Pressefreiheit in Tschechien

Liebe Hörerinnen und Hörer, seit mehr als einem Jahr senden wir für Sie an dieser Stelle Im Spiegel der Medien, die Mediensendung von Radio Prag. Wie gewohnt, werden wir auch heute auf die wichtigsten Themen zurückblicken, denen sich die tschechischen Medien in der vergangenen Woche gewidmet haben. Am Mikrophon begrüßen Sie Gerald Schubert und Robert Schuster.

Ein Thema, das praktisch in allen tschechischen Medien in der vergangenen Woche Gehör fand, war der Tod von Rudolf Augstein, dem Gründer und langjährigen Herausgeber des deutschen Wochenmagazins "Der Spiegel". In allen Zeitungen fanden sich in diesem Zusammenhang nicht nur Nachrufe, sondern auch der Hinweis, dass der Name Augstein auch für eine wichtige Weichenstellung im Nachkriegs-Deutschland der frühen 60. Jahre stand, nämlich für die Emanzipation der Medien von der Politik und für ein Mehr an Pressefreiheit im allgemein.

Kein Wunder, dass unter diesem Aspekt auch die Ergebnisse eines kürzlich veröffentlichten Berichts über den weltweiten Stand der Pressefreiheit neu gesehen wurden. Präsentiert hatte diesen Bericht die Organisation "Reporter ohne Grenzen". Hierzulande stieß dessen Ergebnis erstaunlicherweise auf wenig Resonanz, obwohl, Tschechien in puncto Pressefreiheit auf einem nicht gerade schmeichelhaften 41. Platz von insgesamt 139 Ländern landete.

Über die Gründe, warum Tschechien - und zwar auch im direkten Vergleich mit den übrigen mittel- und osteuropäischen Ländern - so schlecht abgeschnitten hat, lässt sich nur mutmaßen, da keine zusätzlichen Detailanalysen veröffentlicht wurden. Aber eine mögliche Erklärung dafür bietet vielleicht der Zeitraum, nämlich September 2001 bis Oktober 2002, in welchem die "Reporter ohne Grenzen" ihre Daten für die Bewertung der einzelnen Länder sammelten. In der erwähnten Zeitspanne war nämlich die Medienszene des Landes durch zwei wichtige Ereignisse gekennzeichnet: Zum einen durch den Versuch der damaligen sozialdemokratischen Regierung vom November letzten Jahres, die kritische Wochenzeitschrift Respekt einzuschüchtern. Ihr wurde mit einer Flut von Klagen der einzelnen Regierungsmitglieder gedroht, die in letzter Konsequenz den wirtschaftlichen Ruin von Respekt herbeiführen sollte. Zum anderen sind im Juli Informationen über die geplante Ermordung der erfolgreichen Enthüllungsjournalistin Sabina Slonková aufgetaucht, wobei der mutmaßliche Auftraggeber ein ehemaliger hoher Beamter des Außenministeriums gewesen sein sollte.

Aber zurück zum eigentlichen Bericht der "Reporter ohne Grenzen". Warum gab es dazu in der Öffentlichkeit fast gar keine Reaktionen? Das fragte Radio Prag den Journalisten Karel Hvizdala. Hvizdala war in den 90er Jahren Chefredakteur und Herausgeber der Mlada fronta Dnes sowie Gründer der Wochenzeitschrift Tyden, womit er unmittelbar nach der Wende von 1989 ein Stück tschechische Zeitungsgeschichte schrieb. Hvizdala hat folgende Antwort parat:

Der Druck, der oft auf die tschechischen Medien und deren Berichterstattung ausgeübt wird, sei - so Hvizdala - in den meisten Fällen indirekter Art und es werde vielmehr versucht, die entsprechenden Hebel in einer Art und Weise einzusetzen, so dass sie von der breiten Öffentlichkeit nicht als solche wahrgenommen werden:

Der Publizist Hvizdala hat sich im Zusammenhang mit dem Tod von Rudolf Augstein in der vergangenen Woche in einigen Artikeln Gedanken über die Folgen der s.g. Spiegel-Affäre für die weitere Entwicklung der deutschen Medienlandschaft gemacht. Da er seit den späten 60er Jahren bis zur politischen Wende des Jahres 1989 in der damaligen Tschechoslowakei in Deutschland lebte, konnte er somit die neuen Tendenzen hautnah mitverfolgen. Gefragt, ob es seiner Meinung nach irgendwelche Parallelen zwischen der Lage der deutschen Medien in der Zeit vor der Spiegel-Affäre und den heutigen tschechischen Medien gäbe, meint Hvizdala:

Einen weiteren wichtigen Unterschied sieht Hvizdala auch darin, dass in Deutschland nach 1945 eine völlig neue Medienlandschaft entstanden ist, wobei die westlichen Alliierten in dieser Hinsicht besonders aktiv diesen Prozess beeinflusst hätten:

Die Frage, die sich im Zusammenhang mit dem Verhältnis von Politik und Medien immer wieder stellt, ist die, ob es überhaupt möglich ist, politische Interventionen jeglicher Art auf die Berichterstattung auszuschließen? In den letzten Jahren wurden nämlich Fälle bekannt, dass selbst in der allgemein als Maß aller Dinge angesehen britischen BBC versucht wurde, politischen Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Abschließend kommt noch einmal Karel Hvizdala zu Wort:

Liebe Hörerinnen und Hörer, damit sind wir wieder am Ende unseres heutigen Medienspiegels angelangt. Für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und auf ein Wiederhören freuen sich Gerald Schubert und Robert Schuster.