Trebic lebt auf
In unserer Sendung geht es nun weiter mit einer neuen Ausgabe des Regionaljournals. Diesmal geht es nach Mähren, in die Stadt Trebic, deren jüdisches Ghetto und deren Basilika des Heiligen Prokop Anfang Juli in die UNESCO-Liste aufgenommen wurden. Aber nicht nur darüber werden Sie von Martina Schneibergova und Dagmar Keberlova in den folgenden Minuten mehr erfahren.
Die ganze Region um Trebic ist eine malerische Gegend, die typisch für die Böhmisch-Mährische Höhe ist: also eine hügelige Landschaft mit viel Wald und schönen Feldern. So macht es nichts aus, wenn man sich im Juli verfährt und etwas von der Landschaft genießen kann. Es ist sogar schöner, als wenn man direkt von der Autobahn den richtigen Weg erwischen würde. Die Strassen sind leider nicht die besten, aber da stellt die Region um Trebic keine Ausnahme dar.
Ist man einmal in der Stadt angekommen, dann kann man sich bequem zu Fuß umsehen. Wie in den meisten tschechischen Kleinstädten ist ein hässliches Einkaufszentrum aus den Zeiten der kommunistischen Herrschaft irgendwo in der Innenstadt unvermeidbar, aber von Trebic wurde ja auch nicht das ganze Stadtzentrum in die UNESCO Liste eingetragen, sondern nur das jüdische Ghetto und die Basilika des Heiligen Prokop, die sich beide von der restlichen Stadt bedeutend unterscheiden. Der Pressesprecher der Stadt, Ivan Pribik, der uns im Rathaus empfängt, sagte uns über die Reaktion auf die Aufnahme in das prestigeträchtige Verzeichnis folgendes:
Um eine Schilderung der Situation vor den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts baten wir den stellvertretenden Bürgermeister der Stadt, Jan Karas:
"Die jüdische Stadt hat völlig anders ausgesehen als heute. Heute sind schon viele Fassaden der Häuser renoviert, und alles sieht sehr schön aus. Wenn wir als Ausgangspunkt den Zustand vor ca. 30 Jahren nehmen, dann war das ein Stadtviertel, das sehr vernachlässigt und schmutzig, und bereits zum Abriss verurteilt war."
Ein Architekt der Stadt, Lubor Hrzan, geht noch weiter in die Geschichte zurück:
"Eigentlich ist der Niedergang des Viertels schon am Anfang des vorigen Jahrhunderts eingeleitet worden. Die Gebietsgrenzen zwischen den Religionen sind verschwunden, die reichen Juden zogen damals in den christlichen Teil der Stadt und die armen Christen wiederum ins Ghetto. Also seit damals war die Grenze eher im Besitz als in der Religion begründet. Diese Trennung gipfelte dann in den 70er Jahren, wie bereits Herr Karas angemerkt hat. Damals hätten diese Häuser abgerissen werden sollen, und anstelle des Ghettos war eine Plattenbausiedlung geplant."
Es waren nicht nur die Häuser im schlechten Zustand, sondern auch das Versorgungsnetz. Hier hat sich die Situation bereits Mitte der 90er Jahre verbessert, sagte uns Jan Karas:
"Dieser Bereich hat sich Mitte des letzen Jahrzehnts verändert. Das Versorgungsnetz wurde neu erbaut. Dabei wurde u. a. auch die Beleuchtung des Stadtviertels neu ausgebaut, und dieses verlor dabei die typische Gestalt als Schattenviertel. Dies gelang dank einer Spende aus den USA, die gerade für die Renovierung des Versorgungsnetzes bestimmt war."
Das war dann die Voraussetzung für weitere Renovierungen von Häusern und anderen Gebäuden, die sich im Ghetto befinden, fügt der stellvertretende Bürgermeister Karas hinzu. 90% der Häuser sind im Privatbesitz, und die Stadt vertritt die Meinung, dass sie mit der Erneuerung des Versorgungsnetzes die Voraussetzungen für die weitere Renovierung durch die Privatbesitzer erfüllt hat. Gibt es jetzt Beschränkungen für die Hausbesitzer? Architekt Hrzan hierzu:
"Gewisse Einschränkungen hat es in diesem Stadtteil schon vor der Aufnahme in die UNESCO-Liste gegeben, denn seit dem Jahre 1990 ist das Ghetto Bestandteil der denkmalgeschützten Zone. Die Bedingungen werden sich jetzt mit der Eintragung noch verschärfen, auf der anderen Seite ist es wiederum möglich, Geld aus verschiedenen Fonds zu schöpfen."
Wie ist es eigentlich damals gelungen, dass das Viertel unter den Kommunisten nicht abgerissen wurde?
"Es entstand eine absurde Situation, und nehmen Sie jetzt bitte die Worte mit etwas Abstand: Eigentlich könnten wir den Kommunisten danken, dass das Ghetto erhalten blieb. Es war ein Abbruchgebiet, wo nichts gebaut wurde, und es kam daher zu keiner Störung von architektonischen Strukturen. Weil man kein Geld für den Abriss der alten Häuser und den Aufbau der Plattenbauten hatte, kam es dazu eben nicht. Außerdem ist dies hier ein Gebiet, wo Überschwemmungsgefahr droht, das war auch ein wichtiger Faktor. Und nach dem Fall des Kommunismus haben sich die Pläne der Stadt mit diesem Viertel dann völlig verändert."
Die Stadt hat vieles getan: sie hat etwa einen neuen Schutz des Viertels gegen Überschwemmungen errichtet, oder die alte Subak Fabrik in 29 Wohnungen für junge Leute umgewandelt und somit dem verlassenen Viertel neues Leben eingeflösst.
Gibt es heute noch bekannte Juden aus der Stadt?
"Es ist eine Reihe von jüdischen Familien hier begraben. Ihre Familienmitglieder leben heute in der ganzen Welt und treffen hier einmal im Jahr zusammen. Eine bekannte Familie ist z.B. die Familie Subak, die heute in Amerika lebt. Es gab immer eine Subak-Strasse im Ghetto, die dann unter den Kommunisten Fabrikstraße hieß, und seit 1989 nennen wir sie wieder Subak-Strasse. Als Herr Subak dies erfahren hat, hat er der Stadt eine kleine Spende gegeben, als Dank dafür, dass in Trebic an seine Familie gedacht wird."
Während früher die jüdische Gemeinde in Trebic ziemlich groß war, leben derzeit keine Juden mehr hier. Nach dem 2. Weltkrieg kamen nur an die 10 zurück. Daher wird auch die eine der beiden ehemaligen Synagogen, die noch als Synagoge erhalten blieb und nicht in ein Gemüselager verwandelt worden war, nicht mehr zu Gottesdiensten genutzt. Die Stadt habe sie zwar der nächstgelegenen jüdischen Gemeinde in Brno / Brünn angeboten, diese zieht es aber vor, dass die Synagoge von der Stadt verwaltet wird.
Einen bedeutenden Anstieg der Besucher habe man in Trebic bereits am ersten Wochenende nach der Bekanntgabe der Eintragung in die UNESCO-Liste registriert, sagte uns Jana Vrzakova vom Informationszentrum der Stadt:
Die Stadt bereitet zu diesem Ereignis ein großes Fest vor, zu dem Sie alle herzlich eingeladen sind. Pressesprecher Pribik abschließend: