Sozialdemokraten weisen Zusammenarbeit mit Kommunisten zurück
Das Desaster der regierenden Sozialdemokraten bei den am vergangenen Wochenende erstmals in Tschechien stattgefundenen Landkreiswahlen und beim ersten Wahlgang zu den Senatswahlen treibt immer seltsamere Blüten. Am späten Dienstag Abend waren der Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten Milos Zeman und Kommunistenchef Miroslav Grebenicek in Prag zu einer Unterredung zusammen gekommen, bei der sie sich - nach Aussage von Grebenicek - auf eine Zusammenarbeit beim anstehenden zweiten Wahlgang zu den Senatswahlen und bei der Bildung möglicher Koalitionen in einigen Landkreisen verständigt hätten. Diese Darstellung wies jedoch Zeman einen Tag später als Desinformation zurück und löste damit noch mehr Verwunderung aus. Lothar Martin mit den Einzelheiten.
Bis in die frühen Mittwoch-Morgenstunden haben die Vorsitzenden der beiden Linksparteien in der Villa des Premiers zusammen gesessen, um die Situation nach den Wahlen zu erörtern. Nach der beiderseitigen Verabschiedung nahm Kommunistenchef Grebenicek die Gunst der Stunde wahr, um vor den wartenden Journalisten zu verkünden: "Wir haben uns auf eine gegenseitige Unterstützung der Kandidaten unserer Parteien, die in die zweite Runde der Senatswahlen vorgedrungen sind, geeinigt. Und zudem haben wir uns auf die Bildung von Koalitionen in den Landkreisen geeinigt, wo unsere Parteien eine Mehrheit bilden können," sagte Grebenicek.
Premier Zeman hielt sich am Mittwoch zu einem Arbeitsbesuch in der polnischen Hauptstadt Warschau auf. Nach Bekanntwerden der Aussage von Miroslav Grebenicek sah er sich genötigt, in einem Telefonat mitzuteilen: "Ich möchte hier klar konstatieren, dass keine Vereinbarung getroffen wurde, nicht einmal eine Rahmenvereinbarung."
Der sozialdemokratische Vizechef, Innenminister Stanislav Gross, ging sogar noch einen Schritt weiter, indem er Grebenicek bezichtigte: "Der Fakt, das er unwahrheitsgemäß über das Treffen informiert hat, muss durchdacht gewesen sein und möglicherweise entspricht das auch dem, was wir analysiert haben, nämlich dass die Kommunisten unzweifelhaft kein Interesse daran haben und haben werden, dass die Soziademokratie erfolgreich ist."
Dennoch waren auch Stimmen zu vernehmen, die Sozialdemokratenchef Zeman angesichts seines augenscheinlichen Zick-Zack-Kurses zum Rücktritt von dieser Funktion aufforderten. Am deutlichsten wurde dabei die ehemalige Vizevorsitzende der Partei, Petra Buzkova, die ihre Rücktrittsforderung so begründete: "Als einen Grund nenne ich, dass wenn man sich in der Woche zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang zu den Senatswahlen und in der Zeit, wo die Koalitionsgespräche in den Landkreisen beginnen, mit dem Parteichef der Kommunisten trifft, muss man sich nicht wundern, wenn die Informationen darüber verzerrt dargestellt bzw. meiner Meinung nach sogar missbraucht werden."
Petra Buzkova bezeichnete das Treffen als solches als skandalös.
Milos Zeman ließ sich von der Forderung seiner ehemaligen Stellvertreterin jedoch nicht aus dem Gleichgewicht bringen, sondern verwies darauf, dass sie in ihrer jetzigen Position solche Forderungen nicht vorzubringen habe. Andererseits wurde Zeman noch am selben Abend vor das oberste Gremium seiner Partei zitiert, um dieses über den Inhalt seiner Gespräche mit Grebenicek zu informieren. Das Parteigremium nahm die Erklärung des Vorsitzenden an, wonach weder Vereinbarungen mit den Kommunisten abgeschlossen noch vorbereitet worden wären. Zeman selbst bezeichnete die Aussagen von Miroslav Grebenicek als Desinformation. So war es auch kein Wunder mehr, dass der Rücktrittsantrag von Petra Buzkova abgeschmettert wurde und Sozialdemokrat Jiri Hron nach der Sitzung des Parteigremiums verkündete: "Das Gremium hat konstatiert, dass Milos Zeman die volle Unterstützung der Parteileitung hat."