Tschechische Parteien starten Europa-Wahlkampf

Foto: Europäische Kommission

Ende Mai wird gewählt und die Zusammensetzung des Europaparlaments neu bestimmt. Zum ersten Mal gehen die Parteien mit europaweiten Spitzenkandidaten ins Rennen, denn der Gewinner der Wahlen könnte nach den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon den künftigen Kommissionspräsidenten stellen. Tschechien hat im Europaparlament 21 Sitze, um die sich 39 Parteien und Gruppierungen bewerben. Am vergangenen Wochenende starteten die derzeitigen tschechischen Regierungsparteien offiziell ihren Wahlkampf.

Jan Keller  (Foto: ČTK)
Die Sozialdemokraten (ČSSD) eröffneten am Samstag in Olomouc / Olmütz ihren Wahlkampf für das Europaparlament. Die Partei von Premier Bohuslav Sobotka hat dafür den profilierten Soziologieprofessor Jan Keller zum Spitzenkandidaten gekürt. Er gehört zum dezidiert linken Lager in seiner Partei:

„Alle europäischen Länder haben dasselbe Problem: Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer und die Mittelschicht wird immer kleiner. Und die einzelnen Mitgliedstaaten unternehmen nichts dagegen.“

80 Prozent der Gesetze, mit denen man die Armut und Arbeitslosigkeit bekämpfen könne, würden auf europäischer Ebene gemacht – und bislang hätten dort die bürgerlichen Abgeordneten die Probleme der Menschen nicht gelöst, ergänzte Keller. Und das wolle er nun ändern.

Pavel Telička  (Foto: ČTK)
Auch Andrej Babiš hat einen prominenten Kopf gewinnen können: Spitzenkandidat seiner Partei Ano für die Europawahlen ist Pavel Telička. Der Jurist hatte als stellvertretender Außenminister den Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union ausgehandelt und war danach zwei Jahre lang EU-Kommissar. Nun möchte er Ano ins Europäische Parlament führen:

„Eine der Prioritäten ist es, die noch verbliebenen Hindernisse auf dem EU-Binnenmarkt zu beseitigen. Daneben wollen wir für eine bessere Unterstützung der tschechischen Landwirte sorgen, um sie gegenüber der Konkurrenz zu stärken.“

Jan Zahradil  (Foto: ČTK)
Eine fast schon traditionelle Forderung der Ano-Partei ist eine bessere Nutzung der EU-Mittel. Man müsse auch den Wähler deutlich machen, dass die Unionsmitgliedschaft von Vorteil sei, vor allem aufgrund der Infrastrukturfonds, so Telička.

Die Demokratische Bürgerpartei (ODS) war lange an der Regierung, nun ist sie in der Opposition. Sie gibt sich weiterhin sehr europakritisch. Spitzenkandidat ist der Europaparlamentarier Jan Zahradil:

„Wir wollen die Europäische Union in die richtige Richtung bringen. Und wir wollen die tschechischen Bürger vor den Risiken warnen, die eine Einführung des Euro mit sich bringen würde.“

Luděk Niedermayer  (Foto: ČTK)
Die zweite konservative Oppositionskraft ist die Partei Top 09. Sie ist europafreundlich und zieht mit dem ehemaligen Chef der Nationalbank, Luděk Niedermayer, in den Europawahlkampf:

„Wir fordern die Schaffung neuer Mechanismen, die Europa sicherer sowie stabiler machen und den Bürgern damit mehr Wohlstand bringen.“

Eine der politischen Formationen, die mit einer Frau an der Spitze in den Wahlkampf zieht, ist die Kommunistische Partei (KSČM). Das Zentralkomitee nominierte die 33-jährige Kateřina Konečná. Sie sitzt bereits seit 2002 im tschechischen Abgeordnetenhaus und will vor allem die Arbeitslosigkeit in Europa bekämpfen.