Sudetendeutsches Bekenntnis zu Masaryk

Tomáš Garrigue Masaryk (Foto: Barbora Němcová)

Der sudetendeutsche Sozialdemokrat Josef Hofbauer hat im Jahr 1938 ein Buch geschrieben, darin bekannte er sich zur Politik des tschechoslowakischen Staatsgründers Tomáš G. Masaryk. Das Werk heißt „Der große alte Mann“. Dieses Buch ist nun auf Tschechisch erschienen.

Peter und Harry Hofbauer  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Am Montag wurde die tschechische Ausgabe in Prag vorgestellt – 80 Jahre nach dem Erscheinen des Buches auf Deutsch. Mit dabei waren auch die Enkel des Autors, Harry und Peter Hofbauer.

„Es ist wunderbar für uns, dass das Buch auf Tschechisch erscheint. Für uns ist es eine Ehre. Und ich glaube, dass unser Großvater, der in Frankfurt begraben liegt, auch unheimlich stolz darauf sein dürfte“, so Harry Hofbauer, der in Südfrankreich lebt.

Sein Großvater wurde zwar in Wien geboren, arbeitete dann aber in Böhmen als Journalist und Schriftsteller. Ab 1910 war Josef Hofbauer bei der „Freiheit“ im damaligen Teplitz-Schönau. 1924 ging er nach Prag und schrieb dort vor allem für den „Sozialdemokrat“.

Thomas Oellermann  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Die Masaryk-Biographie „Der große alte Mann“ erschien unmittelbar nach dem Tod des ersten tschechoslowakischen Staatspräsidenten und Staatsgründers. Die sudetendeutschen Sozialdemokraten gehörten zu dem Zeitpunkt zur Regierungskoalition in Prag. Und obwohl Tomáš G. Masaryk sicher kein linksgerichteter Politiker gewesen ist, hatte Hofbauer gute Gründe, ihn zu ehren. Der Historiker Thomas Oellermann:

„Das Buch war ein ganz klares Bekenntnis der sudetendeutschen Demokraten zur Tschechoslowakei und auch zum Gründerpräsidenten. Diese Intention kann man im Text deutlich erkennen. 1937/38 verschärfte sich hierzulande die innenpolitische Krise, und die Sudetendeutsche Partei war aufgekommen. Da hatte man bei den Sozialdemokraten wohl die Idee, praktisch ein Pamphlet zu verfassen und dabei über Masaryk als den großen Demokraten der Tschechoslowakischen Republik zu schreiben.“

Dass gerade Hofbauer dieses verfassen sollte, ist nicht verwunderlich. Er hatte das nötige Talent. Zudem waren von ihm schon Zeitschriftenbeiträge über Masaryk erschienen. In seinem Text wandte sich der Sozialdemokrat ganz klar gegen Hitler, dem damals auch immer mehr Sudetendeutsche verfielen. So heißt es dort:

Tomáš Garrigue Masaryk  (Foto: Barbora Němcová)
„Wer sich zu Masaryk bekennt und zur Demokratie, zu den großen Traditionen der deutschen Kultur, zum Sozialismus und zum Internationalismus und also selbstverständlich auch zu den Idealen der Humanität, muss Gegner jedes Nationalismus, um so entschiedener Gegner des Alldeutschtums, des ‚Nationalsozialismus‘, des deutschen Imperialismus jeder Art sein.“

Der allererste Druck auf Deutsch erfolgte übrigens bereits zu Ende des Jahres 1937. Und ein Exemplar hat Harry Hofbauer auch mit nach Prag gebracht:

„Die Bücher standen bei uns zu Hause im Regal, aus dem Nachlass meines Vaters. Ich habe das Exemplar einmal aufgeschlagen und las dann: ‚An meine liebe Frau. Vielen Dank für die Hilfe beim Buchschreiben wie bei allen anderen Büchern auch. Josef Hofbauer, Weihnachten 1937‘“, so der Enkel.

Josef Hofbauer
Die jetzige tschechische Ausgabe haben Institutionen in Tschechien und Deutschland unterstützt. So unter anderem die Gesinnungsgemeinschaft der sudetendeutschen Sozialdemokraten, die Seliger-Gemeinde, und die Demokratische Masaryk-Akademie in Prag. Der Zeitpunkt des Erscheinens sei mit Bedacht gewählt, sagt Thomas Oellermann:

„Ich glaube, es ist wichtig, dass das Buch gerade jetzt vor dem großen Feiertag erscheint, bei dem 100 Jahre tschechoslowakische Staatlichkeit begangen werden. Es muss auch einen Beitrag geben zur Frage, wie sich die sudetendeutschen Sozialdemokraten oder Demokraten in der Ersten Tschechoslowakischen Republik ab 1918 verhalten haben. Da ist das Buch ein wirklich passendes Zeitdokument.“

Allein, die Katastrophe kann damals auch Hofbauer nicht mehr aufhalten. Die Nationalisten bringen die Sudetengebiete im Laufe des Jahres 1938 an den Rand eines Bürgerkriegs. Hitler nutzt die gezielte Provokation. Mit dem Münchner Abkommen bereitet er die rechtliche Grundlage zunächst für die Annexion des Sudetenlandes. Im März 1939 marschieren die deutschen Nationalsozialisten dann auch in Prag ein.

Autor: Till Janzer
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