Play-off-Spiele der O2-Extraliga ziehen Tschechiens Sportfans in den Bann
In acht tschechischen Eisarenen ging dieser Tage "so richtig die Post ab". Der Grund: Seit Anfang März werden erneut die Play offs zur nationalen Eishockey-Meisterschaft ausgetragen. Nach 17 Begegnungen stand fest, dass die Mannschaften aus Liberec und Karlsbad den Sprung ins Halbfinale geschafft haben, während Budweis und Slavia Prag kurz davor standen.
Nun, knapp ein Jahr später, wollten sie die Meisterschaft erneut gewinnen, um den Annalen ein weiteres Erfolgskapitel hinzuzufügen – den Titel-Hattrick. Doch schon nach der Hälfte der Punktspielsaison musste Meistertrainer František Výborný mit Ernüchterung konstatieren:
„Heute, nach der Hälfte des Wettbewerbs können wir schon sagen, dass die neuen Spieler, die zum Team gestoßen sind, bislang nicht jene ersetzen konnten, die den Club nach der vergangenen Saison verlassen haben. Das soll keine Beleidigung gegenüber den Neuen sein, doch die Qualität, die unsere abgewanderten Spieler hatten, war sehr hoch.“
Das änderte sich auch im weiteren Saisonverlauf nicht mehr, so dass Výborný auch noch vor den Play offs eine Mannschaft trainierte, die man nicht unbedingt zum engsten Favoritenkreis zählen konnte:„Wir sind nicht zufrieden. Wir suchen daher weiter nach unseren Reserven, die durchaus vorhanden sind. Aber besonders vor eigenem Publikum haben wir eine ganze Reihe von Spielen aus der Hand gegeben, in denen wir lange geführt haben.“
In den Play offs konnte der Titelverteidiger den Schalter auch nicht mehr umlegen. Zu groß war und blieb der Qualitätsverlust nach dem Abgang der Topstürmer Jaroslav Hlinka, Jan Hlaváč und Ondřej Kratěna. Deshalb schoss Sparta im Viertelfinalduell mit den Weißen Tigern aus Liberec nur sechs Tore in vier Spielen – zu wenig um den erfolgshungrigen Tigern zu trotzen, die ihrerseits gleich 17 Mal ins Schwarze trafen. In beeindruckender Manier schickten sie die Prager nach nur vier Begegnungen, die sie alle gewannen, frühzeitig in den Urlaub. Der Meisterthron ist also verwaist und allen Experten, die Liberec nun schon als Spartas Nachfolger sehen, entgegnet Dušan Gregor, der Chefcoach der Neißestädter:
„Wenn jetzt nicht wenige sagen, dass wir Meister werden können, dann ist das eine wirklich phantastische Vorstellung. Um sie Realität werden zu lassen, müssen wir auch alles dafür tun. Aber in Liberec haben alle einschließlich ich ein wirklich großes Interesse daran.“Nicht weniger optimistisch, dem großen Traum vom ersten Meistertitel endlich einen Schritt näher zu kommen, war man in Litvínov, der mit rund 27.000 Einwohnern kleinsten Eishockeystadt in der O2-Extraliga. Doch der Gegner im Viertelfinale, der HC Energie Karlovy Vary, war nicht von Pappe. Nach dem Ende der Punkterunde lagen die Kurstädter immerhin fünf Punkte und einen Platz vor der Mannschaft aus Nordböhmen. Deshalb meinte der verletzte Stürmer des HC Litvínov, Jan Benda, zum Duell des Vierten gegen den Fünften:
„Ich glaube, bei den jetzigen Play-off-Spielen ist unsere Serie diejenige, die am ausgeglichensten ist.“
Das war sie dann auch, denn gleich vier Begegnungen dieser Serie „best of seven“ endeten 3:2 – dreimal zugunsten der Karlsbader, aber nur einmal für den HC Litvínov. Den Sieg erkämpften sich die Schwarz-Gelben in der dritten Partie im Penaltyschießen – ein packendes Match, das auch Benda mitgerissen hat:„Ja, heute war es natürlich sehr dramatisch – es gab ein Penaltyschießen, bei dem es hin und her ging. Es freut mich aber, dass wir den Sieg errungen haben, und ich glaube, dass nun wieder alles offen ist.“
Nach diesem Sieg hätten die Süderzgebirgler allerdings noch einen zweiten Heimerfolg benötigt, um die Serie auch tatsächlich auszugleichen. Stattdessen verloren sie das vierte Spiel mit 2:3, auch weil sich die Fans des HCL gleich mehrfach über ausgelassene Chancen die Haare rauften.
