Prager Hochwasser fließt nur langsam ab - Hohe Verluste im Tierpark

Prag am 15. August 2002

In der tschechischen Hauptstadt Prag war am Mittwochnachmittag ein erstes Aufatmen spürbar, als bekannt wurde, dass der Pegelstand der Moldau endlich wieder zu sinken beginnt. Doch von Entwarnung allerorten in den Prager Stadtbezirken kann bei weitem nicht die Rede sein. Das wurde den Medien am Donnerstag Vormittag auf der Pressekonferenz des Prager Krisenstabs mitgeteilt, auf der auch mein Kollege Lothar Martin zugegen war.

Prag am 15. August 2002
In der Tat, die Mienen der Vertreter des Prager Krisenstabs mit Oberbürgermeister Igor Nemec an der Spitze ließen schon zu Beginn der Pressekonferenz erahnen, dass Entspannung längst noch nicht angesagt ist in der Moldaumetropole. Nemec stellte dann auch klar: "Die Situation in Prag ist nicht so, dass wir jubeln können, denn Prag wird nach wie vor von einem Hochwasser, wie es zuletzt vor 50 bzw. 20 Jahren vorkam, heimgesucht."

Prager Stadtteil Liben  (Foto: CTK)
Am kritischsten sei die Situation im achten Prager Stadtbezirk, vor allem im Stadtteil Karlín, wo nach wie vor Menschen, die in ihren Häusern zurückgeblieben waren, evakuiert werden müssen. Der Krisenstab habe daher entschieden, diesen Stadtteil hermetisch abzuriegeln, und zwar mit Hilfe von Polizei und Armee, sagte Nemec. Zu den vordringlichsten Aufgaben, die die Einsatzkräfte in Prag nun angehen müssen, erklärte der Oberbürgermeister: "In diesem Augenblick werden Stäbe zusammengestellt, die die Wohnsiedlungen besichtigen. In den Stäben vertreten sind Statiker und Bauingenieure sowie Experten der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke. Und erst wenn die von ihnen besichtigten Objekte freigegeben werden, können die Bewohner in ihre Häuser zurückkehren."

U-Bahnstation Vltavska  (Foto: CTK)
Igor Nemec schloss aus, dass dies bereits am Donnerstag der Fall sein wird. Zu den gesamten Schäden, die die Überschwemmungen vermutlich in Prag angerichtet haben, sagte er: "Was die Schäden anbelangt - diese Schäden schätzen wir auf einige Milliarden bis einige Zig-Milliarden Kronen."

Um die Schäden in Grenzen zu halten, so der Oberbürgermeister, benötige Prag jetzt vor allem Heißluftaggregate zum Trocknen der Bausubstanz und Technik zum Auspumpen des Wassers. Diesbezüglich werde von umliegenden Städten und aus dem Ausland angebotene Hilfe genutzt, ergänzte Nemec.

Nationaltheater
Doch die Schäden werden Langzeitcharakter haben. Vor allem um die Prager Metro ist es schlecht bestellt. Mehrere Stationen der beliebten U-Bahn, die 40 Prozent des städtischen Personenverkehrs bewältigt, stehen noch unter Wasser. Und bis zur Wiederinbetriebnahme der überspülten Stationen in der Innenstadt wird sehr viel Zeit vergehen. Dazu äußerte der Prager Ratsherr für Verkehr, Martin Hejl: "Die Wiederaufnahme des Betriebs ist sicher eine Frage von mehreren Wochen - und das nicht nur aus technischen, sondern auch aus hygienischen Gründen."

Elefant im Prager Zoo  (Foto: CTK)
Besonders tragische Szenen hatten sich am Mittwoch im Prager Zoo abgespielt. Mehrere Tiere, darunter ein Elefant, ein Flusspferd, eine Löwe und ein Bär, mussten den Wassermassen preisgegeben werden. Der Direktor des Tierparks Petr Fejk erklärte dazu: "Ich kann vollkommen glaubhaft versichern, wenn ich mit 24-stündigem Vorlauf gewusst hätte, dass sich ein Jahrhunderthochwasser nähert, dann hätten wir außer dem Elefanten, für dessen Transport wir mindestens drei Tage benötigen, alle Tiere gerettet."

Die Meldungen der Hydrologen sprachen bis in die Nacht zum Dienstag "nur" von einem Hochwasser des Ausmaßes von vor 20 bzw. 50 Jahren. Die Warnung vor der Jahrhundertkatastrophe kam für einige Tiere leider zu spät.