Projekt „Kalabis 100“ will auf Werke des Komponisten aufmerksam machen
Der tschechische Komponist Viktor Kalabis hätte im Februar dieses Jahres seinen 100. Geburtstag begangen. Unter dem Titel „Kalabis 100“ wurde vor kurzem ein Projekt gestartet, in dessen Rahmen sein Werk der Öffentlichkeit näher vorgestellt wird. Nach einem Konzert an der Prager Musikakademie, bei dem Werke von Kalabis erklangen, sprach Martina Schneibergová mit dem Komponisten und Musikwissenschaftler Aleš Březina vom Zuzana-Růžičková-und-Viktor-Kalabis-Stiftungsfonds.
Herr Březina, was ist der Kern des Projekts zum 100. Geburtstag von Viktor Kalabis?
„Wir wollten die Gelegenheit nutzen und auf das Gesamtwerk von Viktor Kalabis aufmerksam machen. Er komponierte 92 Werke. Deshalb haben wir einen Aufruf an die Öffentlichkeit gestartet, sich an dem Projekt zu beteiligen. Dank der Institutionen und der finanziellen Unterstützung werden bis Januar kommenden Jahres nun 45 Konzerte stattfinden – nicht nur in Tschechien, sondern auch im Ausland.“
Wer beteiligt sich aus dem Ausland daran?
„Ein Konzert wird in Berlin stattfinden. Dabei wird auch die Geigerin Markéta Janoušková auftreten. Zudem haben wir bereits eine Veranstaltung in der Cathedral of Saint John in New York organisiert. Kent Tritle hat dabei das ‚Canticum Canticorum‘ dirigiert.“
Sie sind im Zuzana-Růžičková-und-Viktor-Kalabis-Stiftungsfonds aktiv. Wie entstand diese Institution?
„Zuzana Růžičková und Viktor Kalabis haben den Fonds gemeinsam im Jahr 2000 gegründet. Schon damals war ich Mitglied. 2017 verstarb dann Zuzana Růžičková. Es wurde ein neuer Stiftungsrat gewählt und ich wurde Vorsitzender.“
Was sind die Aufgaben des Stiftungsfonds? Wie versuchen Sie, das Werk von Viktor Kalabis zu unterstützen und die Aufnahmen von Zuzana Růžičková bekanntzumachen?
„Uns geht es vor allem darum, dass die Werke von Viktor Kalabis in guten Interpretationen herausgebracht werden. Bei Zuzana Růžičková sieht das anders aus: Sie war Cembalistin, von daher gibt es bereits wunderbare Aufnahmen. Wir machen genau darauf aufmerksam und möchten auch zu Neuausgaben anregen. Zudem haben wir zuletzt zwei größere Projekte unterstützt: Im ersten Fall handelte es sich um die Memoiren von Zuzana Růžičková, die sie noch zu Lebzeiten gemeinsam mit der britischen Journalistin Wendy Holden verfasste. Das Buch erschien bei Bloomsbury in London und wurde mittlerweile ins Tschechische, Slowakische, Deutsche, Polnische, Spanische, Portugiesische und Italienische übersetzt. Zudem hatten wir Teil an einem Film über Zuzana Růžičková. Er erschien 2018 und wurde von zwei amerikanischen Filmemachern gedreht. Diese beiden Projekte waren die größten, die wir seit dem Ableben von Zuzana Růžičková durchgeführt haben.“
Zuzana Růžičková hat sich als Cembalistin international einen Namen gemacht. Gilt das auch für ihren Mann, den Komponisten Kalabis?
„So bekannt wie sie war Kalabis nicht. Das wird sich wohl auch kaum ändern. Denn Růžičková war wirklich ein Ausnahmefall als Interpretin – auch wegen ihrer Lebensgeschichte, die unter anderem mit dem Neuanfang nach der Rückkehr aus dem Konzentrationslager verknüpft ist. Zudem ging sie neue Wege in der historischen Aufführungspraxis. Ihr Vermächtnis lebt vor allem in den Werken ihrer besten Schüler weiter. Das sind vor allem Václav Luks, Monika Knoblochová und Mahan Esfahani. Sie sind große musikalische Persönlichkeiten, teilen mit Růžičková einen frechen und frischen Zugang zu den Werken der alten Meister. Genauso wie ihre einstige Lehrerin sind sie aber sehr gut historisch informiert.“
Das Cembalo stand jahrelang ein bisschen am Rande der Aufmerksamkeit. Aber Zuzana Růžičková hat sehr viel dafür gemacht, dass es zu einem begehrten Instrument wird…
„Dafür gibt es gewiss mehrere Gründe. Einer davon wäre, dass man Cembalo jahrzehntelang für ein totes Instrument der alten Musik gehalten hatte. Man hat es als ein Instrument verstanden, dessen Wirkungszeit vorbei ist. Es war ein Verdienst von Zuzana Růžičková, dass sie gezeigt hat, dass man für dieses Instrument wunderbare neue Werke von lebenden Komponisten bestellen kann, wie von Viktor Kalabis und auch vielen anderen. Darin besteht auch die Wichtigkeit von Mahan Esfahani, dass er auch neue Werke in Auftrag gibt. Denn das Cembalo findet nur dann den Eingang in die Konzertsäle, wenn es nicht bloß ein historisches Instrument, sondern einfach ein Instrument unter anderen ist. Und das ist, glaube ich, schon größtenteils gelungen.“
Kommen wir jetzt zu Ihrem Projekt zurück. An diesem Abend wurde auch ein Preis verliehen. Was für Preise vergeben Sie überhaupt und mit welchen Musikinstitutionen arbeiten Sie dabei zusammen?
„Unser Stiftungsfonds vergibt Preise beim internationalen Musikfestival ‚Prager Frühling‘, weiter den internationalen Jugendpreis beim Wettbewerb Concertino Praga. Seit fünf Jahren verleihen wir einen Preis an der Musikhochschule der Akademie der musischen Künste, dieses Jahr an den wunderbaren Geiger Daniel Matejča. Und des Weiteren vergeben wir Preise bei der Internationalen Sommerakademie Prag-Wien-Budapest und auch beim Wettbewerb der Bohuslav-Martinů-Stiftung.“
Mehr über das Projekt „Kalabis 100“ erfahren Sie unter: https://kalabisruzickova.cz/en/viktorkalabis100/.