Thomas Brussig las in Prag
Einer der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller der Gegenwart, der junge Berliner Autor Thomas Brussig, ist nun auch dem tschechischen Publikum bekannt. Nicht nur durch sein Werk, sondern auch persönlich. Die tschechischen Leser konnten sich bisher mit der tschechischen Version seines Romans "Helden wie wir" bekannt machen, die im letzten Jahr im Buchverlag "Labyrint" herausgegeben wurde. Dieser Tage erscheint im Odeon-Verlag auch die Übersetzung von Brussigs neustem Werk - "Am kürzeren Ende der Sonnenallee", das als eine gewisse Ergänzung zum populären Film "Sonnenallee" entstanden ist. Das Goethe-Institut in Prag veranstaltete am Montag eine Lesung, an der Thomas Brussig selbst - gerade von einem Abstecher nach Australien zurückgekehrt - aus seinem Werk las. Markéta Maurová hat diese Gelegenheit genutzt und den Schriftsteller ans Mikrophon eingeladen.
Was haben Sie für den heutigen Abend für ihr Prager Publikum gewählt, haben Sie speziell etwas für die Tschechen aus Ihrem Werk ausgewählt?
"Es ist schon richtig, dass ich heute Abend ein Programm machen werde, was ich so noch nie gemacht habe. Das hat etwas auch damit zu tun, dass diese Veranstaltung heute durch den Deutschlandfunk vorbereitet wurde, und die Dame, die mich da präsentiert, möchte, dass ich aus allen drei Büchern, die ich bisher geschrieben habe, vorlese, und dann mache ich das so."
Sie widmen sich in Ihren Büchern, besonders im Roman "Helden wie wir", den 70. und 80. Jahren, der jüngsten Geschichte Deutschlands, der sozialistischen Ära der DDR. Was glauben Sie, gibt es gemeinsame Erlebnisse, die wir hier, in unserem Milieu erlebt haben?
"Ganz gewiss. Denn "Helden wie wir", der Roman beginnt damit, dass der Hauptheld zur Welt kommt. Und er kommt zur Welt, als die sowjetischen Panzer in die Tschechoslowakei einrollten. Also da ist seine Mutter, die macht Urlaub an einer Straße und die Panzer rollen da vorbei, und aus Schock, dass da Panzer rollen, kommt das Kind zur Welt. Also es ist eine ultimative, politische Geburt. Und auf der anderen Seite, in dem großen Roman von Jachym Topol "Die Schwester" gibt es ja auch ausführliche Schilderungen dieser Botschaftsbesetzung. Also da ergibt sich das einfach durch die Nachbarschaft zwischen Deutschland und Tschechien bzw. der DDR und der Tschechoslowakei, da gibt es natürlich Berührungspunkte und das ist da auch immer interessant zu lesen, wie es dann die anderen wahrgenommen haben, also das, was eigentlich zur eigenen Geschichte gehört."
Sie haben viele Erfahrungen mit Lesungen vor dem Publikum. Kann man das irgendwie vergleichen, wenn Sie in Ostdeutschland, in der ehemaligen DDR und in den alten Bundesländern lesen, was den Widerhall beim Publikum betrifft?
"Natürlich werde ich im Osten aufmerksamer wahrgenommen - und da bedeute ich den Leser auch mehr, weil meine Bücher auch eine Erfahrungswelt aufzeigen, die die meisten der Leserinnen und Leser im Osten tatsächlich auch kennen, in dem sie sie miterlebt haben. Aber trotzdem haben meine Bücher auch im Westen eine große Akzeptanz und auch die Lesungen sind gut besucht und sind auch von der Stimmung her sehr gut. Also ich kann an den Publikumreaktionen nicht erkennen, ob ich im Osten oder im Westen lese."