Tschechiens Tennisdamen setzen Glanzpunkte beim Turnier in Melbourne

Naomi Osaka and Petra Kvitová (Foto: ČTK / AP Photo / Aaron Favila)

Das erste große Tennisturnier des neuen Jahres, die Australian Open, ist am Sonntag zu Ende gegangen. Einen Großteil seiner Geschichten haben auch tschechische Tennisspielerinnen mitgeschrieben, und das sehr erfolgreich. Barbora Krejčíková gewann den Titel im Mixed, Petra Kvitová und Karolína Plíšková brillierten im Damen-Einzel. Und bei den Herren meldete sich der beste Tscheche, Tomáš Berdych, eindrucksvoll zurück.

Naomi Osaka and Petra Kvitová  (Foto: ČTK / AP Photo / Aaron Favila)

Petra Kvitová  (Foto: ČTK / AP Photo / Mark Schiefelbein)
Im Damentennis gehören die tschechischen Spielerinnen seit fast einem Jahrzehnt zur absoluten Weltspitze. Deutlichster Beleg für ihre Klasse sind die Ergebnisse im Fed Cup: Die Mannschaftstrophäe haben sie in den zurückliegenden acht Jahren gleich sechs Mal gewonnen. Dafür sind die Leistungen der beiden Top-Spielerinnen, Petra Kvitová und Karolína Plíšková, im weltweiten Tenniszirkus gewissen Schwankungen unterlegen. Dafür sorgen viele Faktoren wie Reisestress, Verletzungen, Erkrankungen oder auch persönliche Schicksalsschläge. Zu den Australian Open waren beide jedoch in verheißungsvoller Frühform angereist: Plíšková hatte zunächst das Turnier in Brisbane und Kvitová nach ihr das Turnier in Sydney gewonnen. In Melbourne setzten sie ihren Triumphzug mit je fünf weiteren Siegen fort und standen damit im Halbfinale. Kvitová fegte dort auch ihre sechste Kontrahentin, die US-Amerikanerin Danielle Rose Collins, in nur zwei Sätzen vom Platz. Für die 26-jährige Plíšková aber kam das Stoppzeichen – sie scheiterte nach großem Kampf an der Japanerin Naomi Osaka. Das aber war keine Geringere als die amtierende US-Open-Siegerin, und deren Klasse wusste auch Plíšková zu überzeugen:

Karolína Plíšková  (Foto: ČTK / AP Photo / Andy Brownbill)
„Sie spielt ungemein selbstbewusst und erzwingt so den Erfolg. Sie ist erst 21 Jahre alt, aber schon eine erstklassige Spielerin. Und ich denke, sie kann noch besser werden.“

Doch auch ohne Plíškovás Lob für die laufstarke Japanerin wusste Petra Kvitová, dass ihr im Finale die härteste Prüfung des Turniers noch bevorsteht. In Tschechien drückten ihr jedoch alle fest die Daumen. Und ganz besonders in ihrem nordmährischen Heimatort Fulnek, wo sich Freunde und Verwandte der 28-Jährigen zum privaten Public Viewing im Klubheim der dortigen Tennisanlage eingefunden hatten.

So richtig aus dem Häuschen sind ihre Fans, als Kvitová den zweiten Satz mit 7:5 gewonnen und zum 1:1 nach Sätzen ausgeglichen hatte. Einer ihrer Fans ist Tomáš Káňa, der nach diesem Zwischenstand begeistert konstatierte:

Petra Kvitová  (Foto: ČTK / AP Photo / Mark Schiefelbein)
„Das ist einfach herrlich. Petra hat toll den Ausgleich gemacht, sie spielt sehr gut. Da gibt es nichts hinzuzufügen.“

Danach wird weiter mitgefiebert – und alle hoffen auf den Gewinn des dritten Satzes. Das aber gelingt der zweifachen Wimbledonsiegerin nicht mehr, sie verliert den Satz mit 4:6 und damit zum ersten Mal auch ein Grand-Slam-Finale. Doch von dem Zweieinhalb-Stunden-Krimi sind alle angetan, auch Roman Drozd, einer ihrer treusten Fans:

„Das war ein phantastisches Spiel. Am Ende hat die etwas höhere Qualität von Osaka entschieden. Sie hat die wichtigen Bälle absolut perfekt gespielt und bei den entscheidenden Ballwechseln auch weniger Fehler gemacht.“

