Prag gedachte 35. Jahrestages der Niederschlagung des "Prager Frühlings"
Der Gedenkveranstaltung vor dem Gebäude des Tschechischen Rundfunks im Prager Stadtteil Vinohrady, wo vor 35 Jahren die heftigsten Auseinandersetzungen zwischen den sowjetischen Besatzern und den Einwohnern der Moldaustadt getobt haben, wohnten neben einigen Veteranen, die sich seinerzeit aktiv gegen die Okkupanten gewehrt haben, auch hohe Politiker und führende Vertreter des öffentlichen Lebens bei.
"Für mich ist das Jahr 1968 gleichzusetzen mit dem Zusammenbruch vieler Illusionen. Es war die bittere Bekanntschaft mit dem Fakt, wie sich ein Befreier ganz schnell in einen Okkupanten verwandeln kann."
Diese seine Meinung, so Spidla, habe er auch gegenüber dem russischen Fernsehen kundgetan, was deren Vertreter nicht sehr angenehm fanden, aber zur Kenntnis nahmen. Spidla stellte in seiner Rede des weiteren die unterschiedlichen Rollen von Tschechen und Tschechen heraus, nämlich derer, die 1968 auch Widerstand heuchelten und ein Jahr später ihre Macht schon gegen jene richteten, die nicht aufgegeben hatten, für die Freiheit des Landes einzutreten. Deshalb bemerkte Spidla auch:"Und der August 1968 ist auch eine Illustrierung der bekannten historischen Erkenntnis, wonach es relativ einfach ist, die Freiheit zu verlieren, aber ungewöhnlich schwer, sie wieder zurück zu gewinnen."
Die tschechische Senatorin und diesjährige Präsidentschaftskandidatin Jaroslava Moserová hat für Radio Prag ihre persönlichen Eindrücke vom 21. August 1968 wie folgt festgehalten:"Ich war in Prag und ich war dabei, ich hab das Ganze von unserer Wohnung aus beobachtet - wir wohnen oben auf einem Berg, und das Schlimmste, das Erschütternde war, dass plötzlich der Lärm der Stadt abrupt aufhörte."
Aber noch schlimmer als die Geisterstimmung jenes Tages seien die Jahre danach, die von ihr als Demoralisierung bezeichneten 20 Jahre von 1969 bis 1989 gewesen, schildert mir die Senatorin:
"Der Widerstand war sehr stark. Die Leute haben nicht aufgegeben, und das dauerte beinahe noch ein Jahr. Aber dann kam die Demoralisierung, die so genannte Normalisierung, und das war das Schlimmste, da die Leute alle Hoffnungen verloren haben."Stellvertretend für alle, die der Gedenkveranstaltung beigewohnt haben, brachte sie es auch auf den Punkt, als sie ihre Ansprache beendete mit den Worten: "Ich verbeuge mich vor all jenen, die sich nicht gebeugt haben."