Spidla: Bedauern über Vertreibung bezieht sich auch auf Österreich

Cyril Svoboda, Benita Ferrero-Waldner, Vladimir Spidla et Wolfgang Schüssel, photo: CTK

Kein Zweifel: In den tschechisch-deutschen und in den tschechisch-österreichischen Beziehungen bewegt sich etwas. Dies gilt in jüngster Zeit nicht nur für Bereiche wie Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur, wo man ja immer wieder mal hören kann, dass ein gutes Nachbarschaftsverhältnis zu wichtig sei, als dass man dessen Herstellung den Politikern überlassen könnte. Nein, momentan kommen gerade aus der Politik versöhnliche Worte und Gesten. An diesem Wochenende hat Premierminister Vladimir Spidla einen Schritt getan, der die Beziehungen mit Österreich nachhaltig verbessern könnte. Gerald Schubert berichtet:

Vladimir Spidla,  Foto: CTK
Das Klima zwischen Tschechien und Deutschland war bislang, zumindest nach der Papierform, etwas stabiler als das zwischen Tschechien und Österreich. Denn seit dem Jahr 1997 gibt es die sogenannte "Deutsch-tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung". Und auf dieses Konsenspapier, in dem sich beide Seiten auch zu ihrem Anteil an vergangenem Unrecht bekennen, können sich tschechische wie deutsche Politiker immer wieder berufen, wenn das bilaterale Parkett einmal kurzfristig glatt zu werden droht.

Mit der österreichischen Seite gibt es keine solche gemeinsame Erklärung. Und dies war, neben einigen anderen historischen Altlasten und nicht zuletzt wegen des umstrittenen grenznahen Kernkraftwerks Temelin, wohl mit ein Grund dafür, dass man sich bei der Bewältigung zwischenstaatlicher Probleme hier zuletzt immer ein wenig schwerer getan hat.

Während eines Europa-Forums im österreichischen Göttweig hat nun der tschechische Premierminister Vladimir Spidla einen Schritt unternommen, der helfen könnte, diese Lücke zu überbrücken. Er meinte nämlich, dass sich das Bedauern der tschechischen Seite über Unrecht, das nach dem Zweiten Weltkrieg an Deutschen begangen worden sei, selbstverständlich auch auf all jene beziehe, die nach ihrer Vertreibung aus der Tschechoslowakei österreichische Staatsbürger geworden wären.

Angesichts mancher Befürchtungen etwa im Zusammenhang mit Restitutionsfragen ist es jedoch immer schwierig, solche Bekenntnisse in die Nähe einer juristischen Auslegung kommen zu lassen. Und so betonte denn auch Spidla:

Li.: Cyril Svoboda,  Benita Ferrer-Waldner,  Vladimir Spidla,  Wolfgang Schüssel,  Foto: CTK
"Wenn wir uns heute zur moralischen Verantwortung für einige Ereignisse aus der Nachkriegszeit bekennen, so können wir sie jedoch nicht mit der rechtlichen Ebene vermischen. Aus juristischer Sicht handelt es sich, wie auch die Ergebnisse der im vorigen Jahr erarbeiteten unabhängigen Analysen bestätigen, um eine abgeschlossene Sache."

Doch war diese Präzisierung Spidlas wohl nicht nur an die tschechische Öffentlichkeit und die Ängste vor eventuellen Eigentumsansprüchen gerichtet. Auch umgekehrt soll offenbar klar sein, dass die juristischen Grundlagen der Vertreibung heute nicht mehr wirksam sind:

"So kann ich hier erneut jedem versichern, dass heute keine der geprüften Rechtsnormen aus der Nachkriegszeit neue Rechtsverhältnisse begründen kann."

Gleichwohl, in welcher Form man im tschechisch-österreichischen Verhältnis nun noch ungelöste Rechtsfragen sieht: Eine Verbesserung des Klimas, in dem dann alle konkreten Fragen sachlicher diskutiert werden können als bisher, zeichnet sich in jedem Fall ab.