Dennoch herrscht keine Betroffenheit, auch nicht bei Petra Kvitovás älterem Bruder Libor:

Roman Drozd: „Das war ein phantastisches Spiel. Am Ende hat die etwas höhere Qualität von Osaka entschieden. Sie hat die wichtigen Bälle absolut perfekt gespielt und bei den entscheidenden Ballwechseln auch weniger Fehler gemacht.“

„Es war toll, auch wenn das Tüpfelchen auf dem i ausgeblieben ist. Gewinnen kann aber immer nur eine Spielerin. Petra hat alles gegeben und hat die Niederlage mit einem Lächeln quittiert. Sie ist froh, wieder Tennis zu spielen, und genießt jeden Moment auf dem Court. Denn dieses Finale hätte es beinahe nicht mehr gegeben.“

Mit seinen letzten Worten spielte Libor Kvita auf die schwere Verletzung seiner Schwester an, die ein Einbrecher im Dezember 2016 verursacht hatte. Bei dem Versuch, sich gegen den Eindringling zu wehren, hatte dieser ihr mit einem Messer tiefe Schnittwunden in ihrer linken Schlaghand zugefügt. Daraufhin wurde Kvitová von einem plastischen Chirurgen fast vier Stunden lang operiert – es mussten zwei Sehnen und die Nervenstränge wieder an der richtigen Stelle vernäht werden. Trotz des gelungenen Eingriffs war ihr „Wunderheiler“, der Arzt Radek Kebrle, anfangs gar nicht davon überzeugt, dass seine Patientin je wieder wird Tennis spielen können. Das habe er ihr gegenüber allerdings lange Zeit sehr gut verborgen gehalten, sagte Kvitová nach dem Finale:

Radek Kebrle  (2. von links). Foto: ČTK / Martin Sidorják
„Ich bin sehr froh, dass mir mein Doktor seine Befürchtungen und die von ihm sehr niedrig angesetzte Erfolgsquote erst sehr spät mitgeteilt hat. Hätte er mir das schon vor der OP oder zu Beginn des Heilungsprozesses gesagt, dann hätte das mein Kopf sicher etwas anders verarbeitet. Von daher bin ich froh, dass alles so passiert ist, wie es gelaufen ist.“

Doktor Kebrle hatte die Chancen auf eine vollständige Genesung ihrer linken Hand tatsächlich mit nur fünf Prozent eingeschätzt. Dass Petra Kvitová nun aber wieder Tennis spielen kann, und noch dazu im Konzert der Weltelite, wurde ihr erstmals nach dem Sieg im Viertelfinale gegen die Australierin Ashleigh Barty bewusst. Nach der Begegnung sprach sie nämlich der ehemalige Tennisstar Jim Courier vor den Zuschauern in der Tennisarena darauf an:

Petra Kvitová: „Ich finde, dass Naomi und ich kein schlechtes Tennis gespielt haben. Wir haben sehr gut aufgeschlagen, besonders im ersten Satz. Das war ein Finale mit allem, was dazugehört – ein großer Fight, der eines Endspiels würdig ist.“

„Das war ein schwerer Moment für mich. Bis zu dem Augenblick, als Jim mich fragte, war ich mir dessen noch nie so richtig bewusst geworden, was ich eigentlich hinter mir habe. Mir sind auf einmal die Geschehnisse der letzten zwei Jahre durch den Kopf gegangen. Das war nicht einfach, deshalb bin ich einfach froh, hier bei diesem großen Turnier Tennis zu spielen, weit weg von Hause. Ich habe eine Weile gebraucht, um auf seine Frage antworten zu können.“

Die australischen Zuschauer haben Petra Kvitová aber auch immer wieder angefeuert und begeistert ihren Schlägen applaudiert:

„Ich muss sagen, die Zuschauer waren erstaunlich. Eine derartige Unterstützung habe ich so nicht erwartet. Mein Schicksal hat sie wohl fasziniert. Auf dem Platz habe ich zwar nicht alles so wahrgenommen, die Leute aus meinem Umfeld dafür umso mehr. Das war sehr schön, und ich weiß das zu schätzen.“

Naomi Osaka  (Foto: ČTK / AP Photo / Aaron Favila)
Nicht ganz so schön waren jedoch Kvitovás erste Augenblicke nach dem Finale. Die Niederlage schmerzte, denn sie hatte sich ihren eigenen Worten nach schon dem Sieg nahe gefühlt – dann aber auch genauso weit weg. Der Grund war ihre starke Konkurrentin, so dass die Tschechin letztlich dieses Fazit zog:

