Švehlík – „Einfallsreicher Art rock und ein Duett von Gitarrenpastelltönen“
Die 70er und 80er Jahre in der kommunistischen Tschechoslowakei waren geprägt von Repressionen und einem Klima der Angst. Im Untergrund jedoch hielt sich beständig eine Literatur-, Kunst- und Musikszene, die dem Regime kulturell Paroli bot. Dies war oft riskant. Und Geld verdienen ließ sich damit schon gar nicht. Viele experimentelle Jazz- und Rockbands, die diese Subkultur mit trugen sind heute jedoch zu Unrecht fast in Vergessenheit geraten. Eine dieser Bands war Švehlík.
Aber von Beginn an. Wie bei vielen Rockbands erzählt die Legende auch über Švehlík, dass am Anfang ein Saufgelage mehrerer Musikverrückter stand. Und etwas verrückt musste man sein, um in der Tschechoslowakei der späten 1970er Jahre den Avantgarderock zu spielen, mit dem Švehlík auf den Prager Jazztagen 1978 zum ersten Mal für Aufsehen sorgten.
Švehlík präsentierten auf den Jazztagen ihr Konzeptprogramm „Träume eines psychopathischen Kindes“, teils überlange epische Stücke, die verschiedene kindliche Traumphasen akustisch illustrierten. Die Organisatoren der Jazztage schrieben im Programmheft über Švehlík:„Die Gruppe hat den Ausweg aus der ‚Zappa-Krise’ unserer progressiven Musik in einem originellen Art rock gefunden. Darin wird Wert gelegt auf sorgfältige und einfallsreiche Kompositionen und ein buntes Duett von Gitarrenpastelltönen.“
Das Publikum drückte seine Zuneigung zu Švehlík weniger poetisch aber nicht weniger leidenschaftlich aus. Angeblich soll Leadgitarrist Richter nach dem Konzert auf Schultern aus dem Saal getragen worden sein.Der große Erfolg beim Prager Publikum war bereits der Höhepunkt in der Geschichte von Švehlík. Nach internen Querelen verließen Schlagzeuger und Bassist die Band. Auch den Proberaum verlor Švehlík. Der Gitarrist Alexandr „Lesík“ Hajdovský, das zweite „Mastermind“ der Band, kündigte an, nach Deutschland zu emigrieren: Das Ende für Švehlík?
Nein! Bandgründer Richter schaltete eine Anzeige: „Suche Musiker, die was auch immer spielen.“ Unzählige Bassisten, Gitarristen, Organisten und Schlagzeuger kamen, spielten vor, aber gingen meist nach einigen Proben wieder. Die Aussichten für Erfolgshungrige waren bei Švehlík nicht gerade rosig. Die sperrige Musik, für die Pavel Richter stand, hätte schon in freien Gesellschaften einen schweren Stand. In der kommunistischen Tschechoslowakei der dunklen „Normalisierungszeit“ konnte man damit nicht einmal von geringem kommerziellem Erfolg träumen, geschweige denn von einem Plattenvertrag. Das Publikum der spärlich gesäten Live-Konzerte liebte Švehlík nach wie vor. Eines der Konzerte – es war im Sommer 1981 – besuchte auch der letztlich doch nicht emigrierte Lesík Hajdovský. Und er wollte unbedingt wieder mitmachen. Das Kreativ-Duo Richter / Hajdovský sorgte noch im selben Jahr für die erste und vorerst auch letzte Studioaufnahme von Švehlík. Der Titel „Studio 81“. Danach zerfiel die Band endgültig. Sie hinterließ einige wenige Konzertmitschnitte und das besagte Studio-Demoband. All die Aufnahmen, die auf kopierten Kassetten die Runde in der tschechoslowakischen alternativen Szene der 80er gemacht hatten, konnten nach der Wende 1989 endlich auf Platte erscheinen. 1994 raufte sich Švehlík noch einmal kurz zusammen, nahm ein Album mit alten Stücken auf und trennte sich gleich darauf abermals. Der alte Švehlík-Sound hatte zwar in den 90ern noch nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Richter und Hajdovský aber waren schon wieder auf der Suche nach anderen, avangardistischeren Ausdrucksformen. Und die Gruppe Švehlík… war während ihres Bestehens von 1978 bis 1981 einfach die richtige Band im falschen Land.