Präsidentschaftswahl: Kommunisten als Zünglein an der Waage

Jan Sokol und Miroslav Grebenicek (Foto: CTK)

Am Donnerstag, einen Tag vor dem dritten Anlauf zur Wahl eines neuen Staatspräsidenten, spitzten sich in der Tschechischen Republik die von diversen Rechenexempeln begleiteten Spekulationen, wer wohl Nachfolger von Vaclav Havel werden könnte, abermals zu. Und wie man es auch dreht und wendet: es scheint, als würden derzeit die Kommunisten die Rolle des Züngleins an der Waage spielen. Hören Sie mehr im folgenden Beitrag von Gerald Schubert:

Jan Sokol und Miroslav Grebenicek  (Foto: CTK)
Eigentlich ist ja keiner der beiden Kandidaten, die am Freitag auf der Prager Burg im Rennen um das Amt des Staatspräsidenten gegeneinander antreten, wirklich nach dem Geschmack der tschechischen Kommunisten. Der eine, Jan Sokol nämlich, passt als ehemaliger Dissident und Unterzeichner der Charta 77, als Intellektueller mit klar antikommunistischen Grundsätzen und als jemand, der die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg als Schande bezeichnet hat, ganz und gar nicht in das Bild eines Kandidaten, der für die Kommunisten hierzulande annehmbar wäre. Und der andere, Expremier Vaclav Klaus von der Demokratischen Bürgerpartei ODS, müsste den Kommunisten mit dem radikal wirtschaftsliberalen Kurs, den er repräsentiert, a priori als die Personifizierung der kapitalistischen Ideologie erscheinen.

Jan Sokol und Pavel Kovacik  (Foto: CTK)
Doch längst hat die KSCM, also die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens erkannt, dass sie, um in der real existierenden Politik Einfluss zu haben, Konzessionen an ihre Grundsätze machen muss. Jeder von ihr selbst aufgestellte Kandidat wäre nämlich von vornherein so gut wie chancenlos. Sich bei den Präsidentenwahlen als Zünglein an der Waage im Spiel zu halten, das funktioniert jedoch angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Parlament um so besser. Und daher spielen die Kommunisten vor allem einmal auf Zeit. Bereits am Dienstag hatte der Vorsitzende der KSCM-Abgeordnetenfraktion, Pavel Kovacik, angekündigt:

"Auf der gemeinsamen Sitzung des Exekutivausschusses und der Abgeordnetenfraktion der Partei am frühen Abend des Donnerstags wird eine bestimmte politische Haltung festgelegt werden. Und schließlich wird sich die Fraktion nach dieser gemeinsamen Sitzung noch einmal zusammensetzen und dann, wie ich glaube, einen endgültigen Standpunkt beschließen."

Bis zuletzt also wollte man sich bei den Kommunisten nicht in die Karten sehen lassen. Durchgesickert war aber stets, dass ihnen der kühle Politprofi Klaus letztlich doch näher stehen dürfte als der Uni-Dekan Sokol, von dem man sich seitens der KSCM wohl weniger Verhandlungsbereitschaft, oder auch weniger Sinn fürs politische Geschäft erwartet. Gegenstand des Geschäfts könnte etwa die Aufhebung der Blockade von Regierungszusammenarbeit auf kommunaler Ebene sein, wie sie derzeit seitens der ODS gegenüber der KSCM besteht.

Die Rechenexperimente der Politikjournalisten wie auch die der Politiker selbst werden indes fortgesetzt. Weitgehend einig ist man sich darüber, dass Sokol zwar nach der Papierform mehr Stimmen bekommen müsste, da er der gemeinsame Kandidat aller Regierungsparteien ist, dass aber Klaus mit der etwaigen Unterstützung von parteiinternen Rivalen des sozialdemokratischen Premiers Vladimir Spidla und eben der Kommunisten sich ebenso als der siegreiche Kandidat erweisen könnte.

Dritte Möglichkeit: Die Wahl schlägt abermals fehl. Dann würde es wohl zu einer Direktwahl durch die Bevölkerung kommen. Wie auch immer also die Abstimmung am Freitag ausgeht: Einen kommunistischen Präsidenten wird es - dem momentanen Muskelspiel der KSCM zum Trotz - am Ende sicher nicht geben.