Slowakei - immer noch ein attraktives Urlaubsland für Tschechen, und gilt dies auch umgekehrt?
Herzlich willkommen zur heutigen Ausgabe der Sendereihe "Begegnungen", am Mikrofon begrüßt Sie Martina Schneibergova. Wie immer in der jeweils letzten Ausgabe der Begegnungen im Monat, wurde auch diese Sendung in der Zusammenarbeit mit unserer Partnerredaktion von Radio Slowakei International vorbereitet. Inmitten der Urlaubssaison stellten wir uns die Frage, inwieweit heutzutage die Slowakei für die Tschechen, bzw. Tschechien für die Slowaken ein Urlaubsland darstellt. Nach der Antwort auf diese Fragen suchten wir bei den Fremdenverkehrsexperten in den beiden Ländern...
Nach der Teilung der Tschechoslowakei mussten viele passionierte tschechische Bewunderer herrlicher Berglandschaften schweren Herzens zur Kenntnis nehmen, dass die Hohe und Niedere Tatra nun also im Ausland liegen und damit - auch wenn es absurd klingen mag - doch irgendwie entfernter geworden sind... Stellen die slowakischen Berge und Kurorte immer noch ein attraktives Urlaubsziel für Tschechen dar? Irena Dvaliova, Leiterin der Prager Zweigstelle des slowakischen Reisebüros Satur Travel meinte:
"Die Hohe Tatra ist ständig gefragt, auch wenn es stimmt, dass die Nachfrage kurz nach der Teilung der Tschechoslowakei vorübergehend zurückgegangen ist. In der letzten Zeit ist die Tendenz Jahr für Jahr steigend. Es passiert oft, dass die Menschen immer wieder in die Slowakei zurückkehren - vor allem ältere Menschen, die die Slowakei ihren Enkelkindern zeigen wollen. Die Nachfrage erhöht sich, es ändert sich jedoch deren Zusammensetzung. Die Hohe Tatra erfreut sich auch weiterhin der Aufmerksamkeit, aber im Winter bevorzugen viele Kunden die Niedere Tatra. Denn es herrscht die Meinung vor, dass für die Skisportler die Niedere Tatra attraktiver ist. Im Sommer interessieren sich die Kunden für die Thermalbäder, in der letzten Zeit verzeichneten wir erhöhtes Interesse für Kuraufenthalte in den slowakischen Kurstädten - wie Bardejov oder Piestany. Die Termalbäder sind aber am meisten gefragt, mit ihnen konkurriert vielleicht noch das Slowakische Paradies."
Die Prager Zweigstelle des Reisebüros Satur AG hat den Sitz im selben Gebäude wie das Slowakische Institut. Das Reisebüro Satur entstand 1995 als Rechtsnachfolger des einst führenden tschechoslowakischen Reisebüros CEDOK:
"Nach der Auflösung der Tschechoslowakischen Föderation ist die Bezeichnung CEDOK in Tschechien geblieben, in der Slowakei wurde der Name Satur angenommen. Das Reisebüro verfügt über 48 Zweigstellen in der Slowakei - das Netz von einstigen Cedok-Zweigstellen wurde dort beibehalten. Neu errichtet wurden jedoch die Satur-Zweigstellen im Ausland - in Prag war es 1998."
Wie bereits erwähnt, gibt es für die Tschechen einige bevorzugte Urlaubsziele in der Slowakei, jetzt arbeitet das Reisebüro daran, auch sogenannte "landeskundliche" Reisen vorzubereiten. Es ist nach den Worten der Mitarbeiter von Satur jedoch schwierig, die Nachfrage zu vereinheitlichen. Die Vorstellungen der Kunden über das Reiseprogramm sind sehr unterschiedlich. Außerdem haben immer noch viele Tschechen das Gefühl, dass sie die Slowakei gut kennen und sich ein Reiseprogramm selbst zusammenstellen können. Dies gilt insbesondere für die ältere Generation. Interessiert sich jedoch auch die junge Generation für Reisen in die Slowakei, jene also, die erst nach der Teilung des Staates erwachsen wurden?
"Die jungen Menschen bevorzugen in der Slowakei eindeutig die Skisportzentren. Im Sommer interessieren sie sich z. B. für das Slowakische Paradies - sehr gefragt sind Radwanderungen. Die Slowakei ist als Reiseland auch für junge Tschechen interessant. Ich freue mich auch darüber, wenn Kinder den Eltern Reisen z. B. zu ihrem Hochzeitsjubiläum kaufen. Dies kommt oft vor."
Es sei - so Irena Dvaliova weiter - schwierig, zu sagen, ob der Urlaub in der Slowakei den Tschechen preisgünstig vorkommt, angeboten werden Aufenthalte in verschiedenen Preiskategorien. Am billigsten sind für die Einzelperson Aufenthalte in gemieteten Wochenendhäusern. Gibt es unter den slowakischen Urlaubszielen einen Schlager dieser Sommersaison?