„Ich finde, dass Naomi und ich kein schlechtes Tennis gespielt haben. Wir haben sehr gut aufgeschlagen, besonders im ersten Satz. Da kam es mir so vor, als wenn wir schon fast Herrentennis spielen würden, also viel Serve-and-Volley. Dann kamen aber auch noch längere Ballwechsel zustande, so dass ich sagen muss: Das war ein Finale mit allem, was dazugehört – ein großer Fight, der eines Endspiels würdig ist.“

Eine Runde zuvor hatte auch Karolína Plíšková der Japanerin Osaka einen großen Kampf geliefert, diesen aber ebenso in drei Sätzen verloren. Trotzdem blickt auch die Spielerin aus Louny / Laun optimistisch nach vorn:

Karolína Plíšková: „Die Chance war da, um ins Finale einzuziehen, es hat nicht viel gefehlt. Mein Weg bis hierher war ziemlich steinig, im Viertel- und Halbfinale hatte ich binnen 24 Stunden zwei wirklich schwere Spiele in Folge. Nun warte ich auf meine nächste Chance, die sicher noch kommen wird.“

„Die Chance war da, um ins Finale einzuziehen, es hat nicht viel gefehlt. Mein Weg bis hierher war leider ziemlich steinig, im Viertel- und Halbfinale hatte ich binnen 24 Stunden zwei wirklich schwere Spiele in Folge. Das hat mir nicht unbedingt in die Karten gespielt, lässt sich aber nicht ändern. Nun warte ich auf meine nächste Chance, die sicher noch kommen wird.“

Und Plíšková zeigte mit ihrem Drei-Satz-Sieg über die US-Amerikanerin Serena Williams im Viertelfinale, wozu sie fähig ist. In diesem dramatischen Duell wehrte sie im dritten Satz gleich vier Matchbälle der langjährigen Weltranglisten-Ersten ab und riss den Sieg noch an sich:

„Ich habe das Spiel noch nicht verloren gegeben, auch wenn der Spielstand von 1:5 und die Matchbälle für die Gegnerin schon bedrohlich waren. Auf der anderen Seite habe ich Serena Williams die ersten anderthalb Sätze lang beherrscht und dann leider zum Ende des zweiten Satzes etwas abgebaut. Doch ich wusste, wie ich sie bespielen kann, von daher habe ich die letzte Chance beim Schopf gepackt.“

Tomáš Berdych  (Foto: ČTK / AP Photo / Aaron Favila)
Eine gute Nachricht gibt es auch vom Herrentennis zu vermelden. Denn dort hat der beste tschechische Spieler der Gegenwart, Tomáš Berdych, seine Rückkehr in die internationale Tennisszene gefeiert. Wegen einer leidigen Rückenverletzung hatte der 33-Jährige das vergangene halbe Jahr pausieren müssen und war so ins Hintertreffen geraten. Das führte zum Verlust von Weltcup-Punkten, und so bekam Berdych frühzeitig schwerere Gegner zugelost. Doch er überwand jede Hürde mit Bravour, bevor er es im Achtelfinale mit einem ganz großen Brocken zu tun hatte – Rafael Nadal. Dem Spanier war Berdych einmal mehr nicht gewachsen, er unterlag in drei Sätzen. Doch nach dem Finaleinzug zu Beginn des Jahres beim Turnier in Doha und dem geglückten Grand-Slam-Comeback überwog auch bei ihm das Positive:

Barbora Krejčíková und Rajeev Ram  (Foto: ČTK / AP Photo / Aaron Favila)
„Ich fühle mich gut. Ich reise zurück, ohne dass ich mich irgendwo auskurieren oder hinlegen muss. Klar kommt mir die Pause jetzt zupass, das Wichtigste für mich aber ist: Ich kann spielen.“

Das starke Auftreten der tschechischen Tennisasse in Melbourne wurde vom Turniersieg von Barbora Krejčíková im Mixed abgerundet. Zusammen mit dem Amerikaner Rajeev Ram bezwang sie im Finale das australische Paar Astra Sharma und John-Patrick Smith in zwei Sätzen mit 7:6 und 6:1.

Autor: Lothar Martin
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