Eishockey: Tschechische Extraliga startet mit neuem Titelfavoriten und Hoffnungen auf einen NHL-Star

Für viele Sportbegeisterte in Tschechien geht es jetzt erst richtig los: Denn am Wochenende startet die Eishockey-Extraliga. Wer sind die Favoriten? Auf welche Stars dürfen sich die Fans freuen? Und warum ist Eishockey der wahre tschechische Nationalsport?

Eigentlich beginnt die tschechische Eishockey-Extraliga erst am Wochenende. Doch in einem Vorab-Duell trat der amtierende Titelträger und Serienmeister Třinec bereits am Mittwoch in Plzeň / Pilsen an – und verlor überraschend mit 1:3. Oder vielleicht doch nicht so überraschend? Petr Kadeřábek ist Eishockey-Experte beim digitalen Sportsender (ČRo Sport) des Tschechischen Rundfunks. Er war als Kommentator beim Spiel und sagte vorab im Interview für Radio Prag International zur neuen Saison der Extraliga:

Petr Kadeřábek | Foto: Tschechischer Rundfunk

„Třinec kann zwar durchaus zum fünften Mal in Folge den Titel gewinnen und damit Vsetíns Rekord einstellen. Aber ich halte Třinec nicht für den größten Favoriten. Vielmehr wäre es eine riesige Überraschung, wenn nicht Pardubice den Titel holen würde. Sie haben Václav Varaďa als Trainer an der Bande, der hinter Třinec‘ Erfolgen stand, ein Jahr Pause gemacht hat und nun zurückgekehrt ist. Zudem verfügt das Team über den klar besten Kader aller Vereine in der Extraliga. Pardubice ist fraglos der größte Favorit.“

Im Übrigen betont Kadeřábek, dass der HC Oceláři Třinec seine Titel meist mit defensivem und eher unattraktivem Spiel gewonnen habe. Begeisterndes Eishockey böten hingegen andere Mannschaften, davon auch zwei aus Nordböhmen und damit im Einzugsgebiet von Sachsen…

„Ich denke, dass Litvínov offensiv spielen wird. Der Kader ist gut zusammengestellt aus Spielern, die in den Jugendligen noch im Dress von Chomutov alles gewonnen haben, was möglich war. Jetzt sind alle wieder an einen Ort zurückgekommen, wenn auch nicht nach Chomutov, sondern nach Litvínov. Aber die beiden Städte liegen nah beieinander und sind außerdem nicht weit von der deutschen Grenze entfernt“, so der Sportredakteur.

Aus dem Team von Litvínov hebt der Experte die Brüder David und Ondřej Kaše und den Kämpfer Nicolas Hlava hervor. Außerdem erwartet Petr Kadeřábek von den Weißen Tigern aus Liberec / Reichenberg offensive Kunststücke.

Last but not least ist da aber Sparta Prag. Den Hauptstadt-Klub hält der Sportkommentator für einen Adepten aufs Play-off-Finale im April kommenden Jahres. Und Sparta nennt er auch als Erstes bei der Frage nach den Stars der Extraliga in dieser Saison:

„Die größte Berühmtheit, die die deutschen Fans kennen, ist ein Trainer: Pavel Gross ist nach Tschechien zurückgekehrt, und ich bin gespannt, wie er Sparta Prag leiten wird. Beim Blick auf die Spieler fehlt bisher noch der größte Star. Er kommt erst im Januar – oder irgendwann, wenn sich David Krejčí entscheidet, für wen er in der Extraliga spielen will.“

Denn der frühere Spieler der Boston Bruins hat im August das Kapitel NHL endgültig geschlossen. Doch der 37-jährige Stürmer will um einen Platz im tschechischen Team für die Eishockey-WM im eigenen Land kämpfen – und plant daher, sich einem Verein aus der Extraliga anzuschließen.

Experte Kadeřábek nennt selbstverständlich noch weitere Persönlichkeiten aus anderen Teams, aber er macht auch auf einen möglichen künftigen Star aufmerksam, der bei Pilsen unter Vertrag steht.

„Adam Benák ist äußerst talentiert, und mit 16 Jahren wird er ein großes Pensum an Spielen der Extraliga absolvieren.“

Bleibt noch die Frage: Warum ist eigentlich Eishockey so groß in Tschechien? Die genaue Antwort weiß auch Petr Kadeřábek nicht, aber er beschreibt das Phänomen Eishockey aus seiner Sicht und bezeichnet diesen als den wahren tschechischen Nationalsport:

Illustrationsfoto: KeithJJ,  Pixabay,  Pixabay License

„Dieser Sport ist schnell und lässt sich gut anschauen – und das für beide Geschlechter. Hierzulande gibt es nicht viele Frauen, die zum Fußball gehen, denn der ist häufig nicht so attraktiv. Hinter dem Phänomen stehen aber natürlich auch die vielen Erfolge der Vergangenheit des tschechoslowakischen und später tschechischen Eishockey-Nationalteams. Wann sind denn zum letzten Mal hierzulande Menschenmassen spontan auf die Straßen gegangen? Das war bei den Weltmeistertiteln der Eishockeyspieler oder beim Olympiasieg. Und heute gilt auch nicht mehr, dass dieser Sport nur in sechs Ländern der Welt betrieben wird. Er ist mittlerweile global und wird selbst in Afrika oder Asien gespielt. Über die NHL müssen wir gar nicht diskutieren. Und hinzu kommt das Frauen-Eishockey mit dem eigenen Wettbewerb in Übersee und den ersten Erfolgen nun auch des tschechischen Teams bei Weltmeisterschaften. Und so hat das Eishockey hierzulande eine größere Fan-Basis als der Fußball.“

Das zeige sich nicht zuletzt in der Auslastung der Stadien, schließt der Experte. Da führe in Tschechien das Eishockey alle Sportarten an.

Autor: Till Janzer
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