Präsidentschaftskandidaten: Vladimír Franz – Ganzkörperkunstwerk mit braunem Fleck

Vladimír Franz (Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Es ist fast unmöglich ihn zu übersehen: Vladimír Franz ist am ganzen Körper tätowiert. Der Professor an der Prager Hochschule für Theater ist einer der neun Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten. Er hat bei der Bestimmung der Kandidaten die Nummer sieben zugelost bekommen. In einem kleinen Porträt stellen wir Ihnen den ungewöhnlichen Kandidaten einmal näher vor.

Vladimír Franz  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Es war nicht seine eigene Entscheidung, für das höchste Staatsamt zu kandidieren: Seine Studenten und einige Intellektuelle mussten Vladimír Franz überreden, sich zur Wahl zu stellen. Nachdem ihnen das gelungen war, sammelten sie respektable 88.000 Unterschriften für seine Kandidatur. Nun steht der Professor der Prager Theaterhochschule im Wahlkampf:

„Mein Thema als Präsident der Tschechischen Republik wird sein, den Bürgern ihren Staat zurückzugeben. Als direkt gewählter und unabhängiger Kandidat ohne Interessensgruppen oder Parteien im Hintergrund wäre ich ein authentischer Vertreter der Bürger an der Staatsspitze. Wir leben in einer Zeit, in der sich die gesamte Gesellschaft so fühlt, als wäre sie in einer Krise. Diese Krise ist vor allem moralischer Natur. Es geht daher darum, die Gesellschaft aufzuwecken.“

Vladimír Franz  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Viel stärker als sein moralischer Appell treibt die Wähler aber die Frage um, ob ein am ganzen Körper tätowierter Präsident das Land ernsthaft repräsentieren könne. Im Internet wurde Franz bereits der Spitzname „Avatar“ gegeben. Er selbst antwortet darauf mit den Werten der persönlichen Freiheit eines jeden:

„Nirgendwo steht geschrieben, was repräsentativ ist und was nicht. Ich weiß nicht, wie ein Mensch (dafür/dazu) aussehen muss und wie er sich verhalten soll, ob dieses gut oder jenes schlecht ist. Also würde ich auch niemandem vorschreiben, wie er auszusehen hat, wohin er gehen soll und was er essen muss, solange es nicht gegen geltendes Recht verstößt oder die Freiheit anderer einschränkt. Ich denke, da ist noch viel totalitäres Gedankengut in uns.“

Illustrationsfoto: Calzinide,  Wikimedia Commons Free Domain
Aber gerade dem 53-Jährigen wird ein unschöner Kontakt mit totalitärem Gedankengut vorgeworfen. Zu Beginn der 1990er Jahre bewegte er sich in der tschechischen Skinhead-Szene. Franz beteuert indes, er habe den Skins einen Weg zurück in die Gesellschaft bereiten wollen:

„Gewalt und jeglicher Extremismus haben mich immer angeekelt. Damals hatte ich die Idee, dass man diese Gruppe (Skinheads, Anm. d. Red.) positiv motivieren könnte, damit sie ihre Energie zum Besten der Gesellschaft einsetzt. Dazu wollte ich als tätiger Beobachter beitragen. Vielleicht war es ein Fehler, vielleicht war es auch meine Naivität, dass ich dachte, das als Einzelner schaffen zu können. Meine moralische Integrität wurde davon nicht berührt, mit dem Gedankengut habe ich nichts gemein, da habe ich ein reines Gewissen.“

Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Ob die Bürger sein „Gesellschaftsexperiment“ verurteilen oder seine Tätowierungen mögen: Franz ist der ungewöhnlichste tschechische Präsidentschaftskandidat. Für seine Wahl müsste er aber noch viele Menschen überzeugen – der Künstler liegt in der Wählergunst derzeit in den bisherigen Umfragen bei etwa sechs Prozent.