Presseschau zum Ausgang der Parlamentswahlen
Auch in der tschechischen Presse war am Montag der Ausgang der Parlamentswahlen das dominierende Thema. Silja Schultheis hat für Sie in den Zeitungen geblättert und einige Auszüge daraus zusammengestellt.
"Weder die ODS noch die Koalition hatten etwas anzubieten. Die Spitzenpolitiker dieser Parteien waren vor den Wahlen nicht in der Lage, deutlich zu sagen, was für eine Tschechische Republik sie sich vorstellen."
Ein weiterer Kommentator derselben Zeitung ist der Meinung, die ODS brauche vor allem eine neue Führungsspitze. Er warnt jedoch vor übereilten Schritten:
"Es hat keinen Sinn, Klaus jetzt zum sofortigen Abtritt zu drängen. Eine elegante Lösung wäre es, wenn Klaus bis zum Herbst einen Nachfolger fände und damit wenigstens einen Teil des Schadens wiedergutmachen würde, den er seiner Partei dadurch zugefügt hat, dass er unfähig war, rechtzeitig abzutreten."
Soweit das Blatt "Lidove noviny".
Auch die Zeitung "Mlada fronta dnes" macht die rechten Parteien selbst für ihre Wahlniederlage verantwortlich. Zitat:
"Die ODS hat auf drei tote Karten gesetzt: auf Professor Klaus, die nationalen Interessen und das Schreckgespenst des Sozialismus. Das Wahlbündnis Koalition hat sich wie ein Messias aufgeführt und dabei binnen eines Monats all jene Untugenden an den Tag zu legen, die sie bei den anderen kritisiert."
Das Nachrichtenmagazin "Respekt" hingegen hält die wahlkampfpolitische Ausschlachtung der sog. "nationalen Interessen" für gelungen. Denn - Zitat:
"Zählt man die Stimmen der Konservativen und der Kommunisten zusammen, kommt man auf 45 Prozent - ein "schöner" Block voller kritischer Politik gegenüber "Brüsseler Bürokraten"."
Ein weiteres Thema, das die Kommentatoren beschäftigt, ist das gute Abschneiden der Kommunistischen Partei KSCM, die mit einem Stimmenanteil von 18,51% zur drittstärksten politischen Kraft wurde.
Die Zeitung "Hospodarske noviny" merkt hierzu an:
"Auch wenn die KSCM nicht regiert, steigt das Gewicht ihrer Stimmen im Abgeordnetenhaus. Der Prozess ihrer Legalisierung wird somit de facto fortgesetzt. Verkürzt lässt sich sagen, dass diese Wahlen die letzten waren, bei denen man den Einfluss der KSCM marginalisieren konnte. Die Kommunisten sind zurück. Nicht wegen ihrer Verdienste oder ihrer Taktik, sondern weil ihnen die anderen dies erlaubt haben."
Soweit "Hospodarske noviny".
Die Zeitung "Pravo" fragt nach den Gründen für das gute Abschneiden der Kommunisten und kommt zu dem Schluss:
"Die Menschen haben nicht nur deshalb für die Kommunisten gestimmt, weil sie genug von dem sog. "Oppositionsvertrag" der beiden großen Parteien hatten und auch nicht, weil die Kommunisten ein geniales Wahlprogramm gehabt hätten. Die Kommunistische Partei hat vor allem deshalb Konjunktur, weil sie absolut frei von jeglicher Verantwortung ist und alle sich gegen sie abgrenzen. So konnten die Kommunisten in Ruhe kritisieren, sich auf die Seite der Bürger stellen und versichern, dass es unter ihrer Regierung besser wäre. Sie konnten sicher sein, dass sie diese Versprechen nicht unter Beweis stellen würden müssen."
Sollte die Partei weiter isoliert bleiben, so befürchtet der Kommentator, könnte sie bei den nächsten Wahlen möglicherweise einen noch größeren Stimmenzuwachs verzeichnen. Die Isolierung der Kommunisten sollte daher beendet werden, damit diese Partei ihren Heiligenschein verliert.
Soweit ein Auszug aus der Zeitung "Pravo" und soweit diese kurze Presseschau zum Ausgang der Parlamentswahlen.