Tapfer gekämpft, aber erfolglos: Tschechiens Handballerinnen scheiden bei EM früh aus

Tschechien - Schweden (Foto: ČTK / AP Photo / Henning Bagger)

In Dänemark wird in diesen Tagen die Handball-Europameisterschaft der Frauen ausgetragen. Zu den Teilnehmern gehört auch die tschechische Nationalmannschaft. Doch sie hat sich früh vom Turnier verabschiedet.

Einer der letzten Höhepunkte eines Sportjahres ist stets die WM oder EM im Handball der Frauen. Diese Titelkämpfe finden regelmäßig im Dezember statt. In diesem Jahr aber war die Ausrichtung der Europameisterschaft gefährdet. Wegen der Corona-Pandemie zog sich Norwegen kurzfristig als Co-Gastgeber zurück, so dass Dänemark die EM nun alleine ausrichtet. Aus dem gleichen Grund wurde die Qualifikation zur Endrunde schon im April abgebrochen. Der Europäische Handball-Verband (EHF) verteilte daher die restlichen Plätze an die weiteren 14 besten Mannschaften der letzten EM gemäß dem Ranking. Da Norwegen diese EM als Fünfter und Dänemark als Achter beendet hatte, rückten Tschechien als 15. und Kroatien als 16. nach.

Schwierige EM-Vorbereitung

Jan Bašný  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Dies war also für die Tschechinnen ein durchaus glücklicher Umstand. Allerdings konnten sie sich nicht optimal auf die Endrunde vorbereiten. Wegen der dauerhaften Reisebeschränkungen absolvierten sie in diesem Jahr kein einziges internationales Testspiel. Die Schützlinge von Nationaltrainer Jan Bašný zogen sich lediglich in Cheb / Eger zu einem längeren Trainingscamp zusammen, bei dem sie mehrmals gegeneinander antraten. Für Flügelspielerin Dominika Zachová hatte sich deswegen die Marschroute vor dem Start der EM aber nicht geändert:

„Trotz der Vorbereitung ohne Gegner ändert sich für uns nichts. Unser Ziel ist das Weiterkommen nach der Gruppenphase. Dazu müssen wir einen Kontrahenten schlagen oder es zumindest probieren. Wir müssen alles reinwerfen, was wir haben.“

Foto: JeppeSmedNielsen,  Pixabay / CC0

Ähnlich sah es auch Trainer Bašný, obwohl er auf die starke Konkurrenz verwies:

„Selbstverständlich sind wir der Papierform nach der Außenseiter in unserer Gruppe. Diese Rolle kommt uns aber eher entgegen, wir haben kein Problem damit. Bei Schweden, Russland und Spanien fehlen einige Spielerinnen genauso wie bei uns, doch ich denke, dass die verletzungsbedingten Ausfälle bei den Gegnern schwerer ins Gewicht fallen als bei uns.“

Markéta Jeřábková  (links). Foto: ČTK / AP Photo / Henning Bagger

In der tschechischen Mannschaft fehlte unter anderem Torfrau Lucie Satrapová wegen einer Verletzung sowie Kapitänin Iveta Korešová aufgrund von Mutterschaftspflichten. In Abwesenheit von Korešová war Markéta Jeřábková der Star des Teams. Für die 24-Jährige, die in der Bundesliga für den Thüringer HC spielt, war es die dritte Teilnahme an einer EM – aber die erste, die vor leeren Rängen stattfinden sollte:

„In dieser Hinsicht wird es sicher sehr speziell werden. Ich will nicht sagen, dass bei einem Spiel von uns die Halle mit 8000 Zuschauern ausverkauft wäre, doch jetzt auf Schritt und Tritt jedes Wort hören zu können, wird komisch sein. Andererseits können wir froh sein, dass diese WM überhaupt ausgetragen wird.“

Tschechien - Schweden  (Foto: ČTK / AP Photo / Henning Bagger)

Neben dieser Besonderheit mussten sich alle Spielerinnen und Betreuer nahezu täglich einem Corona-Test unterziehen. Dies sollte gewährleisten, dass keine infizierten Personen an einer Begegnung teilnehmen. Dennoch seien Fragen offengeblieben, was letztlich auch den Spielplan des Turniers hätte gefährden können, meinte Jan Bašný:

„Bekannt ist nur, dass jemand, der positiv getestet wird, in ein anderes Hotel umziehen muss. Alle anderen im Team warten dann auf die Ergebnisse eines weiteren Tests. Und hier endet diese Regelung. Was danach passiert, weiß niemand – möglicherweise aus Angst vor den Konsequenzen.“

Tatsächlich wurden gleich zu Beginn des Turniers zwei positive Corona-Fälle aus den Kadern von Rumänien und Serbien gemeldet. Doch während die Rumäninnen ihr Auftaktspiel gegen Deutschland termingemäß bestreiten konnten, wurde die Partie zwischen Serbien und den Niederlanden um einen Tag verschoben. Denn die zweiten Testergebnisse der Serbinnen ließen auf sich warten.

