Tschechische Häftlinge sowjetischer Lager werden entschädigt

Tschechische Bürger, die in den vierziger und fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts in sowjetische Arbeitslager verschleppt wurden, erhalten eine Entschädigung. Das tschechische Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Markéta Maurová berichtet.

Nach Belegen aus tschechischen Archiven wurden rund 300 Menschen aus Tschechien nach dem Zweiten Weltkrieg in sowjetische Lager verschleppt. Die Entschädigung dieser Häftlinge wurde durch eine Abgeordnetengruppe von der christdemokratischen Partei sowie der Freiheitsunion initiiert, die in der Begründung zur Gesetzesvorlage die Deportation von etwa 1000 Personen anführen. Noch wesentlich schlimmer war die Lage in der Slowakei, wo einige zig- Tausend Leute zu Arbeiten zum Zweck der Wiederbelebung der ruinierten sowjetischen Nationalwirtschaft gezwungen wurden. Auf welche Bevölkerungsgruppen sich die Transporte in Tschechien bezogen, fragte Radio Prag Vladimir Bystrov, den Vorsitzenden des Ausschusses "Sie waren die ersten", der die Schicksale dieser Betroffenen dokumentiert.

"In den tschechischen Ländern, in Böhmen und Mähren, betraf es in erster Reihe Einzelpersonen, die sich den Unwillen der Sowjetischen Armee zugezogen hatten. Sie wurden verhaftet und sofort in die Lager geschickt und zwar auf Grund des Paragraphen 58 über die Konterrevolution. Es folgten die Großstädte - dort waren die Verhaftungen schon politisch gezielt, es handelte sich vor allem um sozialdemokratische Politiker sowie tschechoslowakische Politiker aus der ehemaligen Karpatenukraine, die sich 1939 nach Prag begaben. Des weiteren tschechoslowakische Legionäre, die sich in den Jahren 1918-1920 gegen die Bolschewiken bis nach Fernost durchkämpften, um in ihre Heimat zurückkehren zu können. Und schließlich eine große Gruppe russischer Emigranten, die seit 1920 in der Tschechoslowakei lebten und eine sehr starke Intellektuellengruppe darstellten, die gewissermaßen als Hindernis bei der Erweiterung des Einflusses der Sowjetunion in der Tschechoslowakei dienen konnte."

Rund 150 Leute konnten in ihre Heimat zurückkehren, überwiegend in den Jahren 1953 bis 1956. Von den tschechoslowakischen Behörden wurden sie daraufhin als unglaubwürdige Personen betrachtet. Urteile der sowjetischen Organe über diese Leute wurden vom Präsidium des Obersten Sowjets der Sowjetunion im Januar 1989 aufgehoben.

Nach der Aussage eines der Initiatoren des Gesetzes, des Christdemokraten Josef Janecek, wird sich die Entschädigung auf etwa zwei bis drei Hundert Leute und deren Hinterbliebenen beziehen.

"Der Vorschlag der Entschädigung setzt voraus, dass sie für jeden Monat der Inhaftierung 12 Tausend Kronen erhalten sollen. Wenn ihr Tod nachgewiesen wird, erhalten deren Witwen und Kinder die Hälfte des genannten Betrages."