Da Karlsbad die erste Begegnung mit 6:2 gewonnen hatte, konnte der HC Energie im fünften Match vor eigener Kulisse den Sack quasi zuschnüren und mit dem vierten Sieg in der Serie auch den bisher größten Erfolg in der Clubgeschichte – den Einzug ins Halbfinale – perfekt machen. Das gelang den Westböhmen, wenn auch in einer Partie, in der Litvínov eigentlich die bessere Mannschaft war. Daher war der überragende Akteur der Serie, Karlsbads Goalie Lukáš Mensátor, auch sehr zufrieden, dass ihm und seinem Team diesmal auch das nötige Quäntchen Glück nicht fehlte:„Litvínov hat heute sein bestes Spiel gezeigt und sehr viele Torchancen gehabt. Ich muss sagen, dass mir heute das Glück zur Seite stand, denn zweimal hat Litvínov den Pfosten getroffen und ein Schuss, den ich etwas unterschätzt habe, ging mir zwar durch die Beine, aber auch knapp am Tor vorbei. Und überhaupt: Während der gesamten Serie traf Litvínov fünf- oder sechsmal nur den Pfosten. Ich weiß, dass das eine Phrase ist, aber ich kann mit Fug und Recht sagen, dass uns das Glück hold war.“
Ohne ihr eigenes Können – und das haben sie auch nachhaltig gezeigt – hätten die Karlsbader ihren historischen Erfolg jedoch nicht erringen können. Deshalb können die Fans der Grün-Gelben auch zu Recht stolz auf ihr Team sein und weiter skandieren.Eine ebensolch prächtige Stimmung herrscht derzeit in České Budějovice / Budweis, wo der HC Mountfield zu Hause ist. Der in seiner 97-jährigen Geschichte bereits mehrfach umbenannte Club kann zwar im Gegensatz zu Liberec und Karlsbad schon auf den Gewinn einer Meisterschaft verweisen, doch das liegt auch schon 57 Jahre zurück. Kein Wunder, dass die Fans aus der südböhmischen Moldaustadt nach Erfolgen dürsten und ihre herrliche Budvar Arena bei den Heimspielen fast ständig bis auf den letzten Platz füllen. Das war auch in den ersten beiden Viertelfinalduellen mit dem HC Geus Okna Kladno der Fall, die von den Gastgebern jeweils mit 2:0 gewonnen wurden. Zdeněk Orct, der sehr gute Keeper der Mittelböhmen, gab jedoch zu bedenken:
“Nun, die Situation ist so wie sie ist. Wir haben drei Spieler, die sich nur mit Hilfe von Tabletten auf den Beinen halten, und weitere vier Spieler, die verletzt sind. Leider haben wir einen solch kleinen Kader, dass diese Ausfälle dann auch zu spüren sind.“Dennoch: Kladno schlug sich im weiteren Verlauf der Serie tapfer und gewann die dritte Partie zu Hause mit 4:2. Als Kladno aber die vierte Begegnung mit 1:3 verlor, auch weil Torjäger Martin Procházka nach seiner Erkrankung noch nicht bei Kräften war und nach zwei Dritteln in der Kabine blieb, platzte Pavel Patera, dem Kapitän des HC Geus Okna, anschließend der Kragen:
„Ich bin vor allem überrascht darüber, dass die Informationen über den Gesundheitszustand unserer Spieler aus der Kabine gelangen. Das kann ich absolut nicht verstehen, aber das gibt es wohl nur in Kladno. Über Budweis weiß darüber keiner etwas, aber über Kladno weiß man alles. Wir posaunen halt alles aus in den Play offs.“Einen Aufreger der ganz anderen Art gab es im vierten Viertelfinale, das Slavia Prag und der HC Ocelári Třinec bestreiten. Die zweite Prager Begegnung musste nach dem Spielstand von 1:1 nach Verlängerung im Penaltyschießen entschieden werden. Und in diesem hatten die Gäste aus Třinec das bessere Ende für sich. Allerdings mit einem Penaltytreffer von Jiří Polanský, der die Gemüter der Hausherren sichtlich erregte. Weshalb, dazu sagte Slavias Co-Trainer Jiří Kalous:
“Dort wurde das strittige Tor von Polanský gegeben. Wenn ich mich nicht irre, darf der Puck beim Penalty nur nach vorn geführt und nicht vom Tor zurück bewegt werden. Die Videoaufzeichnung hat eindeutig gezeigt, dass letzteres der Fall war, was gegen die Regeln verstößt. Wir fühlen uns benachteiligt.“
Diese Benachteiligung haben die Prager dann jedoch mit zwei Auswärtssiegen in Třinec selbst wettgemacht, so dass sie wie Budweis nach jeweils vier Spielen mit 3:1 nach Siegen führten. Ergo: Je ein weiterer Sieg im fünften Match, dann können auch Budweis und Slavia über das Weiterkommen jubeln.