Transparency International: Korruption in Tschechien weiter auf dem Vormarsch
Die unabhängige Organisation Transparency International hat ihren alljährlichen Korruptionsindex herausgegeben. Darin werden die Informationen und Wahrnehmungen von 13 unabhängigen Institutionen verarbeitet. Die Tschechische Republik ist abermals abgerutscht in der Bewertung. Tschechien steht gerade im mittelosteuropäischen Vergleich nicht gut da. Christian Rühmkorf sprach mit dem tschechischen Leiter von Transparency International, David Ondráčka.
Laut aktuellem Korruptionsbericht von Transparency International ist die Tschechische Republik von Platz 45 auf Platz 52 abgerutscht, steht schlechter da als zum Beispiel Polen und Ungarn. Herr Ondráčka, hat Sie dieser Abwärtstrend überrascht?
„Nicht besonders. Einen Abwärtstrend beobachten wir schon lange Zeit. Dass wir schlechter dastehen als uns Nachbarn, das ist keine gute Visitenkarte für Tschechien. Und das zeigt, dass die Tschechische Republik ein tiefgreifendes strukturelles Problem mit Korruption hat. Das sind nicht nur Kinderkrankheiten einer jungen Demokratie oder der Transformation. Da muss etwas getan werden.“
Was sind die Hauptursachen, wo hat die Tschechische Republik – sagen wir mal – ein individuelles Problem im mittelosteuropäischen Vergleich?
„Ich sehe das Hauptproblem in einer engen Verflechtung von Politik und Business. Bei uns ist es beispielsweise möglich, sich ein eigenes Gesetz zu sozusagen zu ´erkaufen´, also den Gesetzgebungsprozess zu beeinflussen. Das zeigt sich auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Eine weitere Ursache ist die Instabilität der Justiz – sie wird immer wieder von Politik und Wirtschaft attackiert. Korruption und Wirtschaftskriminalität werden deshalb kaum strafrechtlich verfolgt. Und drittens muss man sagen, dass es kaum eine systematische Strategie der Regierung gibt. Es gibt keine personellen Kapazitäten. Wenn ein Politiker gegen die Korruption vorgehen will, dann hat er kaum Experten zur Verfügung, die ihm die konkreten Maßnahmen vorbereiten.“Wo muss man jetzt ansetzten, welche Maßnahme wäre aktuell am wichtigsten?
„Meiner Ansicht nach muss unbedingt die Staatsanwaltschaft stabilisiert und gestärkt werden, damit sie aktiv gegen Korruption vorgehen kann. Dann der Gesetzgebungsprozess muss transparenter werden. Das heißt, Lobbying braucht eine gesetzliche Regelung, und die Einzelinitiativen der Abgeordneten müssen eingeschränkt werden. Denn dadurch entstehen immer wieder schlecht gemachte Gesetze. Und nicht zuletzt müssen wir die Kontrolle verbessern bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Gelder aus den europäischen Fonds. Da geht es ja um den Einsatz öffentlicher Mittel.“
Was droht der Tschechischen Republik, wenn sich dieser Abwärtstrend fortsetzt?„Das Vertrauen der Menschen in die Demokratie sinkt. Politische droht, dass Populisten das Thema Korruption für sich entdecken. Und sie würden damit Erfolg haben, denn die Menschen sehen das als großes Problem an. Und vor allem: öffentliche Gelder für Krankenhäuser, Schulen, Straßen, landen einfach in den falschen Taschen.“