Präsidentschaftswahl droht Verschiebung wegen Verfassungsbeschwerde

Tomio Okamura (Foto: ČTK)

Sie sollte ein weiterer Schritt in Richtung einer offenen Demokratie werden – die erste Direktwahl des Staatspräsidenten in Tschechien. Nun aber, zwei Wochen vor dem festgelegten Termin zur ersten Wahlrunde, drohen ein längerer Rechtsstreit und damit eine mögliche Verschiebung der Präsidentschaftswahl. Der Grund für diese Zuspitzung ist eine Verfassungsbeschwerde, die Senator Tomio Okamura am Donnerstag beim Verfassungsgericht in Brno / Brünn eingereicht hat. Darin fordert der Politiker und Unternehmer unter anderem die Verschiebung der Wahl.

Tomio Okamura  (Foto: ČTK)
Tomio Okamura war einer von 20 Bewerbern, die für das Präsidentenamt kandidieren wollten. Dazu reichte er auch die geforderte Unterstützerliste mit über 50.000 Unterschriften beim Innenministerium ein. Dort aber wurde seine Kandidatur abgelehnt mit der Begründung, dass zu viele Daten in der Liste fehlerhaft seien. Die anschließende Beschwerde von Okamura beim Obersten Verwaltungsgericht wurde zurückgewiesen. Die Urteilsbegründung des Gerichts aber bestärkte Okamura nur noch darin, nun auch den nächsten Schritt zu tun:

„Der Hauptgrund für meinen Gang vor das Verfassungsgericht ist, dass ich beschuldigt wurde, die Papierbögen mit den Unterschriften gefälscht zu haben. Dabei ist es dem tschechischen Gesetz nach völlig legitim, dass man die Listen selbst ausfüllt und die darin namentlich angegebenen Personen nur noch unterschreiben lässt.“

Verfassungsgericht | Foto: Tomáš Adamec,  Tschechischer Rundfunk
Die umfassende Verfassungsbeschwerde gegen seinen Ausschluss als Präsidentschaftskandidat umfasst 26 Seiten und 18 Anlagen. Teil der Beschwerde ist auch der Antrag, den die Wahl betreffenden Teil der Verfassung und das Durchführungsgesetz aufzuheben. Die Unstrittigkeit der Wahl sei ihm dabei wichtiger als der Termin, sagte Okamura.

„Nicht die Verschiebung der Präsidentschaftswahl, sondern eine Wahl auf der Grundlage von verfassungswidrigen Gesetzen und ihre Durchführung nach einem völlig unglaubwürdigen Prozedere sind eine Missachtung der Bürger und ihrer Rechte. Was das Parlament verabschiedet und als Verfassungsgesetz zur Direktwahl des Präsidenten bezeichnet hat, ist in Wirklichkeit eine juristische und legislative Farce.“

Tomáš Langášek  (Foto: ČT 24)
Eine landesweite Wahl, die juristisch anfechtbar ist, ist keine gute Visitenkarte für Tschechien und die Einhaltung von Recht und Ordnung. Das Verfassungsgericht hatte deshalb schon zuvor erklärt, alle eventuellen Beschwerden zum Urnengang so schnell wie möglich zu behandeln. Der Generalsekretär des Gerichts, Tomáš Langášek, bestätigte am Donnerstag, dass dazu bereits die ersten Schritte eingeleitet wurden:

„Natürlich müssen wir bei dem sehr kurzfristigen Termin alles beschleunigen. Den Verfassungsrichtern steht daher die Beschwerde von Herrn Okamura bereits zur Verfügung. Auch wenn sie jetzt in Urlaub sind, haben sie doch Zugang zu E-Mails und Internet - sie können also das Material schon studieren.“

Schon am 2. Januar wird das Plenum des Verfassungsgerichts zusammenkommen und sich mit der Beschwerde Okamuras und weiteren Beschwerden zur Präsidentschaftswahl befassen. Dennoch hat der Vorsitzende des Verfassungsgerichts, Pavel Rychetský, nicht ausgeschlossen, dass die erste Direktwahl unter Umständen verschoben werden könnte. Sie ist bisher für den 11. und 12. Januar 2013 terminiert. Und es gibt auch schon unabhängige Juristen, die eine Verschiebung der Wahl aus gutem Grund begrüßen würden. Zu ihnen gehört Vladimír Balaš von der juristischen Fakultät der Prager Karlsuniversität:

Vladimír Balaš  (Foto: ČT 24)
„Eine Verschiebung des Termins wäre kein Drama. Diesen Schritt könnte man möglicherweise auch als eine Äußerung des Gewissens auslegen. Viel schlimmer wäre es, wenn jemand zum Präsidenten ernannt, dann aber gleich wieder abberufen würde. Für den Fall, dass es keinen Präsidenten gibt, legt die Verfassung fest, dass seine Kompetenzen vom Regierungschef, vom Senatsvorsitzenden und vom Abgeordnetenhauschef übernommen werden.“