Tiefere Inflation in Tschechien
Die Inflation in Tschechien wird sich über das ganze Jahr gesehen am unteren Ende der von der Nationalbank abgesteckten Bandbreite des Inflationsziels bewegen. Nach einem Anziehen der Preise in den ersten sechs Monaten hat die weltwirtschaftliche Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte einen Rückgang des Drucks auf Preissteigerungen gebracht. Mehr dazu im folgenden Beitrag von Rudi Hermann.
Verlangsamung der Inflation - eine gute Nachricht für die Ökonomen? Ganz gewiss für die Nationalbank, die die Wahrung der Preisstabilität in ihrem Pflichtenheft geschrieben hat. Für eine allgemeinere Beurteilung allerdings hängt die Bewertung vor allem davon ab, auf welche Faktoren die Verlangsamung der Inflationsentwicklung zurückzuführen ist. Doch zunächst zu den Zahlen. Für das Jahr 2001 rechnet die tschechische Nationalbank mit einer Inflationsrate von rund 4% und einer sogenannten Nettoinflation von 2.2%. Das entspricht den Werten des letzten Jahres und ist am unteren Ende der angepeilten Bandbreite. Der Verlauf der Inflation im Jahresvergleich zeigt für den Januar 2001 einen Anfangswert von 4.2%, darauf folgte eine Senkung auf 4.0% im Februar und dann ein stetiges Ansteigen bis zum Maximum im Juli von 5.9%. Seit Juli geht es mit den Werten wieder abwärts; die Etappen waren 5.5, 4.7, 4.4 und 4.2% in den Monaten August bis November.
Die Gründe für diese Entwicklung sehen Analytiker darin, dass namentlich in der ersten Jahreshälfte eine anziehende Binnennachfrage die Preise in die Höhe trieb, während seit dem Juli-Maximum rückläufige Preise für Treibstoff sowie Lebensmittel und alkoholische Getränke die Inflation in Grenzen zu halten helfen. Ein weiterer Grund für das sich abflachende Tempo der Inflation liegt laut Nationalbankchef Zdenek Tuma in der weltweiten Konjunkturabkühlung. Nach der Meinung des Chefökonoms der Komercni Banka, Kamil Janacek, hat sich damit die Rezession in den USA als stärkerer Faktor für die Weltwirtschaft erwiesen als die Auswirkung der terroristischen Anschläge vom 11. September auf die Ölpreise. Auf die Treibstoffpreise in Tschechien hat auch der Kurs der tschechischen Krone einen Einfluss, da die hiesige Währung gegenüber dem Dollar gestiegen ist und Ölimporte dadurch billiger geworden sind. Einen weiteren Grund für das rückläufige Inflationswachstum sieht laut der Zeitung Lidove noviny die Analytikerin Kristina Lenkova von der Investitionsgesellschaft Citicorp in der Situation auf dem tschechischen Markt, wo sich grosse Detailhandelsketten einen erbitterten Konkurrenzkampf liefern, der die Preise tief hält.
Da durch die weltweite Konjunkturabflachung allerdings die Nachfrage nach tschechischen Exportgütern zurückgeht, hat dies Auswirkungen auf die hiesige Arbeitslosenrate. Diese ist im November gegenüber dem Vormonat um 0.1% von 8.4 auf 8.5% gestiegen, laut dem Ökonomen Pavel Sobisek von der HVB-Bank eine eindeutige Folge der schwachen Auslandnachfrage. Diese Situation könnte sich, so Sobisek, mittelfristig auch auf die inländische Wirtschaftsentwicklung niederschlagen, wenn nämlich die exportorientierten Unternehmen wegen der schwachen Nachfrage Expansionspläne vorerst aufschieben müssen.