Präsidentenwahl: Noch ist weit und breit kein aussichtsreicher Kandidat in Sicht
Wenige Wochen vor der Wahl des Nachfolgers von Präsident Vaclav Havel haben die regierenden Sozialdemokraten am Wochenende ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen nominiert. Damit ist fraglicher denn je, ob aus der ersten Wahlrunde am 15. Januar überhaupt einer der aufgestellten Kandidaten als Sieger hervorgeht. Silja Schultheis berichtet.
Der sozialdemokratische Präsidentschaftskandidat heißt Jaroslav Bures, seines Zeichens Vizepremier und Ex-Justizminister. Warum sich der Parteivorstand für ihn entschied, begründete Premier Vladimir Spidla unter Verweis auf die von den Sozialdemokraten unlängst in der Bevölkerung und unter Parteimitgliedern durchgeführte Umfrage. In ihr hatte am besten Ex-Premier Milos Zeman abgeschnitten, den sich die Parteiführung am wenigsten als Kandidat gewünscht und der eine Nominierung für die erste Wahlrunde vor allem selber abgelehnt hatte:
"Milos Zeman hat vor dem Parteivorstand erneut bestätigt, dass er sich nicht für den 1. Wahlgang nominieren lässt. Und deshalb halten es die Sozialdemokraten für taktisch richtig, dass es nichts logischeres gibt, um ernsthaft in den ersten Wahlgang zu ziehen, als denjenigen als Kandidaten zu nominieren, der in der Meinungsumfrage der Sozialdemokraten an zweiter Stelle hinter Milos Zeman abgeschnitten hat, und das ist Jaroslav Bures."
Wie er sich selbst die Rolle des neuen Präsidenten vorstellt, beschrieb Bures wie folgt:
"In meinen Vorstellungen fährt der Präsident statt auf der Burg zu sein eher durch das Land, diskutiert mit den Bürgern, besucht die Regionen, fragt, wo es fehlt - kurz: er kennt einfach das praktische Leben und trifft danach seine Entscheidungen. Es ist ein Präsident der erreichbar ist, auch an wissenschaftlichen Veranstaltungen teilnimmt - ich kann mir vorstellen, dass ich auch weiter vor Richtern und Anwälten Vorlesungen halte. Ich habe in den letzten zwei Monaten die Erfahrung gemacht, dass die Menschen so einen Präsidenten wollen."
Dass Bures allerdings in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen erfolgreich abschneidet, gilt jedoch als nahezu ausgeschlossen. Denn nicht nur die Opposition schickt ihre eigenen Kandidaten ins Rennen - die konservativen Bürgerdemokraten ihren langjährigen Chef Vaclav Klaus, die Kommunisten den Rechtsanwalt Miroslav Krizenecky und die kleine Demokratische Bürgerallianz die Senatorin Jaroslava Moserova.
Umstritten ist Bures auch in den eigenen Reihen - sprich bei den Koalitionspartnern der Sozialdemokraten. Sie werfen dem frisch nominierten sozialdemokratischen Präsidentschaftskandidaten unter anderem seine dreijährige Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei vor der politischen Wende von 1989 vor. Beide Koalitionspartner werden daher mit großer Wahrscheinlichkeit ihre eigenen Kandidaten nominieren - bei den Christdemokraten deutet alles auf Senatschef Petr Pithart hin. Die Freiheitsunion, so deutete deren Chef Ivan Pilip am Wochenende an, würde Pithart oder Ombudsman Otakar Motejl favorisieren. Genaueres wird man voraussichtlich nach den montäglichen Beratungen der Freiheitsunion wissen.
Falls keiner der Kandidaten am 15. Januar aus drei Wahlgängen als Sieger hervorgeht, besteht entweder die Möglichkeit, dass innerhalb von zwei Wochen eine erneute Wahl stattfindet oder aber die Parteien eine Verfassungsänderung durchsetzen und der Präsident vom Volk gewählt wird.