Historischer deutscher Friedhof in Heřmánkovice: Abrissarbeiten rufen Kritik hervor
Im nordostböhmischen Heřmánkovice / Hermsdorf wurde ein historischer deutscher Friedhof auf Anweisung der Bürgermeisterin teilweise niedergewalzt. Kritik daran kommt nicht nur vom örtlichen Bauamt, sondern auch aus dem Regierungsamt in Prag.
Heřmánkovice liegt nördlich von Broumov / Braunau, kurz vor der Grenze zu Polen. Heute leben dort nicht einmal 500 Menschen. Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs waren es mehr als 1500. Als Sudetendeutsche wurde ein Großteil der Einwohnerschaft 1945 dann aus dem Dorf vertrieben.
Ein Ort, an dem die Geschichte der früheren deutschen Bewohner noch sichtbar wird, ist der Friedhof von Heřmánkovice. Allerdings sind hier in der vergangenen Woche etwa 50 historische Gräber eingeebnet worden. Reporter des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens (ČT) hatten auf das Geschehen aufmerksam gemacht, woraufhin sofort Kritik laut wurde. Vertreter der deutschen Minderheit in Tschechien verlangten eine Erklärung, und auch das römisch-katholische Dekanat in Broumov zeigte sich negativ überrascht. Die Kreisverwaltung übergab den Fall zur weiteren Untersuchung an das Regierungsamt.
Die Bürgermeisterin von Heřmánkovice, Jana Králová (parteilos), begründete ihre Entscheidung mit den Worten, es habe sich 80 Jahre lang niemand um die Grabstätten gekümmert. Gegenüber einem Reporter des Tschechischen Rundfunks sagte sie:
„Das waren keine Gräber mehr, das waren unwürdige Reste von Gräbern – unwürdig auch denen gegenüber, die darunter liegen. Es war ein hässlicher Fleck im Gegensatz zu all dem Schönen, das es auf unserem Friedhof gibt.“
Im Bericht von ČT hatte Králová betont, sie habe das Erscheinungsbild des Friedhofs ausbessern wollen, und es seien überhaupt nur einige herumliegende Steine beseitigt worden. Reste der Anlagen sind daraufhin im nahegelegenen Ort Božanov aufgetaucht – darunter auch Teile von Grabsteinen, auf denen die Namen und Lebensdaten der Verstorbenen zu erkennen waren. Ebenso hielt ein ČT-Reporter Teile von Grabplatten in die Kamera, die nach dem Baggereinsatz noch auf dem Friedhof lagen und ebenfalls persönliche Angaben enthielten. Králová behauptet hingegen:
„Wir haben nur Gräber beseitigt, auf denen kein Geburtsdatum stand. Es überrascht mich, dass sich auf den gefundenen Steinen nun Lebensdaten befinden. Diese muss der Baggerfahrer eigenständig abtransportiert haben.“
Die Grabsteine mit den Aufschriften seien bereits auf den Friedhof zurückgebracht worden, räumt Králová ein und besteht darauf, dass die Dorfverwaltung gegen keinerlei Vorschriften verstoßen habe.
Daran hat Jiří Chotěborský vom Bauamt Broumov seine Zweifel. Seiner Aussage nach waren die meisten der sudetendeutschen Gräber in gutem Zustand, was auch Fotos belegen würden:
„Ich habe noch nie eine solch gezielte Liquidierung deutscher Gräber erlebt. Ich bin enttäuscht von der Haltung der Gemeinde und auch über den Verlust der Geschichte des Ortes. Ich bin sauer.“
Laut Chotěborský hätte das Friedhofsgelände auch dann nicht eingeebnet werden dürfen, wenn es tatsächlich in einem solch verwahrlosten Zustand gewesen wäre, wie es die Gemeindeleitung beschreibt. Der Beamte verweist auf ein Dokument mit dem Titel: „Zur Pflege verlassener deutscher und anderer Gräber auf den Friedhöfen der Tschechischen Republik“. Darin hieße es, dass solche Orte nicht liquidiert werden dürften, so Chotěborský.
Das Papier stammt vom Regierungsrat für nationale Minderheiten. Dieser bezeichnete das Vorgehen der Gemeindeverwaltung in Heřmánkovice als moralisch nicht akzeptabel. Der Politologe Lukáš Novotný hält die Vorgaben in dem Dokument allerdings nicht für ausreichend. Im Tschechischen Fernsehen sagte er, es fehle an einer funktionierenden landesweiten Methodik zum Umgang mit verlassenen deutschen Friedhöfen:
„Derzeit ist die Pflege abhängig vom Engagement der jeweiligen Bürgermeister oder auch von Vereinen, die zum Beispiel mit Arbeitseinsätzen die Gräber instand setzen. Mitunter engagieren sich auch Verbände der deutschen Minderheit. Durch Kontakte zu verschiedenen Bürgermeistern wissen wir nur zu gut, dass es an Geld fehlt.“
Noch im vergangenen Jahr hatte Heřmánkovice eine Auszeichnung beim Wettbewerb „Dorf des Jahres“ gewonnen. In der Kategorie „Erneuerung oder Rekonstruktion von denkmalgeschützten Objekten und Sehenswürdigkeiten mit lokaler Bedeutung“ wurde der Verwaltung der „Goldene Ziegelstein“ verliehen.