Shakespeares Machtkampfdrama auf der Prager Burg

Unter Sternenhimmel Shakespeares Versen zuzuhören und dabei die einzigartige Kulisse der romanischen Burgmauer und Türme der Prager Burg zu genießen. Diese Möglichkeit bietet sich allen Theaterfans wieder ab der nächsten Woche. Die traditionellen Shakespeare-Festspiele werden am 21. Juni eröffnet.

Jan Triska
Wenn man in den altehrwürdigen Kulissen der Prager Burg auch zusätzlich noch hervorragende Schauspielerleistungen sehen kann, dann kann das Theatererlebnis wirklich vollkommen sein. Die Veranstalter des traditionellen Shakespeare-Sommerfestivals haben dieses Mal einige namhafte Künstler nach Prag eingeladen. Nach einigen Jahren Pause wird auf der Burg wieder Jan Triska zu sehen sein, der hier 2002 als König Lear das Publikum begeistert hatte. Triska, der in den sechziger und siebziger Jahren zu den beliebtesten Theater- und Filmdarstellern in der Tschechoslowakei gehörte, lebt seit 1977 in den USA. Auch dort spielt er Theater und dreht Filme. In seiner Heimat konnte er erst nach der Wende wieder auftreten. Er spielte Hauptrollen in einigen Filmen junger tschechischer Regisseure - wie z. B. in Jan Sveraks "Obecni skola" (Volksschule). In der neuen Inszenierung von Shakespeares Drama "Der Sturm" spielt Jan Triska Caliban. In seinem Leben habe er bereits einige Shakespeare-Rollen gespielt, sagt Triska:

"Jede Rolle hat sich in mich hineingetrieben wie eine Axt in einen Baum und ist auch in mir geblieben. Das ist meine bisherige Lebenserfahrung. Ich hatte das Glück Romeo zu spielen, der auf der einen Seite des Spektrums von Shakespeare-Rollen steht. Auf der anderen Seite habe ich aber auch König Lear gespielt. Zwischen diesen beiden Rollen steht Caliban, den ich dieses Jahr zum zweiten Mal in meinem Leben darstellen werde."

Einmal spielte Jan Triska Caliban in den USA, jetzt studierte er die Rolle in Prag zum ersten Mal auf Tschechisch ein:

Martin Huba  (rechts)
"Caliban ist halb Kind halb Mann, halb Schurke und halb ein Unschuldiger, und dies kann einer der Gründe sein, warum mich diese Rolle so stark anzieht."

Jan Triska soll in diesem Sommer als Caliban 57mal auf der Bühne stehen. In der Rolle des Prospero werden sich drei bekannte slowakische Schauspieler abwechseln. Einer der Prospero-Darsteller ist Martin Huba, der Regisseur der berühmten König Lear-Inszenierung von 2002. Im "Sturm" ist Huba zufolge die Ethik um den Machtkampf von Bedeutung, die immer noch aktuell ist.

"Auch derjenige, dem Unrecht angetan wurde, steht vor einem Dilemma, nämlich zwischen seiner persönlichen Haltung und der Ethik der Gesellschaft. In diesem Fall ist es Prospero, der die Macht verloren hatte und vertrieben wurde. Das Gefühl der Ungerechtigkeit verwandelt sich in eine gewisse Art von Aggressivität, in ein Spiel mit der Macht, das nicht weit entfernt sein kann von der Rache."

Neben dem Sturm wird im August auf der Burg eine tschechisch-slowakische Inszenierung von Shakespeares "Wie es euch gefällt" ihre Prager Premiere erleben. Neben Prag werden die Festivalvorstellungen auch in Brno / Brünn und in Bratislava aufgeführt. Auf dem Programm werden bis zum 14. September auch einige der viel gefragten Inszenierungen aus den vergangenen Jahren stehen: "Der Kaufmann von Venedig", "Othello", "Was ihr wollt" oder "Der Sommernachtstraum". Zum ersten Mal wird in Prag auch im Palais Liechtenstein auf der Prager Kleinseite gespielt, um alle erfolgreichen Inszenierungen aufführen zu können.

Mehr über das Festival erfahren Sie unter: www.shakespeare.cz.

Fotos: Autorin