Hoffnungsvoller Start in die Endrunde

Tschechien - Schweden  (Foto: ČTK / AP Photo / Henning Bagger)

Ohne positiven Befund und in voller Stärke startete die tschechische Mannschaft am vergangenen Donnerstag in das Turnier. In Herning bot sie gegen die favorisierten Schwedinnen eine beherzte Partie, in der sie lange in Führung lag. Am Ende aber verloren die Tschechinnen mit 23:27. Trainer Bašný:

„Bis zur 40. Minute haben wir ausgezeichnet gespielt. Leider wird aber gegen einen solchen Gegner jeder Abwehrfehler, jede Zeitstrafe oder vergebene Chance bestraft. Das hat uns nicht nur die Führung, sondern auch viel Kraft gekostet.“

Markéta Jeřábková war mit acht Treffern die beste Werferin der Tschechinnen in der Begegnung. Trotz der Niederlage sah sie vor allem das Positive und versuchte ihre Mannschaftskameradinnen wieder aufzurichten:

Foto: ČTK / AP Photo / Henning Bagger

„Schon vor dem Turnierbeginn war klar, dass wir keine Medaillenanwärter sind. Unsere Motto lautet daher: ‚Wir wollen kämpfen und überraschen.‘ Das hat man meiner Meinung nach in dieser Partie auch gesehen, denn jede unserer Spielerinnen hat ihr Bestes gegeben. Und das Turnier hat ja gerade erst begonnen.“

Der zweite Gegner am Samstag aber war kein Geringerer als Olympiasieger Russland. Doch Bangemachen galt nicht, auch gegen den Gruppenfavoriten zeigten die tschechischen Frauen eine starke kämpferische Leistung und waren bis Mitte der zweiten Halbzeit ebenbürtig. Dann aber schlichen sich wieder einige unnötige Fehler ein, und auch diese Begegnung wurde verloren. Zur 22:24-Niederlage sagte ein enttäuschter Bašný:

Tschechien - Russland  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

„Alles war wieder für die Katz, zu Punkten hat es nicht gereicht. Ansonsten bin ich mit dem Spiel meines Teams zufrieden. Die Mädels haben gezeigt, dass sie bis zum Schlusspfiff auch mit den Olympiasiegerinnen mithalten können, das sollte ihnen Selbstvertrauen geben. Die Hälfte der Spielzeit waren unsere jungen Spielerinnen auf dem Parkett, und sie haben es genauso gut gemacht wie die älteren.“

Ein Garant dafür, dass das Match sehr ausgeglichen blieb, war Torfrau Petra Kudláčková. Sie wehrte 40 Prozent der gegnerischen Schüsse ab und war damit die herausragende Akteurin des Spiels. Doch am Ende stand auch sie mit leeren Händen da:

„Ich habe furchtbar gemischte Gefühle. Denn erneut haben wir eine entschlossene und kämpferisch starke Leistung geboten, für die wir zumindest einen Punkt verdient hätten. Dass ich einiges halten konnte, ist meine Aufgabe, dafür stehe ich im Tor. Mich ärgert aber, dass wir dafür nicht belohnt wurden. Wenn ich meinen Auftritt noch einmal wiederholen kann, dann klappt es vielleicht im dritten Versuch mit einem Punktgewinn.“

Ernüchterndes Fazit: In drei Spielen lange geführt, und doch verloren

Foto: Tschechisches Fernsehen

Nicht nur ein Zähler, sondern ein normaler Zwei-Punkte-Sieg war im letzten Gruppenspiel auch vonnöten, wollten die Tschechinnen nicht frühzeitig ihre Koffer packen. Doch auch Spanien als dritter Gegner war ein starkes Kaliber. Die Iberinnen sind schließlich als amtierender Vize-Weltmeister zur EM angereist. Davon ließen sich die Tschechinnen jedoch nicht beeindrucken, sondern boten in dieser Begegnung eine Halbzeit lang ihre beste Vorstellung bei dem Turnier. Nach knapp 30 Minuten führten sie mit 16:10, was den Traum vom Weiterkommen real werden ließ. Letztlich aber platzte er wie eine Seifenblase, weil das Team von Trainer Bašný auch diesmal im zweiten Abschnitt erschreckend nachließ. Und so wurde das Match noch mit 24:27 verloren. Markéta Jeřábková, mit acht Treffern erneut die beste Torschützin der Mannschaft, war nach dieser Pleite am Boden zerstört:

Markéta Jeřábková  (Foto: Steffen Prößdorf,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)

„Ein Spiel dauert 60 Minuten. Wir haben über weite Strecken der Begegnung den Ton angegeben, doch das zählt am Ende nicht. Wir haben verloren und müssen jetzt nach Hause fahren.“

Das ist der Fall, weil nur die jeweils drei besten Teams einer Gruppe in die Zwischenrunde einziehen. Die vier Letzten scheiden aus, ihre Endplatzierung wird aus dem Punktgewinn und dem Torverhältnis aus der Gruppenphase abgeleitet. Die tschechische Mannschaft dürfte so wie vor zwei Jahren um Rang 15 landen, die genaue Platzierung steht erst nach den letzten Spielen der Gruppen C und D am Dienstag fest.

Für Coach Jan Bašný ist das aber nicht maßgebend. Trotz aller Enttäuschung geht sein Blick bereits in Richtung Zukunft:

„Unser Team war das jüngste dieser Europameisterschaft. Es hat gezeigt, wie stark es bereits ist. Und es wird noch stärker sein, wenn es die nächsten Jahre weitere Erfahrungen sammelt. In Herning haben wir drei tolle Spiele geboten, auch wenn wir keines davon gewinnen konnten. Aber die Spielerinnen verdienen meinen allergrößten Respekt, sowohl für die Turniervorbereitung als auch für die Leistung bei allen drei EM-Spielen.“

Autoren: Lothar Martin , Mirko Vasić
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