Sportler können eine Disziplin auswählen, in der sie antreten wollen. Das kann die klassische englische Reitweise sein, also etwa Springreiten, Dressur, Mächtigkeitsspringen oder Pferderennen. Möglich ist aber auch die Westernreitweise, vor allem Trail und Western Horsemanship.“
Der jeweilige Reitstil bestimmt aber nicht nur, welche Bewegungen man mit dem Holzpferd zwischen den Beinen ausführt, sondern auch das Outfit der Sportler hängt davon ab. Während die Sportler, die meist noch Kinder oder Jugendliche sind, bei der englischen Reitweise im schwarzen Frack und mit Zylinder antreten, dominieren beim Western Cowboy-Hüte und Holzfällerhemden. Pflicht sind diese Kostüme allerdings nicht. Wer in simpler Turnkleidung zu einem Turnier erscheint, darf deshalb nicht mit einer Punktstrafe belegt werden.
Seinen Ursprung hat das Hobby Horsing in Finnland. Barbora Fialová betont aber, dass sich der Sport derzeit vielerorts steigender Beliebtheit erfreut:
„Von Finnland aus hat er sich mittlerweile auch in andere Länder ausgebreitet. Aus Tschechien ist der Trend nun in weitere Staaten übergeschwappt. Ich denke, vor allem die sozialen Netzwerke haben ihren Anteil daran.“
Steckenpferde werden selbst gebaut
Fialová selbst erfuhr von dem Trendsport von ihrer Kollegin Drahomíra Košvancová. Diese ist Trainerin für das Reiten auf echten Pferden. Gemeinsam haben die beiden schließlich den Hobby-Horsing-Verband gegründet. Hinter der Idee stand damals nicht nur das Ziel, den außergewöhnlichen Trend in Tschechien weiter bekannt zu machen.
„Wir haben den Verband auch gegründet, weil immer wieder Anfragen kamen von Klubs, aber auch von Einzelpersonen, die etwa eine Arbeitsgemeinschaft oder Wettkämpfe anbieten wollten. Sie beklagten, dass es in Tschechien keine einheitlich festgelegten Regeln gebe.“
Und genau das hat der Verband geändert und mittlerweile ein umfangreiches Regelwerk herausgegeben. Eine weitere Motivation zur Gründung der Organisation sei gewesen, die Qualifikation für eine tschechische Hobby-Horsing-Meisterschaft auszutragen. Diese findet nun im Mai kommenden Jahres im mittelböhmischen Kladno statt.
„Natürlich kann in Tschechien aber weiterhin jeder nach Belieben auch selbst Hobby-Horsing-Wettkämpfe veranstalten“, ergänzt Fialová.
Wer sich die Starterliste für die Qualifikation zur Meisterschaft anschaut, der stößt auf viele Mädchennamen. Barbora Fialová bestätigt den Eindruck, dass die männliche Klientel den ausgefallenen Reitsport scheinbar noch nicht für sich entdeckt hat…
„Es kommen schon auch Jungen und Männer, aber das sind wirklich Einzelfälle. An den Turnieren nehmen zu 99,9 Prozent Mädchen teil.“
Wenngleich der Hobby-Horsing-Verband den Sport eher als einen Hallensport ansehe, gebe es auch Vereine, die Turniere und Übungseinheiten im Sommer im Freien veranstalten, meint die Trainerin. Aber wie genau sehen die Steckenpferde eigentlich aus? Diese sind ja nicht nur Sportgeräte, sondern auch Bezugsobjekte, die in der Turnierwertung etwa mit Namen genannt werden…
„Das ist meiner Meinung nach gerade das Tolle am Hobby Horsing. Die Kinder können nämlich ihre Steckenpferde selbst herstellen. Es gibt in Tschechien aber auch mehrere Firmen, die diese Sportgeräte produzieren. Der größte Hersteller sitzt in Mariánské Lázně und beliefert mittlerweile nicht mehr nur den tschechischen Markt, sondern ganz Europa.“
Bei alldem betont Fialová immer wieder, dass es sich eben keinesfalls nur um Spielereien handele…
„Für uns ist das auf jeden Fall ein Sport, denn die Leistungen, die die Kinder abliefern, sind beachtlich. Physisch ist das wirklich anstrengend. Ich bin ein paar Mal mit dem Steckenpferd Parcours und Dressur geritten und war hinterher komplett aus der Puste. Und bei den Kindern ist das genauso.“
Sport von der breiten Öffentlichkeit noch belächelt
Das Hobby Horsing ist in Tschechien derzeit vor allem beim Nachwuchs beliebt. In anderen Ländern, wie etwa im Heimatland Finnland, sei das nicht zwingend so, meint Fialová:
„Dort existiert das Hobby Horsing schon viel länger, und es hat sich mit der Zeit weiterentwickelt. Es gibt einige, die als Kind damit angefangen haben, mittlerweile schon Mitte 20 sind und sich aber immer noch dem Sport widmen und etwa Trainings anbieten. In anderen Ländern ist es also ganz normal, dass auch junge Erwachsene diesen Sport ausüben.“
Dass dies in Tschechien derzeit noch nicht der Fall sei, habe auch noch einen weiteren Grund, meint die Vorsitzende des Hobby-Horsing-Verbandes:
„Wir begegnen in der breiten Öffentlichkeit leider oft Anfeindungen. Die Kinder werden etwa ausgelacht. Aus diesem Grund verlassen viele ältere Mädchen den Sport. Sie wollen kein Opfer von Mobbing sein. Ich denke aber, dass sich das in Zukunft ändert, wenn der Sport noch bekannter und damit sozusagen normaler wird.“
Schließlich habe die Öffentlichkeit noch vor einigen Jahren über den Floorball gelacht, der hierzulande neu war, vergleicht Fialová. Mittlerweile gehört diese Sportart in Tschechien jedoch zu den beliebtesten. Dass Ähnliches nun auch mit dem Hobby Horsing gelingen kann, das ist die große Hoffnung der Verbandsvorsitzenden.