Starker Preisanstieg in Tschechien
Die Inflation hat in Tschechien den höchsten Wert seit zweieinhalb Jahren erreicht. Im Jahresvergleich stiegen die Konsumentenpreise um 5.5 %, und erstmals scheint es, als würde die Nationalbank ihr Inflationsziel nach oben verfehlen. Details dazu im nachfolgenden Beitrag von Ruedi Hermann.
Bei der markanten Preiserhöhung für Gemüse handelt es sich um den bekannten sogenannten Kartoffeleffekt. Immer dann, wenn die Frühkartoffeln auf den Markt kommen, ziehen nämlich die Kartoffelpreise kräftig an, fallen aber schon bald wieder. Dieses Jahr lagen im Juni die Preise bei 24 Kronen pro Kilogramm, was 9 Kronen mehr ist als vergangenes Jahr. Im Juli allerdings betrug der Kilopreis nur noch 12 Kronen, weshalb für die Juliinflation mit einem entsprechenden Gegentrend gerechnet werden kann. Bei den Fleischpreisen fiel ins Gewicht, dass das Auftauchen des ersten Falls von Rinderwahnsinn in Tschechien die Preise für Schweinefleisch und Geflügel ansteigen liess. Überraschenderweise wurde beim Rindfleisch allerdings kein Preiszerfall registriert. Im Gegenteil, auch hier stieg das Preisniveau um 0.3 %. Die verarbeitende Industrie hat auch eine Wiederbelebung der Nachfrage nach Rindfleisch und Wurstwaren festgestellt.
Eine Abflachung der Inflation für den Juli ist kaum zu erwarten. Denn wenn auch der Preisanstieg im Lebensmittelsektor auf Grund des schon erwähnten Kartoffeleffekts gemässigter ausfallen dürfte, so werden bedeutende Preiserhöhungen für Erdgas und Wohnungsmieten ins Gewicht fallen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob für die Nationalbank Handlungsbedarf besteht. Ein Analytiker der Komercni banka äusserte sich dazu gegenüber der Tageszeitung Mlada Fronta dnes vorsichtig und wies darauf hin, dass die Lebensmittelpreise, die für den gegenwärtigen Inflationsschub verantwortlich seien, im allgemeinen nicht durch das Zinsniveau beeinflusst werden könnten. Die Nationalbank müsse erst reagieren, wenn der Preisanstieg eine wachsende allgemeine Konsumnachfrage reflektiere. Spekulationen über eine Zinsanpassung sind dennoch schon in Umlauf geraten. Die Nationalbank sieht sich hier allerdings mit einer heiklen Konstellation konfrontiert, die die Entscheidung erschwert. Denn in der Eurozone und in den USA dürfte es auf Grund der Konjunkturlage eher zu Zinssenkungen kommen. Laut dem Nationalbank-Vizegouverneur Ludek Niedermayer befindet sich Tschechien eindeutig in einer anderen Phase des ökonomischen Zyklus als etwa Deutschland, was die Prognostizierung der allgemeinen Entwicklung und die Auswahl der allenfalls für eine Reaktion anzuwendenden Instrumente erschwere.