"Dies ist eindeutig Velky Meder - das ehemalige Calovo - wo es ein großes Areal mit Thermalbädern gibt. Auch wenn es in der Slowakei mehrere ähnliche Badeorte gibt, gehört Velky Meder zu den bekanntesten und den meist besuchten."
Viele Tschechen haben also in den letzten Jahren die Slowakei als Urlaubsziel wiederentdeckt, wie steht es um Tschechien als eventuelles Reiseziel für die slowakischen Nachbarn? Mehr dazu erfahren Sie von Miriam Varsova von der deutschen Redaktion von Radio Slowakei International:
Die Slowaken haben sich an die Tatsache gewöhnen müssen, dass der Urlaub in der Tschechischen Republik für sie bereits einen Auslandsurlaub bedeutet - dennoch auch weiterhin einen der preisgünstigsten. Ein Paradox ist es daher, dass das Interesse der Slowaken am Tourismus im Nachbarland in den letzten Jahren relativ gering ist. Direktorin der Sektion für Auslandsaufenthalte des Reisebüros SATUR Travel Bratislava, AG Jana Öriova bestätigt:
"Ja, das stimmt, das Interesse der Slowaken an den von Reisebüros organisierten Urlaubsreisen nach Tschechien sinkt. Man kann höchstens von einigen Dutzenden von Kunden jährlich sprechen. Diese Situation dürfte wohl damit erklärt werden, dass viele Slowaken in diesem Fall den Urlaub lieber individuell gestalten. Diejenigen, die immer wieder nach Tschechien zurückkehren, pflegen bereits Kontakte zu konkreten Unterkunftseinrichtungen, bzw. besorgen die Unterkunft durch ihre tschechischen Freunde oder Bekannte - d. h., sie nutzen immer weniger die Dienstleistungen der Reisebüros."
Die SATUR-Kataloge beinhalten hauptsächlich das Angebot an Familienurlauben mit Kindern und an Aufenthalten für junge sowie Senioren-Ehepaare, die einen Aktivurlaub im Nachbarland verbringen wollen. Wir wollten wissen, welche Destinationen sich bei den Slowaken der größten Beliebtheit erfreuen. Jana Öriova dazu:
"Die Slowaken sind meistens an einem Winterurlaub in tschechischen Skizentren interessiert, vor allem im Riesengebirge und Jeseniky/Altvatergebirge. Für Interessenten sichern wir auch Aufenthalte im berühmten tschechischen Kurort Marienbad, ferner Klassenfahrten, bzw. begleitete Rundfahrten mit Besichtigungen der tschechischen Burgen und Schlösser. Zu den beliebten Reisezielen zählt der Mährische Karst mit der berühmten Höhle Macocha. Interessant für slowakische Touristen ist auch Südtschechien mit seinen zahlreichen Teichen. In der Ortschaft Hluboka nad Vltavou/Frauenberg z. B. vermitteln wir die Unterkunft in einem Sporthotel, das wegen der preiswerten Ermäßigung für Kinder vor allem von Familien immer wieder besucht wird. Ein Magnet für die Slowaken ist nach wie vor die tschechische Hauptstadt Prag. Aber auch in diesem Fall sind sie nicht mehr an die Dienste der Reisebüros angewiesen. Alle notwendigen Informationen über das gewünschte Reiseziel kann man doch gegenwärtig über Internet ausfindig machen. Individualreisen ist eben im Trend."
Spricht man über Tourismus, sollte man eine Erwähnung des Phänomens mit der treffenden Benennung "Einkaufstourismus" nicht unterlassen. Immer mehr Slowaken, besonders diejenigen, die unweit von der Grenze mit Tschechien leben, machen laut Statistiken "regelmäßige Ein-Tages-Reisen" ins Nachbarland, um dort preiswert einzukaufen. Diese neuzeitliche Form der Reiselustigkeit der Slowaken ist vor allem auf die Preisunterschiede in beiden Ländern zurückzuführen. Die Lebensmittel- und Verbrauchsgüter preise in den Hypermärkten und Geschäften in den mährischen Städten wie Brno/Brünn, Breclav/Lundenburg oder Hodonin/ sind ja verhältnismäßig niedriger. Die Zahl der Einkaufstouristen aus der Slowakei nimmt zu, seitdem das tschechische Parlament im April 2000 die Novelle des MWS-Gesetzes verabschiedet hat. Laut dieser darf nämlich jeder Ausländer bei Einkäufen im Wert über 1000 tschechische Kronen die Rückzahlung der MWS beanspruchen. Nur im ersten Halbjahr 2001 haben die Zollbeamten an der tschechisch-slowakischen Grenze über 100 Tausend MWS-Rückerstattungsgesuche seitens der Slowaken verzeichnet. Man erwartet, dass diese Zahl während der Sommersaison noch ansteigt.