In Rokycany wird nach Gräbern sowjetischer Soldaten gesucht
Am 7. Mai 1945 befreiten amerikanische Soldaten Rokycany von den nationalsozialistischen Besatzern. Durch das Städtchen im Landkreis Pilsen verlief die Demarkationslinie. Weiter nach Osten drangen die Amerikaner deshalb nicht vor. Sie warteten auf die sowjetischen Truppen, die wenige Tage später in Rokycany eintrafen. Obwohl der Krieg de facto bereits entschieden war, fanden auch in diesen letzten Kriegstagen noch tausende Soldaten den Tod – unter ihnen eben auch viele Angehörige der Roten Armee. Wer sie waren und wo sie begraben sind, ist oft unbekannt. In Rokycany bringt man nun ein wenig Licht ins Dunkel.
„Inoffiziellen Angaben zufolge wurden in unserer Region bis zu 4000 sowjetische Soldaten zu Tode gefoltert, hingerichtet oder sie sind im Kampf gefallen. Die hohe Zahl kann aber nicht mit Sicherheit bestätigt werden. Auf der Liste der russischen Botschaft stehen jedenfalls für den Kreis Plzen / Pilsen 95 Namen“, sagt Jan Engler, Pressesprecher des Rathauses in Rokycany.
In der Liste sind 14 Soldaten der Roten Armee aufgeführt, von denen man sicher weiß, dass sie irgendwo in der Nähe des Städtchens ein Grab haben müssen. Aber die Suche danach ist äußerst schwierig. In Rokycany stellte man sich der Herausforderung. Jan Engler:
„Als erstes haben wir einzelne Gemeinden angesprochen, die zum damaligen Bezirk Rokycany gehörten. Wenn die Gemeinden in ihren Archiven keine Informationen über das Schicksal der Soldaten hatten, haben wir uns über die Medien an die Bevölkerung gewandt.“
Mit Erfolg. Es meldeten sich Zeitzeugen, wie etwa Jan Veverka, heute Friedhofsverwalter im Dorf Mýto, etwa zehn Kilometer von Rokycany entfernt:
„Ich war sechs Jahre alt. Als sie hier auf dem Friedhof begraben wurden, hat man Ehrensalven abgefeuert. Einer ist unter einen Panzer geraten. Ein anderer kam bei einem Unfall ums Leben. Einer wurde im nahe gelegenen Dorf Cheznovice gefunden, aber erst nach etwa einem Jahr.“Bisher waren so in Rokycany und Umgebung die Gräber von zwölf der 14 namentlich bekannten Rotarmisten ausfindig zu machen. Doch selbst wenn auch die letzten beiden Gräber gefunden werden, soll die Suche weitergehen, sagt Jan Engler. Man bekomme nun ständig neue Informationen über Soldatengräber. Denn gerade entlang der damaligen Demarkationslinie bei Rokycany starben in den letzten Kriegstagen auch viele amerikanische Soldaten. Mittlerweile hat in sechs weiteren Städten und Gemeinden im Kreis Plzen die Suche begonnen. Alles hängt von der Mithilfe der Zeitzeugen ab. Die Zeit drängt also, denn 65 Jahre nach Kriegsende – werden es immer weniger.