Tschechisch ist gefragt – deutsche Schüler können Zertifikat der Karls-Uni erwerben
Etwa 25 Kilometer sind es von Cham in der Oberpfalz bis zur tschechischen Grenze. Und über 400 Kilometer bis nach Frankreich. Als Fremdsprachen lernen die Chamer Schüler selbstverständlich Englisch – und Französisch. Zumindest war das bisher so. In den letzten Jahren entscheiden sich aber auch immer mehr Realschüler in der Oberpfalz dafür, Tschechisch als Wahlfach zu belegen. Denn gerade für sie sind Tschechischkenntnisse von Vorteil, wenn sie sich nach dem Abschluss der Mittleren Reife im Grenzgebiet um eine Stelle bewerben. Jetzt können sie sich ihre Sprachkenntnisse erstmals offiziell zertifizieren lassen – und zwar von der Prager Karlsuniversität.
So Ludwig Meier, Ministerialbeauftragter für Realschulen in der Oberpfalz. Im Schuljahr 2002/2003 wurde deshalb erstmals Tschechisch als Wahlfach an einer Realschule angeboten. Mittlerweile lernen 600 Jugendliche an 25 Realschulen die Sprache ihrer Nachbarn. Worauf der Schwerpunkt liegt, erklärt Meier:
„Es geht uns nicht um eine ausgefeilte Grammatik, sondern die Kommunikation steht im Vordergrund, zum Beispiel: Fragen nach dem Weg, im Restaurant, am Bahn- oder Postschalter, auch Alltagssituationen spielen eine große Rolle, Grußformen, Bitten, Danken, Entschuldigungen. Ein Thema könnte auch heißen: Meldung am Telefon.“
Den Unterricht gestalten tschechische Muttersprachler, die für diese Aufgabe regelmäßig geschult werden. Zwar käme das Wahlfach bei den Schülern gut an, sagt der Ministerialbeauftragte. Dennoch habe die Gefahr bestanden, dass das Interesse wieder nachlasse, wenn die Schüler kein offizielles Zertifikat erwerben können, das ihre Qualifikation bestätigt:„Die Schüler brauchen etwas Handfestes, was ihnen auch bei Bewerbungen weiterhilft. Gerade in Ostbayern, von Cham bis Weiden, gibt es in den Zeitungen immer mehr Stellenanzeigen, in denen Tschechischkenntnisse zumindest erwünscht sind. Immer mehr junge Menschen sehen Tschechisch als Chance dafür, dass ihnen der Einstieg ins Berufsleben erleichtert wird. Und sie sehen, was sie hier machen, das ist zukunftsorientiert.“
Damit die Schüler künftig etwas in der Hand haben, das ihre Tschechischkenntnisse belegt, haben die Oberpfälzer jetzt die Prager Karlsuniversität als Partner gewonnen. Die Abteilung für Sprach- und Fachvorbereitung der Universität hat eine Prüfung entwickelt, mit der die Schüler ein offizielles Zertifikat erlangen können. Eine solche Sprachprüfung auf dem Niveau A 1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens gab es für Tschechisch bisher nur für Erwachsene. Ingrid Neckářová, die stellvertretende Direktorin des Instituts, koordiniert die Zusammenarbeit mit dem bayerischen Ministerium:„Es freut uns sehr, dass die deutschen Schüler Interesse an der tschechischen Sprache haben. Darum haben wir uns zur Zusammenarbeit mit dem bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus entschlossen. Wir möchten dieses Interesse unterstützen.“
Schon seit zwei Jahren wird an der Universität an einer Variante der Sprachprüfung für Jugendliche gearbeitet. Die Deutsche Schule Prag hatte erstmals nach einer Zertifizierungsmöglichkeit nachgefragt. Im Mai werden die Realschüler aus der Oberpfalz nun die ersten Schüler sein, die in Deutschland diese Prüfung absolvieren. Hörverstehen, einen schriftlichen und einen mündlichen Test müssen sie meistern. Korrigiert werden ihre Arbeiten dann an der Prager Karlsuniversität. Bis jetzt ist das ein einmaliges Projekt – aber das soll es nicht unbedingt bleiben, sagt Ingrid Neckářová.
„Unsere Tschechisch-Prüfungen stehen allen Interessierten zur Verfügung. Das Staatsministerium für Kultus und Sport des Freistaats Sachsen interessiert sich auch für diese Prüfung.“